Schlagwort-Archive: Interdiözesanes Datenschutzgericht

KDSGO kommentiert – Rezension Reichold/Ritter/Gohm

Die Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung ist bislang nur sehr knapp kommentiert. In Sydows KDG-Kommentar findet sich eine kaum zehnseitige von Ulrich Rhode besorgte Einführung, die zudem noch auf recht wenig Entscheidungen der kirchlichen Datenschutzgerichte zurückgreifen konnte. Diese Lücke schließt nun der neue Kommentar von Hermann Reichold, Thomas Ritter und Christian GohmAffiliate link, der die KDSGO neben der Mitarbeitervertretungsordnung und der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung kommentiert.

Der Kommentar zu MAVO, KAGO und KDSGO von Reichold/Ritter/Gohm steht in einem Bücherregal
Reichold/Ritter/Gohm: MAVO, KAVO, KDSGO


Die Zusammenstellung wirkt auf den ersten Blick etwas wunderlich, vor allem das Nebeneinander von KAGO- und KDSGO-Kommentar ist allerdings hilfreich, und beschweren sollte man sich ohnehin nicht, wenn diese wichtige Materie Huckepack mitkommentiert wird, wo es wohl für einen Stand-alone-Kommentar nur einen zu kleinen Markt geben würde. Trotz Kinderkrankheiten: Der erste ausführliche KDSGO-Kommentar schließt eine große Lücke.

Weiterlesen

Kontroverse Offenlegungen – Wochenrückblick KW 28/2023

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 28/2023
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
Weiterlesen

Im Spiegel der Gerichte – Wochenrückblick KW 24/2023

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 24/2023
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
Weiterlesen

Eltern vor Gericht – Wochenrückblick KW 23/2023

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 23/2023
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
Weiterlesen

Woche des Gerichts – Wochenrückblick KW 4/2023

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Das Datenschutzgericht der DBK liefert: Gleich zwei Entscheidungen wurden in dieser Woche veröffentlicht – wenn auch nicht die mit Spannung erwartete zum Streit zwischen dem Erzbistum München und Freising und der Integrierten Gemeinde. In der ersten Entscheidung stellt das DSG-DBK fest, dass Löschen für das Gericht keine Verarbeitung ist: In seiner Entscheidung DSG-DBK 04/2022 (Beschluss vom 3. Januar 2023) hat es die Feststellung eines Datenschutzverstoßes durch den IDSG im Fall einer gelöschten Beistandsakte verworfen. Die erste Instanz hatte alle Anträge des Klägers abgewiesen und nur diese Datenschutzverletzung durch Löschung festgestellt. Die zweite Instanz nimmt zwar auch an, dass die Vernichtung rechtswidrig war – aber aus anderen Gründen als dem Datenschutzrecht. Es gehöre gerade aber nicht zu den Aufgaben der kirchlichen Datenschutzgerichtsbarkeit, jenseits der Abwehr von Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht von Betroffenen auf deren Antrag hin eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle des Handelns von Datenverarbeitern vorzunehmen, stellt das DSG-DBK fest (Rn. 19). Was das Gericht über die datenschutzrechtlichen Aspekte entschieden hat, ist interessant: »Das Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung, dessen Schutz das Datenschutzrecht nach § 1 KDG dient, kann durch eine Löschung von über ihn gespeicherten Daten nicht verletzt sein, weil durch Löschung der datenschutzrechtlich rechtfertigungsbedürftige Persönlichkeitseingriff ja gerade beendet wird.« (Rn. 19) Das kann man durchaus kritisch diskutieren: Auch Löschen ist eine Verarbeitung gemäß § 4 Nr. 3 KDG und bedarf damit einer Rechtsgrundlage – die hier anscheinend fehlte. So argumentierte noch die Vorinstanz (IDSG 10/2021, Rn. 32). Als Gedankenexperiment: Wenn ein online gespeichertes Tagebuch durch den Provider gelöscht wird: Ist das nur eine Verletzung des Hosting-Vertrags – oder greift das in die informationelle Selbstbestimmung ein?

