Schlagwort-Archive: Kirchliche Gerichtsbarkeit

So urteilt das kirchliche Datenschutzgericht

Die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit beschreitet für die katholische Kirche Neuland: Erstmals wurde durch die Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung eine (inter-)diözesane Verwaltungsgerichtsbarkeit eingerichtet. Zusammen mit dem KDG trat am 24. Mai 2018 die Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung in Kraft, ihre Arbeit haben die beiden Instanzen etwas später aufgenommen.

Ein Richterhammer liegt auf einer Ausgabe der Kirchlichen Datenschutzgerichtsordnung (KDSGO)
Die KDSGO regelt die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit.

Aktuell sind in der offiziellen Entscheidungssammlung 18 Beschlüsse des Interdiözesanen Datenschutzgerichts und 2 Beschlüsse des Datenschutzgerichts der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht – damit lässt sich ein erster Überblick über Tendenzen in der Rechtsprechung geben. (Tatsächlich wurden auch einige Entscheidungen wieder offline genommen. Alle bekannten Aktenzeichen finden sich hier in der Entscheidungssammlung. Ausgewertet wurden hier auch die beiden Entscheidungen IDSG 2019/09 vom 20. Februar 2020 und IDSG 02/2018 vom 5. Mai 2020, die nachträglich offline genommen wurden.)

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Der oberste bayerische katholische Datenschützer wird 80

Jupp Joachimski wird 80. Als bayerischer Diözesandatenschutzbeauftragter ist er immer noch im Dienst – auch wenn seine Amtszeit eigentlich schon lange abgelaufen ist: Es gibt einfach keinen Nachfolger, und Joachimski macht (wie das Gesetz es befiehlt) einfach weiter. Zum 80. schenkt das Katholische Datenschutzzentrum Dortmund dem Jubilar eine Festschrift in der Reihe »Schriften zum kirchlichen Datenschutz«.

Porträt von Jupp Joachimski mit dem Titel der Festschrift anlässlich seines 80. Geburtstags
Mit der von Steffen Pau, Christine Haumer und Stephanie Melzow herausgegebenen Festschrift »Justiz die Pflicht, Datenschutz die Kür« würdigen die Diözesandatenschutzbeauftragten und Weggefährt*innen den Vorsitzenden Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht a.D.

Etwa die Hälfte des Bandes machen Aufsätze zum kirchlichen Datenschutz aus: Neben den anderen Diözesandatenschutzbeauftragten und ihren Mitarbeitenden kommen unter anderem der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte Thomas Petri und der Würzburger Kirchenrechtler Martin Rehak zu Wort. Die Aufsätze sind meist historisch und deskriptiv ausgerichtet – sie geben aber auch einige neue, bislang unbekannte Informationen zum kirchlichen Datenschutz. Mehr oder weniger zwischen den Zeilen scheint es auch langsam Gewissheit zu werden, dass das lange geplante Katholische Datenschutzzentrum Wirklichkeit wird.

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Nachhaltig und noch lange nicht – Wochenrückblick KW 36/2022

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Die Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz hat in ihrem Blog einen Aufsatz von Anna Karger-Kroll zur christlichen Sozialethik als Anwältin nachhaltiger Digitalisierung veröffentlicht. Der – durchweg lesenswerte – Aufsatz geht auch kurz auf Datenschutz ein, und zwar mit einer überraschenden Perspektive: Noch vor den üblichen Schutzgütern des Datenschutzes, nämlich Privatsphäre und Integrität der Person, nennt sie ökologische Aspekte: »Ein konsequenter Datenschutz ist […] aus ökologisch-ökonomischen Gründen wichtig. Schließlich werden Daten insbesondere zu kommerziellen Zwecken gesammelt und ausgewertet, und zwar mit dem ›Ziel, über personalisierte Werbung und Preise oder situatives Marketing […] das bereits heute nicht nachhaltig hohe Konsumniveau noch weiter zu steigern‹. Dies wäre angesichts der geforderten Konsumwende kontraproduktiv«, so Karger-Kroll.

