Archiv der Kategorie: Recht und Gesetzgebung

Streit um Akteneinsicht für Ansprechpersonen für Missbrauch im Bistum Augsburg

Zwei der drei Ansprechpersonen für sexuellen Missbrauch im Bistum Augsburg sind unter Protest zurückgetreten. Die beiden werfen der Bistumsleitung unter anderem mangelnde Aufarbeitungs- und Dialogbereitschaft vor. Ein konkreter Vorwurf betrifft den Datenschutz von Personalakten und die fehlende Möglichkeit der Akteneinsicht für die Ansprechpersonen.

Panorama von Augsburg
Panorama von Augsburg (Foto von hoch3media auf Unsplash)

Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen erläutern Angelika Hauser und Rupert Membarth ihre Kritik, das Bistum Augsburg reagierte mit einer Stellungnahme. Damit lässt sich immerhin die datenschutzrechtliche Seite beurteilen.

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Referentenentwurf des DSG-EKD – Leak und Analyse

Im Herbst soll die Synode der EKD eine Reform des DSG-EKD beschließen. Offiziell ist aus dem Evaluierungsprozess bisher wenig bekannt, seit vergangenem Spätjahr immerhin der Fahrplan für die Evaluierung. Für März wurde damals das Stellungnahmeverfahren angekündigt. Tatsächlich läuft das Verfahren auf Grundlage eines Referent*innen-Entwurfs, der leider nicht offiziell veröffentlicht wurde. Mir wurde der Entwurf zur Änderung des DSG-EKD zugespielt – in den zehn Seiten findet sich einiges, was zu erwarten war, aber auch die eine oder andere Überraschung.

Die ersten Seiten des 3. Änderungsgesetzes zum DSG-EKD.

Die Reform hat eine klare Stoßrichtung: Größere Annäherung ans staatliche Datenschutzrecht bei gleichzeitiger Bewahrung der Eigenständigkeit des DSG-EKD, die schon immer größer war als bei seinem katholischen Pendant. Erfreulich ist, dass die Änderungen eine bessere Handhabbarkeit und größtenteils ein gestiegenes Schutzniveau für Betroffene versprechen. Nach dem Beschluss durch die Herbst-Synode soll das erneuerte DSG-EKD zum 1. Mai 2025 in Kraft treten.

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Einklang als Angemessenheit – ein neuer Ansatz zur Auslegung von Art. 91 DSGVO

Was bedeutet „Einklang“ bei Art. 91 Abs. 1 DSGVO? Falls es derzeit im Datenschutzrecht eine „ökumenische Frage“ gibt, die nach ihrer Bedeutung alle anderen weit überragt, dann ist es sicher diese. Sie lässt sich umformulieren in: Welchen „Spielraum“ und wieviel Freiheit haben Religionsgemeinschaften bei der Gestaltung ihres Datenschutzrechts?

Der Hauptspieltisch auf der Westempore des Passauer Doms.
(Foto: fxn)

Vorab: Die gestellte Frage ist (natürlich) nur wichtig, soweit die DSGVO überhaupt Anwendung findet. Nach der Rechtsprechung des EuGH allerdings bedeutet das praktisch keine nennenswerte Einengung: Die DSGVO ist nach Luxemburger Auffassung für Religionsgemeinschaften umfassend und flächendeckend gültig. Diese Ansicht des EuGH ist juristisch durchaus zweifelhaft.

Ein Beitrag zur Evaluierung des DSG-EKD von Ralph Wagner

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DSGVO-Evaluation – Reformbedarf beim Kirchenartikel

Während die Evaluierung der kirchlichen Datenschutzgesetze überfällig ist, ist die EU-Kommission schon bei der zweiten Bewertungs- und Überprüfungsrunde gemäß Art. 97 DSGVO. Beim ersten Bericht aus dem Jahr 2020 tauchte Art. 91 DSGVO und damit die Ausnahmeregelung für den kirchlichen Datenschutz nicht auf.