Auch im zweiten DSG-DBK-Beschluss der Woche wurde die erste Instanz bestätigt: Weiterhin ist die Weitergabe von Korrespondenz innerhalb einer Behörde rechtens. (DSG-DBK 03/2021, Beschluss vom 23. Februar 2022.) Die erste Instanz wurde hier schon ausführlich besprochen: Das IDSG hatte als Rechtsgrundlage der Verarbeitung eine Einwilligung angenommen – eine Rechtsgrundlage, die einige Probleme in solchen Konstellationen aufwirft. Für das DSG-DBK war das kein Problem. Auch hier wird daran festgehalten: »Es handelt sich vielmehr um die vom Antragsteller selbst initiierte und gewünschte Bearbeitung seiner Eingabe, mithin um eine rechtmäßige Datenverarbeitung nach § 6 Abs. 1 lit. b) KDG.« Es bleibt also bei der kuriosen Situation, dass ein Betroffener einem Verantwortlichen eine rechtmäßige Einwilligung geben kann, ohne je informiert worden zu sein, und entgegen seiner erklärten Aussage, gerade keine Einwilligung gegeben zu haben.

Leider zu spät habe ich bemerkt, dass nun auch das IDSG seine ersten öffentlichen Verhandlungen hatte – schon am 13. Januar wurden zwei Fälle verhandelt. In der hier am Montag besprochenen Dissertation zum kirchlichen Datenschutzrecht hatte Michaela Hermes noch die in der KDSGO fehlende Öffentlichkeit verteidigt: »Der grundsätzliche Ausschluss der mündlichen Verhandlung, wie er auch in kanonischen Prozessrecht üblich ist, das den Öffentlichkeitsgrundsatz nicht realisiert, steht der Gewähr eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 47 GRCh nicht entgegen. Denn der EuGH hat unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zu Art. 6 EMRK festgestellt, dass es keine absolute Verpflichtung zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung gibt.« Schön, dass die Tendenz der Gerichte dahin zu gehen scheint, mündliche Verhandlungen grundsätzlich öffentlich zu machen. Dann braucht man sich gar keine komplizierte Rechtfertigung zurechtlegen.

Weiterhin intransparent sind die für Datenschutz zuständigen Verwaltungsgerichte der EKD, die seit 2018 gar keine Entscheidungen veröffentlicht haben. Anfragen an die Pressestelle (die trotz der Unabhängigkeit der Kirchengerichte als Kontaktadresse für Presseanfragen angegeben wird), ob und wie viele Fälle mit DSG-EKD-Bezug entschieden wurden, wurden seit Oktober 2020 (!) nur mit Vertröstungen beantwortet. Erst in diesem Monat habe ich einen direkten Kontakt für Presseanfragen bei den Kirchengerichten bekommen. Dort gab es wenigstens prompt eine Eingangsbestätigung.

Weiterlesen

Dauerbrenner und kontraintutive konfessionelle Transparenz – das war 2022

2022 endet, wie es begonnen hat: Die hier prophezeiten großen Themen können alle auf Wiedervorlage gelegt werden. Die große Facebook-Dämmerung kam nicht – alle warten immer noch auf das Musterverfahren zwischen dem Bundesdatenschutzbeauftragten und dem Bundespresseamt. Bei der Evaluierung der kirchlichen Datenschutzgesetze gibt es auch nichts Neues – das KDG ist nach wie vor überfällig, beim DSG-EKD ist öffentlich keine Bewegung sichtbar. Die KDSA Nord ist immer noch keine KdÖR, und in Bayern ist Jupp Joachimski im 81. Lebensjahr Diözesandatenschutzbeauftragter ohne Aussicht auf Ablöse. Der DSG-EKD-Kommentar ist immer noch nicht da, die KDSGO-Kommentierung auch nicht.