Alle paar Monate stelle ich Presseanfragen zu Dauerbrennerthemen. Jetzt kam Antwort von der Hessischen Datenschutzaufsicht: Die Prüfung, ob Hessen oder Berlin für die Zeugen Jehovas zuständig ist, dauert immer noch an, wurde mir mitgeteilt. Nichts Neues gibt es auch aus Rom, hieß es zur Eröffnung des Synodalen Wegs: »Und auch der für morgen vorgesehene Bericht von Erzbischof Schick zur Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit muss leider erneut entfallen, da es schlichtweg keinen neuen Stand gibt«, sagte Bischof Bätzing in seinem Bericht zur Lage.

In eigener Sache: Am 21. September um 18 Uhr leite ich bei der Stiftung Datenschutz ein Webinar zu Besonderheiten im Bereich des kirchlichen Engagements – die Teilnahme ist kostenlos.

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Sportliche Geheimjustiz – Wochenrückblick KW 30/2022

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Gedruckte Gesetzessammlungen zum katholischen Datenschutz gibt es ebenso wie PDFs. Was bislang noch fehlte, war ein guter Zugang direkt im Netz. Die gibt es nun unter kirchlicher-datenschutz.org, besorgt von Christian Schmidt. Mit KDG, KDG-DVO, §-29-KDG-Gesetz, §-29-KDG-Gesetz-DVO, SeelsorgePatDSG, KDS-VwVfG, KDSGO und KAO sind dort die katholischen Datenschutzregelungen in der Fassung des Beschlusses durch den VDD sehr gut zugänglich.

Mitte Juli hat das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung im Fall von Claudia Pechsteins Verfassungsbeschwerde gegen den BGH veröffentlicht. (Guter Überblick dazu: Christian Duve im aktuellen FAZ-Einspruch-Podcast.) In der Sache geht es um den Internationalen Sportgerichtshof CAS. Die Entscheidung tragend ist das durch den CAS als privates Schiedsgericht verletzte Öffentlichkeitsprinzip unter Rückgriff auf die Europäische Menschenrechtskonvention: »Der Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips und geht in seiner Bedeutung damit über einzelne Verfahrensregelungen weit hinaus. Auch entspricht er dem allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie. Die Gerichtsöffentlichkeit sollte in Gestalt einer Verfahrensgarantie dem Schutz der an der Verhandlung Beteiligten gegen eine der öffentlichen Kontrolle entzogene Geheimjustiz dienen« (Rn. 44), erläutert das BVerfG. Die Entscheidung kann natürlich nicht direkt auf kirchliche Gerichte übertragen werden. Die ordentliche kirchliche Gerichtsbarkeit, die immer neben der staatlichen Gerichtsbarkeit und nie sie ersetzend tätig wird, ist davon sicher in keinem Fall betroffen. Interessant wird es für die Datenschutzgerichtsbarkeit, die statt der staatlichen Gerichtsbarkeit entscheidet – und keinerlei Öffentlichkeitsprinzipien kennt, selbst die Veröffentlichung ausgewählter Entscheidungen erfolgt auf freiwilliger Basis. Hier wäre es durchaus denkbar, dass unter Rückgriff auf die Argumentation im Fall Pechstein ein staatliches Gericht auch Zweifel an den rechtsstaatlichen Standards des kirchlichen Gerichts erkennt. (Die andere kirchliche Gerichtsbarkeit, die staatliche ersetzt, die Arbeitsgerichtsbarkeit, kennt ein Öffentlichkeitsprinzip.)

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IDSG zu Rechtswegen im kirchlichen Datenschutz

Das Interdiözesane Datenschutzgericht hat zwei neue Entscheidungen veröffentlicht: IDSG 6/2021 und IDSG 19/2021. In beiden geht es in der Sache zunächst um Konflikte im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes – wenn das Verhältnis ohnehin zerrüttet ist, werden die wenigen gut zugänglichen Rechtsbehelfe ergriffen, die es im kirchlichen Recht gibt.

Ein Richterhammer liegt auf einer Ausgabe der Kirchlichen Datenschutzgerichtsordnung (KDSGO)
Die KDSGO regelt die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit.