Eine Lupe fokussiert auf Art. 91 DSGVO
Die ganze DSGVO wird evaluiert – Art. 91 DSGVO ist dabei selten im Fokus.

Noch bis zum 8. Februar können Rückmeldungen eingereicht werden – und zwar von allen »Interessensträger*innen«. Darunter fasst die Kommission unter anderem Zivilgesellschaft, Unternehmen und im Datenschutzbereich tätige Personen. Damit dieses Mal Art. 91 DSGVO nicht herunterfällt, plane ich eine Einreichung – erste Ideen sammle ich hier, über weitere Rückmeldungen in den Kommentaren oder per Mail freue ich mich.

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Vor Gericht und bei der Evaluierung – Jahresausblick 2024

So voll der Jahresrückblick auch immer ist – wie viele Themen dann doch wieder im Ausblick erscheinen, zeigt, wie lange vieles doch geht. Immerhin: Mit dem KDSZ Bayern und dem DSG-EKD-Kommentar konnten viele Dinge von der Liste gestrichen werden. Vor allem die gerichtliche Klärung von Fragestellungen dauert aber – und das nicht nur in den Fällen, die eine Runde über den EuGH drehen.

Jahresaublick Kirchlicher Datenschutz 2024
(Bildquelle: Kajetan Sumila auf Unsplash, Montage fxn)
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Fake-Facebook-Verbot und kontroverse Aufarbeitung – Jahresrückblick 2023

An einige Prognosen des Jahresausblicks für 2023 kann man Haken setzen: In Sachen Facebook-Fanpages ging es ein bisschen weiter, der EU-US-Datentransfer ist wieder einfach möglich, das KDSZ Bayern errichtet und der DSG-EKD-Kommentar ist endlich erschienen. Anderes bleibt offen: In die DSG-EKD-Evaluierung kam etwas Bewegung, aber akut wird sie erst 2024, von der KDG-Evaluierung gab es gar nichts Neues.

Jahresrückblick kirchlicher Datenschutz
(Bildquelle: Kajetan Sumila auf Unsplash, Montage fxn)

Geprägt war das Jahr 2023 im kirchlichen Datenschutz neben dem Umgang mit Facebook-Fanpages besonders stark von Fragen der Missbrauchsaufarbeitung: Betroffenenrechte von Betroffenen und Beschuldigten wurden kontrovers diskutiert, es gab Täternamen-Veröffentlichungen, neue Gesetze, Entscheidungen von staatlichen Gerichten und kirchlichen Datenschutzaufsichten.

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Lücken bei der Datenschutz-Aufsicht: Analogie ist keine Lösung

Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover zum Datenschutz bei der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (Urteil vom 30.11.2022,10 A 1195/21; nicht rechtskräftig) hat etliche Grundsatzfragen für den kirchlichen Datenschutz aufgeworfen und (für den Einzelfall sowie nicht rechtskräftig, da die Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg anhängig ist) beantwortet. Unter anderem ist das VG Hannover der Meinung, die Datenschutzaufsicht über öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften ohne eigenes Datenschutzrecht liege trotz fehlender Gesetzesgrundlage bei den (staatlichen) Landesbeauftragten für Datenschutz. Diesem Thema wird hier nachgegangen (und der Auffassung des VG Hannover widersprochen).

Ein Puzzle mit einem fehlenden Teil.
Ein Teil fehlt im komplexen Aufsichts-Puzzle in Deutschland – mit Analogien bekommt man es nicht fertig, argumentiert Ralph Wagner. (Bildquelle: Sigmund auf Unsplash)

Bereits vor der Hannoveraner Entscheidung gab es Irritationen und Uneinigkeit zur korrekten Einordnung von Religionsgemeinschaften in die (seltsame und wohl EU-weit einmalige) Dichotomie des deutschen Datenschutzrechts aus öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen. Aus dieser Zweiteilung und den Zuordnungs-Schwierigkeiten ergibt sich in der Folge (u. a.) die Unklarheit bei der Bestimmung der Datenschutzaufsicht. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass eine grundsätzliche Änderung des deutschen Datenschutzrechts nötig wäre, um vollständige Abhilfe zu schaffen. Rechtspolitisch sind derartige Schritte für die nächsten Jahre extrem unwahrscheinlich. Aber der Reihe nach.