Jahresrückblick kirchlicher Datenschutz 2022
(Bildquelle: Moritz Knöringer on Unsplash)

Vormals große Themen wie der Umgang mit Corona haben an Bedeutung verloren – im Frühjahr wurde noch über den richtigen Umgang mit Impfnachweisen diskutiert, seither ist die Pandemie zumindest datenschutzrechtlich vorbei. Die Tendenz der vergangenen Jahre zeichnet sich also fort: Der kirchliche Datenschutz läuft im Regelbetrieb. Große Aufregerthemen blieben aus, nach Ausnahmejahren der Pandemie können sich Aufsichten und Verantwortliche wieder auf ihre Regelaufgaben konzentrieren.

Weiterlesen

IDSG zeigt Kriterien für konkludente Einwilligung

Einwilligungen sind anspruchsvoll. Sie müssen freiwillig, für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegeben werden. Das KDG sieht zudem vor, dass sie in der Regel schriftlich eingeholt werden. Und dennoch ist unter diesen Bedingungen eine konkludente Einwilligung möglich.

Daumen hoch ist auch Einwilligung
Daumen hoch kann auch informierte Einwilligung sein, ganz ohne Schriftform (Bildquelle: Amol Kudal on Unsplash)

In den Datenschutzgesetzen werden die Bedingungen für eine konkludente Einwilligung nicht geregelt. Das Interdiözesane Datenschutzgericht hatte zwar schon zuvor konkludente Einwilligungen angenommen – aber erst mit der nun veröffentlichten Entscheidung (IDSG 01/2021 vom 24. Mai 2022) gibt es Kriterien, welche Anforderungen daran gestellt werden.

Weiterlesen

DSG-EKD-Reförmchen – Wochenrückblick KW 45/2022

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Die EKD-Synode hat das DSG-EKD erneut geändert. Anders als bei der letzten Änderung geht es dieses Mal nicht um materielles Datenschutzrecht, sondern um die Finanzierung des Beauftragten für den Datenschutz der EKD: Künftig legt der Rat der EKD auf Vorschlag des EKD-Finanzbeirates die jährlichen Beiträge der Landeskirchen fest, die die Datenschutzaufsicht an den BfD EKD übertragen haben. Bisher hat dies der Finanzbeirat entschieden. »Bei der Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung durch den BfD EKD handelt es sich nicht um eine vertragliche Leistung, sondern um einen einseitig festgelegten Beitrag«, heißt es in der Antragsbegründung. Die Änderung sichere das ab. Sie tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft und besteht aus der Ergänzung eines Satzes in § 39 Abs. 3 DSG-EKD: »Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland legt auf Vorschlag des Finanzbeirates der Evangelischen Kirche in Deutschland die jährlichen Beiträge für die Wahrnehmung der Aufsicht nach Satz 1 zweiter Halbsatz fest.«

Auch im der Synode vorgelegten Ratsbericht taucht Datenschutz auf – wer den aktuellen Tätigkeitsbericht 2019/20 des BfD EKD kennt, findet dort kaum Neues. Allerdings gibt es eine klare Ansage: »Kirchen- und diakoniepolitisch ist angestrebt, die Datenschutzaufsicht mittelfristig flächendeckend auf den BfD EKD zu übertragen.« Das zielt in Richtung der Landeskirchen Sachsens und Anhalts und der Diakonischen Werke Mitteldeutschland und Sachsens, die mit dem Datenschutzbeauftragten für Kirche und Diakonie die einzige evangelische Aufsicht unterhalten, bei der noch keine Absicht zur Übertragung an die EKD bekannt ist. (Die Übertragung der Aufsicht der Nordkirche ist beschlossen, die der Kirche der Pfalz geplant.)

Neulich ging es hier um die Frage, ob der Rechtsweg im Ordensdatenschutz auch zum Interdiözesanen Datenschutzgericht führt – auf die theoretische Beantwortung (grundsätzlich ja) folgt nun die praktische: Auf Anfrage teilte die Geschäftsstelle des IDSG mit, dass derzeit ein Fall aus dem Bereich der KDR-OG beim IDSG anhängig ist.

