Archiv der Kategorie: Rechtsprechung

Kirchliches Verwaltungsgericht findet doch Recht auf Kopie im DSG-EKD

Im DSG-EKD gibt es anders als in der DSGVO kein Recht auf Kopie. Das sorgt für Konflikte. Im vergangenen Jahr hatte der EKD-Kirchengerichtshof das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und in einem Streit um die Herausgabe von Akten gleich das ganze DSG-EKD für unanwendbar erklärt, nachdem die erste Instanz hilfsweise die DSGVO-Regelung heranziehen wollte.

Zeichnung des Roneo Copiers von 1905
Aus der Patentschrift für den Roneo Copier (USA, 1906, gemeinfrei via Wikimedia Commons)

Nun wurde ein weiteres Urteil veröffentlicht, dieses Mal vom Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Das Urteil vom 21. April 2023 (Az. VG 01/22) kommt zu dem Schluss, dass ein Recht auf Kopie auch gemäß DSG-EKD entsteht, ohne das mit überschießenden Mitteln zu begründen – dem Kläger hat diese Erkenntnis trotzdem nichts genutzt.

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Wer ist mein Dritter? EKD-Verwaltungskammer prüft Offenlegung bei AGG-Beschwerde

Das lange Schweigen der EKD-Kirchengerichte scheint wirklich ein Ende zu haben: Kurz nach den ersten vier Fällen publiziert die Geschäftsstelle einen weiteren Fall. Zum materiellen Datenschutzrecht wird über die Frage nach dem Begriff der Offenlegung an Dritte hinaus nicht viel gesagt, wieder einmal geht es vor allem um die Klärung von Prozessen.

Eine Statue der Justitia mit verbundenen Augen und Waage
Immer noch ohne Ansehen der Person, sicher nicht mehr stumm – die EKD-Kirchengerichte. Bildquelle: Photo by Tingey Injury Law Firm on Unsplash

So schön die neue Transparenz der evangelischen Verwaltungsgerichte ist: Der Blick in die Entscheidung wirft hinsichtlich der Sorgfalt und Qualität der Rechtsprechung doch einige Fragen auf. (Verwaltungskammer bei dem Kirchengericht der Evangelischen Kirche in Deutschland, Beschluss vom 25. August 2021, Az. 0136/A19-2020, rechtskräftig.)

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Endlich Entscheidungen der EKD-Kirchengerichte

Die Verwaltungskammern der EKD-Kirchengerichte haben sich mit der Veröffentlichung von Entscheidungen zum DSG-EKD bisher sehr zurückgehalten – lange war gar keine bekannt, dann leakte eine besonders zweifelhafte. Nun sind die ersten vier Entscheidungen offiziell veröffentlicht und geben einen Einblick, welche Konflikte um das evangelische Datenschutzgesetz vor Gericht ausgetragen werden.

Ein Richterhammer liegt auf § 47 DSG-EKD, wo die Möglichkeit eines gerichtlichen Rechtsbehelfs geregelt wird.
§ 47 DSG-EKD regelt den gerichtlichen Rechtsbehelf: »Der Rechtsweg zu den kirchlichen Verwaltungsgerichten ist eröffnet«.
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EKD-Kirchengerichtshof will DSG-EKD nicht anwenden

Das DSG-EKD sieht anders als die DSGVO kein eigenständiges Recht auf Erhalt einer Kopie vor – was die EU-Verordnung in Art. 15 Abs. 3 regelt, fehlt in § 19 DSG-EKD schlicht. In seiner ersten Entscheidung zum evangelischen Datenschutzrecht hatte sich der Verwaltungssenat des EKD-Kirchengerichtshof damit auseinanderzusetzen – und sorgt mit seinem Urteil für eine große Überraschung.

Die Entscheidungsgründe sind vom Kirchengericht noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben, sie liegen mir allerdings aus ungenannter Quelle vor (Kirchengerichtshof, Verwaltungssenat, Urteil vom 9. September 2022, Az. 0135/4-2020).

Das DSG-EKD zerknittert im Abfalleimer
Das DSG-EKD – demnächst im Eimer? Auch wenn der EKD-Kirchengerichtshof nicht anwenden will, ist das doch ein eher unwahrscheinliches Szenario.

Wie so oft sind Behandlungsunterlagen in dem Fall der Ausgangspunkt. Dabei bleibt es aber nicht: Die eigentlichen Akten sind verschwunden, die betroffene Person verlangte von der befassten Datenschutzaufsicht Kopien von Akten und klagte sie nun erfolgreich ein. Der Verwaltungssenat griff dabei zu einer Argumentation, die das Potential hat, das evangelische Datenschutzrecht als Ganzes ins Wanken zu bringen, wenn sich die Rechtsprechung verstetigen sollte – was aber sehr unwahrscheinlich ist.

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Erzbischof unterliegt Integrierter Gemeinde vor dem DSG-DBK

Die Verbreitung des Visitationszwischenberichts der Katholischen Integrierten Gemeinde durch die Visitator*innen an Dritte war rechtswidrig. Das hat das Datenschutzgericht der Deutschen Bischofskonferenz endgültig festgestellt.

Hinweis auf die öffentliche Gerichtsverhandlung an der Eingangstür zum DBK-Sekretariat
Hinweis auf die öffentliche Gerichtsverhandlung an der Eingangstür zum DBK-Sekretariat

Die nun veröffentlichte Entscheidung (DSG-DBK 02/2022 vom 8. Februar 2023) ist in der Sache keine Überraschung. Nach der mündlichen Verhandlung – der ersten in der Geschichte der katholischen Datenschutzgerichtsbarkeit überhaupt – war schon abzusehen, dass das Erzbistum München den Prozess verlieren würde. Das DSG-DBK nutzte den Fall aber, um einige grundsätzliche Fragen zur doch sehr knappen Kirchlichen Datenschutzgerichtsordnung zu klären.

