Schlagwort-Archiv: Art. 91 DSGVO

Fast alle Landesdatenschutzaufsichten sehen sich für Jehovas Zeugen zuständig

Die Landesdatenschutzaufsicht Sachsen-Anhalts hat den Aufschlag gemacht und als erste mitgeteilt, dass sie sich für Gliederungen und Einrichtungen von Jehovas Zeugen in ihrem Bundesland für zuständig erachtet. Ein Alleingang? Eine Abfrage unter allen Landesdatenschutzaufsichten zeigt: Nein.

Frontalansicht eines Königreichsaals von Jehovas Zeugen
Gliederungen von Jehovas Zeugen berufen sich auf die Anwendung von eigenem Datenschutzrecht (Bildquelle: „Königreich“ von conceptphoto.info, CC BY 2.0, zugeschnitten)

Das Datenschutzrecht von Jehovas Zeugen und damit zwangsläufig ihre eigene Datenschutzaufsicht wird auf weiter Flur von den Landesdatenschutzaufsichten nicht anerkannt. Wie schon in anderen Fällen gibt das Stichtags-Kriterium aus Art. 91 Abs. 1 DSGVO den Ausschlag – und auch im ewigen Zuständigkeitsstreit zwischen Hessen und Berlin gibt es ein Ergebnis.

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Datenschutzaufsicht LSA erkennt Datenschutzrecht von Jehovas Zeugen nicht an

Jehovas Zeugen wenden in Deutschland ein eigenes Datenschutzrecht an und haben eine eigene Aufsicht eingerichtet: Das volle Programm nach Art. 91 DSGVO. Trotz einiger Kritik von Aussteiger*innen und Skepsis bei den Landesdatenschutzaufsichten in Hessen und Berlin schien das bisher recht problemlos vonstatten gegangen zu sein.

Eine Gruppe von Jehovas Zeugen beim Predigtdienst in Böblingen im Bahnhof.
Jehovas Zeugen beim Predigtdienst

(Bildquelle: Giftzwerg 88 (Wikimedia Commons), CC BY-SA 4.0, zugeschnitten.)

Nun ist aber Bewegung in die Sache gekommen: Im für 2023 jüngst nachgereichten Tätigkeitsbericht der Landesdatenschutzaufsicht Sachsen-Anhalts ging es um die Zuständigkeit für die Religionsgemeinschaft. Recht knapp wurde festgestellt: »Der Landesbeauftragte ist für Beschwerden gegen die Verarbeitung personenbezogener Daten durch örtliche Vertreter oder Vereinigungen der Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen zuständig.« Warum und wie weit diese Zuständigkeit besteht, ging aus dem Bericht nicht vollständig hervor. Nun teilt die Aufsicht auf Anfrage mit, wie es zu der Position kommt.

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Gerjets: Europäischer und kirchlicher Datenschutz – Rezension

Bereits im vergangenen Jahr hat Marten Gerjets seine Dissertation zum Datenschutzgesetz der EKD vorgelegt. In »Europäischer und kirchlicher Datenschutz« geht er der Frage nach, was Art. 91 DSGVO mit seiner Forderung nach »Einklang« der kirchlichen Datenschutzgesetze meint und ob der Einklang beim DSG-EKD gegeben ist.

Eine Ausgabe von »Europäischer und kirchlicher Datenschutz« steht vor Bücherregalen.

Die Dissertation ist die erste systematische Analyse des DSG-EKD und der bisher wohl beste Ansatz, die schwammigen und wenig gelungenen Kriterien des Art. 91 DSGVO operationalisierbar zu machen, und ergänzt so das katholische Pendant, das Michaela Hermes zuvor zum KDG vorgelegt hat.

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Der Entwurf des Beschäftigtendatengesetzes und die Kirchen

Die Einführung eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes ist der Running gag der Koalitionsverträge der vergangenen Jahrzehnte: Regelmäßig versprochen, nie umgesetzt. Es hat wohl niemand wirklich mehr darauf gewettet, dass ausgerechnet in dieser Legislatur doch noch etwas passieren könnte. Und dennoch: Es gibt einen Referentenentwurf, wenn auch nicht für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz: Beschäftigtendatengesetz, in der Langform »zur Stärkung eines fairen Umgangs mit Beschäftigtendaten und für mehr Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Beschäftigte in der digitalen Arbeitswelt«, soll das Kind heißen.

Blick durch ein Baugerüst auf die Freiburger Martinskirche
(Foto von Paul Becker auf Unsplash)

Der Entwurf liegt schon einigen Medien vor, auf LinkedIn wurde er vollständig von Stephan Schmidt veröffentlicht. 30 Paragraphen in vier Kapiteln umfasst die Norm. Auch an den kirchlichen Datenschutz wurde dabei gedacht.