Beide Entscheidungen haben aber auch Aspekte mit grundsätzlicher Bedeutung: Verhandelt werden offene und versperrte Rechtswege zum kirchlichen Datenschutzgericht und zu kirchlichem Recht vor staatlichen Gerichten.

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Rezension: »Kirchlicher Datenschutz – gewachsener Baustein kirchlicher Selbstverwaltung«

Das KDSZ Dortmund blickt mit einer Veröffentlichung auf die ersten fünf Jahre seines Bestehens zurück: »Kirchlicher Datenschutz – gewachsener Baustein kirchlicher Selbstverwaltung« heißt der im Selbstverlag online veröffentlichte Band anlässlich des Geburtstages, der schon am 1. September 2021 gefeiert wurde.

Cover von »»Kirchlicher Datenschutz – gewachsener Baustein kirchlicher Selbstverwaltung«

Auf 120 Seiten gibt es Betrachtungen aus Kanonistik und Staatskirchenrecht, eine kompakte Rechtsgeschichte des kirchlichen Datenschutzes sowie einen Blick in die Praxis von Aufsicht, Gerichten und betrieblichem Datenschutz.

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Luxemburg und Rom lassen warten – Wochenrückblick KW 5/2022

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Bis der kirchliche Datenschutz vor dem EuGH landet, dauert es wohl noch eine Weile. Das Verwaltungsgericht Hannover wird erst »Ende des 2. Quartals oder im 3. Quartal« die mündliche Verhandlung in dem Verfahren zwischen der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) und der niedersächsischen Landesdatenschutzaufsicht ansetzen, teilte ein Sprecher des Gerichts auf Anfrage mit: »Ob es zu einer Vorlage an den EuGH kommt, wird sich erst dann entscheiden.« Die SELK hat eine Feststellungsklage eingereicht, die unter anderem erreichen will, dass dem EuGH einige grundsätzliche Fragen zur Auslegung des Kirchenartikel Art. 91 DSGVO vorgelegt werden.

Die dritte Synodalversammlung des Synodalen Wegs tagt. Was fehlt: Ein Bericht von Erzbischof Ludwig Schick zum weiteren Fortgang einer interdiözesanen Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit. »Das hat den Hintergrund, dass es aus Rom in der Sache keine Neuigkeiten gibt. Entsprechend konnte die Arbeitsgruppe nicht voranschreiten, um hier neue Berichtspunkte vorstellen zu können«, erläuterte Bischof Georg Bätzing zu Beginn. Im Vatikan liegen die Gerichtsordnungen, die die Deutsche Bischofskonferenz nicht aufgrund eigener Kompetenz, sondern nur aufgrund eines besonderen Mandats des Heiligen Stuhls in Kraft setzen kann. Bei der Verwaltungsgerichtsordnung ist damit zu rechnen (wenn es auch noch nicht bestätigt wurde), dass dort wohl auch die Datenschutzgerichtsbarkeit eingegliedert wird.

Das Jahr beginnt mit großen Festwochen: Erst der Europäische Datenschutztag am 28. Januar (dazu gab es immerhin eine kleine Handvoll Beiträge aus dem Umfeld des kirchlichen Datenschutzes), dann der Ändere-Dein-Passwort-Tag diese Woche am Dienstag (der im Titel einen gar nicht mal so guten und aktuellen Impuls gibt), am kommenden Dienstag dann der Safer-Internet-Day. In diesen Festwochen fällt auf, dass – wohl auch den Ressourcen geschuldet – die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu informieren, zu sensibilisieren und aufzuklären (§ 43 Abs. 2 DSG-EKD, § 42 Abs. 3 lit. a) KDG), bei kirchlichen Aufsichten verhältnismäßig wenig Raum einnimmt. Da ginge noch mehr.

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Kirchliche Datenschutzgerichte im Licht des Europarechts (Besprechung Martini/Botta, DÖV)

Immer noch sind die wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Datenschutzrecht der Kirchen sehr übersichtlich; vieles ist noch unklar, auch weil der Art. 91 DSGVO, der Religionsgemeinschaften eigenes Datenschutzrecht ermöglicht, bei näherer Betrachtung einige Unklarheiten aufweist. Dem Wortlaut nach schreibt der Artikel nur einen Bestandschutz für bereits bestehendes Datenschutzrecht der Religionsgemeinschaften fest – auch wenn das kaum mit dem Religionsverfassungsrecht (mancher) Mitgliedstaaten vereinbar ist, dem der Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV) in seinem Art. 17 wiederum Bestandschutz gewährt.