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VG Hannover kassiert Datenschutzrecht der SELK – Entscheidungsgründe

Im November hat das Verwaltungsgericht Hannover die Klage der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gegen die Landesdatenschutzbeauftragte Niedersachsen abgewiesen und damit das eigene Datenschutzrecht und die eigene Datenschutzaufsicht der Kirche verworfen. Nun liegen die Entscheidungsgründe vor. (VG Hannover, Urteil vom 30. November 2022, Az. 10 A 1195/21)

Fachgerichtszentrum Hannover mit Urteil SELK ./. LfD Niedersachsen
(Bildquelle: Stefan Brending, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de, CC BY-SA 3.0 de, Link; VG Hannover; (zugeschnitten und montiert))

Kurz zusammengefasst lautet das Urteil: Der Wortlaut von Art. 91 DSGVO gilt. Der Kirchenartikel ist wirklich nur eine Bestandsschutzregelung. Eine eingehendere Analyse gibt einige interessante Anhaltspunkte zur Auslegung des Artikels – und wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte, werden wohl einige Kommentare umgeschrieben werden müssen.

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Endlich Evaluierung? Jahresausblick 2023 zum kirchlichen Datenschutz

Im kirchlichen Datenschutz passiert ziemlich viel – das hat der Jahresrückblick 2022 gezeigt. Gleichzeitig passiert bei diversen Dauerbrennern auch ziemlich wenig – der Facebook-Crackdown blieb aus, der DSG-EKD-Kommentar ist immer noch nicht veröffentlicht, das KDSZ Bayern lässt immer noch auf sich warten. 2023 könnte das Jahr werden, in dem zumindest einiges davon endlich Wirklichkeit wird.

Eine Glaskugel auf rotem Stoff, links daneben ein Schlüssel
Blick in die Glaskugel. (Bildquelle: Michael Dziedzic/Unsplash)
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Kirchliches Datenschutzrecht verworfen: SELK unterliegt vor Gericht

Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche ist mit ihrer Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht Hannover gescheitert: Wie das Gericht am Mittwoch mitteilte, hat die 10. Kammer die Klage der Kirche abgewiesen.

Fassade des Fachgerichtszentrums in Hannover
(Bildquelle: Stefan Brending, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de, CC BY-SA 3.0 de, Link (zugeschnitten))

Die SELK wollte feststellen, dass sie ihre eigene Datenschutzrichtlinie gemäß Art. 91 DSGVO anwenden dürfe und dass sie nicht der Aufsicht der niedersächsischen Landesdatenschutzbeauftragten unterfalle. Gegen das Urteil kann vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Zulassung zur Berufung beantragt werden. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht schriftlich vor. (VG Hannover, Urteil vom 30.11.2022, Az. 10 A 1195/21)

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IDSG zeigt Kriterien für konkludente Einwilligung

Einwilligungen sind anspruchsvoll. Sie müssen freiwillig, für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegeben werden. Das KDG sieht zudem vor, dass sie in der Regel schriftlich eingeholt werden. Und dennoch ist unter diesen Bedingungen eine konkludente Einwilligung möglich.

Daumen hoch ist auch Einwilligung
Daumen hoch kann auch informierte Einwilligung sein, ganz ohne Schriftform (Bildquelle: Amol Kudal on Unsplash)

In den Datenschutzgesetzen werden die Bedingungen für eine konkludente Einwilligung nicht geregelt. Das Interdiözesane Datenschutzgericht hatte zwar schon zuvor konkludente Einwilligungen angenommen – aber erst mit der nun veröffentlichten Entscheidung (IDSG 01/2021 vom 24. Mai 2022) gibt es Kriterien, welche Anforderungen daran gestellt werden.

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Integrierte Gemeinde v. Erzbischof – Ortstermin beim Datenschutzgericht

Am Freitag hat das Datenschutzgericht der Deutschen Bischofskonferenz zum ersten Mal in mündlicher Verhandlung getagt. Zu verhandeln waren die Rechtsmittel, die gegen den Beschluss zur Visitation der Münchener Katholischen Integrierten Gemeinde (KIG) eingelegt wurden. (Erste Instanz: IDSG 03/2020 vom 9. Dezember 2021.) Wesentliche Streitpunkte dabei: Stellt die Weitergabe eines Zwischenberichts der Visitator*innen einen Datenschutzverstoß dar, und wem wäre der zuzurechnen – den Visitator*innen selbst oder dem Erzbistum in Gestalt des Münchner Erzbischofs Kardinal Reinhard Marx?

Hinweis auf die öffentliche Gerichtsverhandlung an der Eingangstür zum DBK-Sekretariat
Hinweis auf die öffentliche Gerichtsverhandlung an der Eingangstür zum DBK-Sekretariat

Eigentlich sieht die Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung wenig Transparenz vor: Keine Pflicht zur Veröffentlichung von Beschlüssen, und erst recht keine Öffentlichkeit der Verhandlungen. Umso mehr spricht es für das Gericht, dass es weit transparenter als vorgeschrieben arbeitet. Wenn auch recht kurzfristig angekündigt (öffentlich auf der Webseite des Gerichts in derselben Woche wie die Verhandlung), so war die Verhandlung doch öffentlich.

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