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Mehr Unabhängigkeit für den NRW-Diözesandatenschutzbeauftragten

Das Katholische Datenschutzzentrum Dortmund hat eine neue Satzung. Die alte war ein wenig in die Jahre gekommen – seit 2015 ist sie unverändert in Kraft. Seither ist viel passiert: Vor allem natürlich die große Datenschutzreform 2018, die bislang noch gar nicht nachvollzogen war. Dazu kommt aber auch deutliche Kritik an der Konstruktion, den Verwaltungsrat der Aufsicht mit den Diözesanbischöfen zu besetzen, die die Aufsicht beaufsichtigen soll.

Das Siegel des Katholischen Datenschutzzentrums Dortmund zeigt den hl. Ivo.
Das Siegel des Katholischen Datenschutzzentrums Dortmund zeigt den hl. Ivo, den Patron des Datenschutzes. (Foto: fxn)

Nach fast zehn Jahren haben die nordrhein-westfälischen Diözesanbischöfe ihre Datenschutzaufsicht nun auf eine punktuell angepasste neue Grundlage gestellt. Die Aufsicht selbst stapelt eher tief und spricht von »kleinere[n] Anpassungen an die praktischen Erfahrungen der letzten Jahre«. Im Detail zeigt sich aber, dass zumindest Teile der Kritik gehört wurden.

Die neue Satzung wurde zuerst im aktuellen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlicht. Die alte Fassung findet sich im Ministerialblatt NRW.

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VG Berlin urteilt nicht über Datenschutz von Jehovas Zeugen

Kann man gegen Entscheidungen einer Datenschutzaufsicht klagen? Natürlich, sollte man denken. In einem Spezialfall hat sich das Klagen jetzt nicht als besonders einfach erwiesen: Eine betroffene Person wollte gegen einen Bescheid der Datenschutzaufsicht von Jehovas Zeugen klagen und tat das bei dem Gericht, das die Aufsicht im Rechtsbehelf benannte – nur: das Verwaltungsgericht Berlin wollte nicht.

Deckblatt des Urteils des VG Berlin mit Berliner Wappen

Die Entscheidung des VG Berlin (Urteil vom 1. August 2024, VG 1 K 29/23, veröffentlicht vom ITM der Uni Münster) überrascht mit einigen Positionen, die die bisherigen Ansichten zu gerichtlichen Rechtsbehelfen im religiösen Datenschutzrecht durcheinanderwirbeln dürften, wenn es rechtskräftig werden sollte.

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Bayern, USA und Eswatini – Wochenrückblick KW 36/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 36/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
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Krankenhausseelsorge by the book – Wochenrückblick KW 25/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 25/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
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Gewerkschaftliche Religionspolitik per Kommentar – Rezension Däubler/Wedde/Weichert/Sommer 3. Auflage

Dem Däubler/Wedde/Weichert/Sommer gelingt ein Wunder: Ein Kommentar, der in einer Folgeauflage abnimmt. Ein Fingerbreit schmaler als die Vorauflage ist die neu erschienene 3. Auflage des Datenschutzkommentars mit Beschäftigtendatenschutz-Schwerpunkt. Der Eindruck täuscht: Nach Seiten ist die Neuauflage um etwas mehr als 100 gewachsen. Es ist also nur dünneres Papier.

Eine Ausgabe des Däubler/Wedde/Weichert/Sommer 3. Auflage vor einem Bücherregal
Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, EU-DSGVO und BDSG, 3. Auflage 2023, rund 1500 Seiten, 129 Euro.

Die Gewerkschaftsnähe zeigt sich nicht nur in der umfangreichen Berücksichtigung von Fragen aus dem Beschäftigtendatenschutz. Auch die Kommentierung des Kirchenartikels in dem im gewerkschaftseigenen Bund-Verlag erschienenen Werk ist sehr gewerkschaftlich-aktivistisch ausgefallen. Das steigert die Qualität nicht.

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Einklang als Angemessenheit – ein neuer Ansatz zur Auslegung von Art. 91 DSGVO

Was bedeutet „Einklang“ bei Art. 91 Abs. 1 DSGVO? Falls es derzeit im Datenschutzrecht eine „ökumenische Frage“ gibt, die nach ihrer Bedeutung alle anderen weit überragt, dann ist es sicher diese. Sie lässt sich umformulieren in: Welchen „Spielraum“ und wieviel Freiheit haben Religionsgemeinschaften bei der Gestaltung ihres Datenschutzrechts?

Der Hauptspieltisch auf der Westempore des Passauer Doms.
(Foto: fxn)

Vorab: Die gestellte Frage ist (natürlich) nur wichtig, soweit die DSGVO überhaupt Anwendung findet. Nach der Rechtsprechung des EuGH allerdings bedeutet das praktisch keine nennenswerte Einengung: Die DSGVO ist nach Luxemburger Auffassung für Religionsgemeinschaften umfassend und flächendeckend gültig. Diese Ansicht des EuGH ist juristisch durchaus zweifelhaft.

Ein Beitrag zur Evaluierung des DSG-EKD von Ralph Wagner

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