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Nordkirche überarbeitet ihr Datenschutzrecht

Die Nordkirche hat ihr Datenschutzrecht erneut teilweise novelliert. Im aktuellen Amtsblatt (2023/11) setzt die Kirchenleitung mit Wirkung zum 1. Oktober ihre Zweite Rechtsverordnung zur Anpassung des Datenschutzrechts in Kraft. Damit wird die Datenschutzdurchführungsverordnung (DSDVO) geändert, außerdem tritt eine neue Verwaltungsvorschrift zur Gewährleistung des Datenschutzes beim Fundraising (FundraisingdatenVwV) in Kraft.

Der Schweriner Dom vom Pfaffenteich aus gesehen
Der Schweriner Dom ist eine der Bischofskirchen der Nordkirche. (Bildquelle: Backslash (Wikimedia Commons), CC BY-SA 3.0, zugeschnitten)

Einige der Änderungen vollziehen lediglich die 2021 beschlossene und ebenfalls zum 1. Oktober wirksam gewordene Übertragung der Aufsicht auf den BfD EKD nach. Ansonsten werden vor allem Fundraising und besondere Verarbeitungssituationen in kirchlichen Einrichtungen geregelt – mit viel Rückgriff auf staatliches Recht.

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Institutionalisierung der Datenschutzkonferenz – euphorisch ist niemand

44 Organisationen haben sich an der Verbändeanhörung zum Referentenentwurf des Änderungsgesetzes zum Bundesdatenschutzgesetz beteiligt. Mittlerweile hat das Innenministerium die Beiträge online gestellt. In Religionsgemeinschaften, die eigenes Datenschutzrecht anwenden, spielt das BDSG eine untergeordnete Rolle. Relevant ist hier vor allem die innderdeutsche Kohärenz – und damit die Frage nach der Organisation der Datenschutzkonferenz.

Der Referentenentwurf des BDSG
Das Innenministerium hat die IFG-Anfrage schnell beantwortet, aber mit einem Stapel Papier. Erst nach Abschluss der Verbändeanhörung wurde der Referentenentwurf auch offiziell veröffentlicht.

Im Referentenentwurf bekommt die Datenschutzkonferenz zwar erstmals nicht nur einen eigenen Paragraphen 16a, sondern sogar ein eigenes Kapitel. Inhaltlich bleibt aber der große Wurf aus – die verfassungsrechtliche Hürde des Verbots der Mischverwaltung scheint dem Innenministerium trotz klarer Zielvorgabe im Koalitionsvertrag doch zu hoch. Eine Analyse der 44 Rückmeldungen bringt einiges an Kritik an den Plänen für eine Institutionalisierung der DSK an den Tag – aber nur ein Verband denkt daran, dass es noch mehr Aufsichten gibt als nur die des Bundes und der Länder.

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Beschäftigtendatenschutz in KDG und DSG-EKD

Sowohl das KDG als auch das DSG-EKD haben in ihrem Kapitel zu Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen eigene Normen für die Verarbeitung personenbezogener Daten in Beschäftigungsverhältnissen. § 49 DSG-EKD und § 53 KDG sind sichtlich § 26 BDSG nachgebildet – allerdings mit einigen Unterschieden.

Menschen arbeiten in einem Großraumbüro
(Bildquelle: Alex Kotliarskyi auf Unsplash)


Die verschiedenen Gesetzgeber haben dabei sehr unterschiedliche Strategien verfolgt, wie stark und wo kirchliche Besonderheiten berücksichtigt werden. Die kirchlichen Regeln haben zwar jeweils ihre Lücken und Probleme – insgesamt dürften sie aber zukunftssicherer sein als ihr BDSG-Pendant.

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