Im frisch erschienenen Tätigkeitsbericht der irischen Datenschutzaufsicht (DPC) für 2021 findet sich leider kein Update zum Umgang mit Löschanfragen bei Taufregistern. Stattdessen widmet sich eine der Fallstudien dem Livestream eines Beerdigungsgottesdienstes. Nach Ansicht der DPC kann dafür ein berechtigtes Interesse als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Im Zuge der Beschwerde hat die Gemeinde aber ihren Umgang mit den Übertragungen verändert: Bessere Datenschutzinformationen, Speicherung der Aufnahme nur wenn das schriftlich verlangt wird, und ein Passwortschutz für die später zur Verfügung gestellte Aufnahme. Explizit wird nicht erwähnt, ob die feststehende Kamera auch Teilnehmende oder nur den Altar erfasst; angesichts der Beschwerde wird man aber annehmen dürfen, dass die Beschwerde aufgrund einer unerwünschten Aufnahme entstanden ist. Anscheinend geht die Aufsicht davon aus, dass hier nicht zu prüfen war, ob mit einem Livestream eines Gottesdienstes besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden. Das wurde im Zuge der Diskussion in Deutschland gelegentlich vertreten.

Weiterlesen

Rechtswege im Ordensdatenschutz – welches Gericht für die KDR-OG?

Die Ordensgemeinschaften päpstlichen Rechts unterliegen weder der Aufsicht des jeweiligen Diözesanbischofs noch der Bischofskonferenz und damit auch nicht dem Gesetz über den kirchlichen Datenschutz. Statt dem KDG haben die meisten der Orden sich eine eigene Kirchliche Datenschutzregelung der Ordensgemeinschaft päpstlichen Rechts (KDR-OG) gegeben.

Eine Textausgabe der Kirchlichen Datenschutzregelung der Ordensgemeinschaft päpstlichen Rechts (KDR-OG) liegt unter einem Codex Iuris Canonici, der bei Buch VII, Prozesse, aufgeschlagen ist, und auf dem ein Richterhammer liegt.
Die KDR-OG regelt den Datenschutz in den Ordensgemeinschaften päpstlichen Rechts, die sie eingeführt haben.

Die KDR-OG ist weitgehend wortgleich mit dem KDG (eine detaillierte Analyse hat hier Karsten Ronnenberg vorgenommen) – sie sieht also (im Einklang auch mit der DSGVO) gerichtliche Rechtsbehelfe vor. Nur: Wo klagen? Kann es sein, dass die von den Diözesanbischöfen und der Bischofskonferenz errichtete kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit zuständig ist, obwohl die Orden päpstlichen Rechts sonst gerade nicht von der Rechtsetzung der Ortsbischöfe erfasst sind?

Weiterlesen

So urteilt das kirchliche Datenschutzgericht

Die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit beschreitet für die katholische Kirche Neuland: Erstmals wurde durch die Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung eine (inter-)diözesane Verwaltungsgerichtsbarkeit eingerichtet. Zusammen mit dem KDG trat am 24. Mai 2018 die Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung in Kraft, ihre Arbeit haben die beiden Instanzen etwas später aufgenommen.

Ein Richterhammer liegt auf einer Ausgabe der Kirchlichen Datenschutzgerichtsordnung (KDSGO)
Die KDSGO regelt die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit.

Aktuell sind in der offiziellen Entscheidungssammlung 18 Beschlüsse des Interdiözesanen Datenschutzgerichts und 2 Beschlüsse des Datenschutzgerichts der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht – damit lässt sich ein erster Überblick über Tendenzen in der Rechtsprechung geben. (Tatsächlich wurden auch einige Entscheidungen wieder offline genommen. Alle bekannten Aktenzeichen finden sich hier in der Entscheidungssammlung. Ausgewertet wurden hier auch die beiden Entscheidungen IDSG 2019/09 vom 20. Februar 2020 und IDSG 02/2018 vom 5. Mai 2020, die nachträglich offline genommen wurden.)

Weiterlesen