Zeitschrift »Die Öffentliche Verwaltung«

Während etwa die deutsche Datenschutzkonferenz Art. 91 wörtlich-restriktiv auslegt, reihen sich Mario Martini und Jonas Botta ein unter die Kommentatoren, die den Artikel im Licht von Religionsfreiheit und Selbstverwaltungsrecht interpretieren. Die Juristen am Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung (FÖV) – Martini als Leiter des Programmbereichs Digitalisierung, Botta als Forschungsreferent – haben in der aktuellen Ausgabe von »Die Öffentliche Verwaltung« einen Aufsatz mit dem Titel »Kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit zwischen Selbstbestimmungsrecht und Rechtsschutzgarantie« (DÖV 2020, S. 1045–1054) veröffentlicht, in dem sie sich schwerpunktmäßig mit dem Verhältnis kirchlicher Datenschutzgerichtsbarkeit zu Rechtsschutzvorgaben der DSGVO und des Unionsrechts befassen. Über die Frage der Datenschutzgerichtsbarkeit hinaus liefern sie einige gute Argumente zur Interpretation von Art. 91 DSGVO.

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Wo ist eigentlich das Nürnberger Datenschutzzentrum? – Wochenrückblick KW 36

Nach dem kurzen Aufflackern von Aktivismus um Schrems II herum ist es ziemlich still geworden von offizieller Seite – seit Wochen keine öffentliche Äußerung der kirchlichen Datenschutzaufsichten mehr. Grund genug, um einer weiteren Stille nachzuspüren: In der vergangenen Woche ging es schon mal um den bayerischen Diözesandatenschutzbeauftragten, dessen reguläres Ende der Dienstzeit – 30. September – immer näher rückt.

Immer noch gibt es weder eine Ausschreibung noch eine Nachricht – und war da nicht noch etwas? Richtig: 2018 hatte die Freisinger Bischofskonferenz auf ihrer Frühjahrsvollversammlung folgendes beschlossen:

Die Freisinger Bischofskonferenz errichtet in Nürnberg ein kirchliches Datenschutzzentrum, das als unabhängige kirchliche Behörde die Aufgaben der Datenschutzaufsicht wahrnehmen wird.

Erklärung der Freisinger Bischofskonferenz: Frühjahrsvollversammlung der bayerischen Bischöfe in Augsburg vom 14. bis 15. März 2018

Bisher ist noch nichts darüber bekannt, wann es so weit sein wird – Anfragen laufen.

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IFG-Anfrage: Wie schützt der Staat Bürger*innen vor kirchlichem Datenschutz?

Über die Plattform »Frag den Staat« hat Kerstin Claus eine Informationsfreiheitsgesetz-Anfrage an das Innenministerium gestellt. Tenor ihrer Anfrage: »Wie schützt der deutsche Staat Bürger_innen, wenn sie von unzureichender datenschutzrechtlicher Sicherung seitens einer der Kirchen belastet werden?« Claus bemängelt, dass Prüfungen datenschutzrechtlicher Verstöße aufgrund des kirchlichen Datenschutzregimes ein Verfahren beim jeweils zuständigen kirchlichen Datenschutzbeauftragten und über kirchliche Gerichte verfolgt werden müssen:

»Diese kirchlichen Verfahrensvorschriften mögen in rein innerkirchlichen Verfahren Sinn machen. Sie sind aber im Außenverhältnis zu Bürger_innen der BRD, die selbst ja ebenfalls nicht regelhaft Mitglied einer Kirche sind, unzumutbar. Dies gilt insbesondere in Fällen, wo es um die Aufarbeitung von kirchlichem Verwaltungshandeln bei der Ahndung und Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauches gegen Kinder und Jugendliche geht.

Kerstin Claus, IFG-Anfrage
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