Bayern, USA und Eswatini – Wochenrückblick KW 36/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 36/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Aktualisierte Art.-91-Kommentierung im Wilde/Ehmann/Niese/Knoblauch

In der 37, Ergänzungslieferung zu »Datenschutz in Bayern« ist eine Aktualisierung der Kommentierung von Art. 91 DSGVO erschienen. Schon die vorige Fassung habe ich positiv besprochen, die neue bleibt auf der Linie: sehr praxisnah und nachvollziehbare rechtliche Wertungen, kluge rechtspolitische und -dogmatische Erwägungen. Erfreulich ist, dass mein Hinweis auf die Ordensdatenschutzaufsichten berücksichtigt wurde, die werden nun genannt. Neu erwähnt wird die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche. Generell werden die Positionen mit großer Sorgfalt belegt und in die Diskussion eingeordnet. Die vielen Verweise wurden noch einmal erweitert und aktualisiert.

Der Kommentierung von Wilde kommt das Verdienst zu, erstmals die Regelungslücke bei der Aufsicht über als öffentlich-rechtliche Körperschaft verfasste Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften entdeckt zu haben. Wilde vertritt weiterhin die Position, dass solche Religionsgemeinschaften analog zu öffentlichen Stellen behandelt werden sollten und damit der BayLfD zuständig wäre. Die Diskussion von Wildes Thesen (vor allem der Beitrag von Thum) haben zu einer Nachschärfung der Argumente geführt. Die Gesetzgebungskompetenz für eine Klärung der Zuständigkeitsfrage wird (gegen Thum) eindeutig auf Landesebene gesehen, die Position auch mit einem komplexen Argument zum öffentlichen Interesse europarechtlich unterfüttert. Ausführlicher gefasst ist der Abschnitt zum anwendbaren materiellen Recht für Religionsgemeinschaften; hier wird die Position stärker durch Rechtsprechung des BVerfG unterfüttert.

Weiterhin bleibt so die Kommentierung im Wilde/Ehmann/Niese/Knoblauch auch außerhalb Bayerns eine der besten Art.-91-Kommentierungen auf dem Markt.

Streit um Datenerhebung zur Demographie einer Schüler*innenschaft

Die Schule ist ein besonders grundrechtssensibler Bereich: Schüler*innen sind zur Teilnahme verpflichtet, es bestehen deutliche Machtgefälle und Abhängigkeiten, Alternativen sind begrenzt. Umso wichtiger ist daher, dass Schulen rechtmäßig agieren – auch da, wo eigentlich begrüßenswerte Ziele im Blick sind. »The Volokh Conspiracy« (ein libertär orientiertes juristisches US-Blog) berichtet über den Fall einer Schule, die (immerhin anonym) Daten erhoben hat: zu Geschlechtsidentität, rassischer und ethnischer Herkunft (um die Formulierung aus der DSGVO zu verwenden) und bei High-School-Schüler*innen zur Religionszugehörigkeit. Ziel war es, angemessen mit Diversität umzugehen. Die Eltern wurden vorher nicht über die Erhebung informiert.

Gerichte haben nun festgestellt, dass das Vorgehen der Schule nicht rechtskonform war. Unabhängig davon sollte man gut darüber nachdenken, welche Probleme schon eine anonyme Erhebung mit sich bringen: »How could the administrators have thought it was wise to ask students about their religious affiliations? Just as the state has no business forbidding students from holding and expressing religious beliefs, it has no business asking students to reveal their beliefs. Even if surveys are anonymous—and Montana and the other parents were skeptical about how anonymous they were—students could legitimately feel uncomfortable revealing such sensitive information to school authorities.«

Datenschutz in Kirchen in Eswatini

Seit 2022 hat Eswatini ein eigenes Datenschutzgesetz, das sich grundsätzlich am Modell der DSGVO anlehnt. Wie in der DSGVO sind Daten, die sich auf religiöse und philosophische Überzeugungen beziehen, besonders geschützt. Anders als in der DSGVO müssen sich verantwortliche Stellen als Datenverarbeiter bei der Behörde zuständigen registrieren. (Für religiöse Organisationen kostet das jährlich 500 Emalangeni, etwa 25 Euro) In der vergangen Woche hat der Datenschutzbeauftragte des Landes vor der Eswatini Conference of Churches über Datenschutz in Kirchen gesprochen. (Ich wurde über den X-Account der Kommunikationsbehörde darauf aufmerksam, freundlicherweise hat mir die Aufsicht die Folien zum Vortrag zukommen lassen.) »Churches are one of the largest users of personal data in Eswatini, as process vast amounts of personal data for church members, visitors, staff and volunteers, children and youth, counselling and support, event attendees, and donors«, stellt die Aufsicht fest.

Das Gesetz ist interessant: Dort gibt es eine eigene Ausnahme für die Datenverarbeitung von Daten, die spirituelle, religiöse und philosophische Überzeugungen betreffen. Die Formulierung ist etwas dunkel:

»23. (1) The exemption on processing personal information of the spiritual, religious or philosophical beliefs of a data subject shall not apply if the processing is carried out by –
(a) spiritual or religious organizations; or
(b) independent sections of those organizations.
(2) Subsection (1)(a) shall not apply where the information concerns a data subject belonging to the organization mentioned in paragraph (a).«

Die Verarbeitung sensiviter Daten ist grundsätzlich verboten. Art. 23 Abs. 1 regelt dann, dass von dem ohnehin bestehenden Verbot spirituelle oder religiöse Organisationen und deren unabhängige Sektionen auch nicht ausgenommen sind, Abs. 2 erlaubt dann aber wieder den spirituellen oder religiösen Organisationen, nicht aber ihren unabhängigen Sektionen, Daten über spirituelle, religiöse oder philosophische Überzeugungen von Mitgliedern zu verarbeiten. Leider gehen die Folien der Aufsicht auf diese Besonderheit nicht ein.

In eigener Sache

Auf Artikel 91

  • Schon etwas älter (aber erst jetzt von mir gehört) ist der Vortrag von Leah bei der Gulaschprogrammiernacht im Mai zum Thema Fotografieren auf Chaos-Events. Bei CCC-Veranstaltungen gibt es sehr unterschiedliche Regelungen, unter welchen Bedingungen fotografiert werden darf. Interessant ist der Vortrag nicht nur für Menschen aus dem Chaos-Umfeld: Leah reflektiert verschiedene Policies für Fotografieren auf Veranstaltungen und gibt Anstöße, wie Fotografieren Grenzen und Persönlichkeitsrechte achtend gestaltet werden kann.

Kirchenamtliches

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