WhatsApp-Seelsorge – Wochenrückblick KW 19/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 19/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Schulseelsorge über WhatsApp

Seit einem Monat bitte die Evangelische Kirche im Rheinland einen Schulseelsorge-Chat an. Erreichbar ist der Chat über WhatsApp. Bei der Schulseelsorge selbst wird der Datenschutzaspekt sehr knapp erläutert: »Die Kontaktaufnahme zum Schulseelsorgechat erfolgt über WhatsApp, von dort erfolgt eine Einladung per Link zur chatSEELsorge.de, einer Plattform, die kirchlichem Datenschutzrecht unterliegt.«

Etwas ausführlicher geht Ralf Peter Reimann, der Internetbeauftragte der EKiR, in seinem Blog darauf ein. Er erläutert die Technik und wie angesichts der widrigen Rahmenbedingungen dennoch ein möglichst hohes Datenschutzniveau erreicht werden konnte. Verwendet wird WhatsApp-Business, alle Seelsorgenden haben ein spezielles Gerät mit der App des WhatsApp-Dienstleisters Chatwerk. (Damit fallen die Probleme der normalen WhatsApp-App auf persönlichen Geräten weg.) WhatsApp wird nur zur Initiierung des Kontakts verwendet, die eigentliche Seelsorge läuft über eine kircheneigene Plattform, die WhatsApp-Chats werden nach einer erfolgten Konversation gelöscht. Nicht möglich war es laut Reimann, mit Chatwerk einen Auftragsverarbeitungsvertrag nach DSG-EKD zu schließen. Ausschlaggebend, trotz dieser nicht behebbaren rechtlichen Defizite diese Lösung zu wählen, sei die einfache Zugänglichkeit gewesen: »Abzuwägen war: Was ist wichtiger, Schüler*innen effektiv einen Zugang zu einem Seelsorgeangebot zu ermöglichen oder auch auf eine formale Einhaltung des DSG-EKD zu bestehen und so den Zugang zur Seelsorge über WhatsApp auszuschließen, da formal das EKD-Datenschutzgesetz nicht eingehalten werden kann.«

Argumente für den Bundesratsvorschlag zur BDSG-Reform

Die Debatte um die Reform des BDSG für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften geht weiter. In der ZD-aktuell widerspricht Cornelia Thum Christian Peter Wilde. Wilde hatte es als verfassungswidrig bezeichnet, den datenschutzrechtlichen Status von öffentlich-rechtlich verfassten Religionsgemeinschaften im BDSG zu klären. Er sieht eine Landeszuständigkeit. Dagegen argumentiert Thum: »Die nachkonstitutionelle Verleihung des Status einer KöR kraft Landesrecht ebenso wie der bereits vorkonstitutionell bestehende Status als KöR (ohne landesrechtlichen Verleihungsakt) entzieht diese Stellen nicht insgesamt dem Zugriff des Bundesgesetzgebers: Der Status einer KöR als solcher ist bereits unmittelbar in Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 5 WRV und damit im Bundes(verfassungs)recht selbst angelegt.« Diese Argumentation lässt sich hören.

Ebenfalls teilt sie nicht die Position Wildes, dass eine Einordnung von körperschaftlich verfassten Gemeinschaften als öffentlich Stellen zwingend sei – im Gegenteil: »Sie stehen dem Staat als grundrechtsberechtigte Teile der Gesellschaft gegenüber (BVerfG Urt. v. 19.12.2000 – 2 BvR 1500/97) und unterliegen gerade nicht typischen staatlichen Pflichten in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben.« Die Behandlung analog zu nicht-öffentlichen Stellen sei auch praxisgerecht: »Es darf nicht sein, dass allein vom Wechsel der Rechtsform abhängt, welche materiellen Datenschutzregelungen für eine Kirche gelten.«

Wilde hatte – wie ich – den Formulierungsvorschlag des Bundesrats so ausgelegt, dass dadurch Religionsgemeinschaften mit eigenem Datenschutzrecht, aber ohne eigene Aufsicht nicht erfasst seien. Thum legt die Formulierung »soweit sie nicht nach [Art. 91 DSGVO] eigene Regelungen zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung von Daten erlassen haben« anders aus: Gemeinschaften ohne eigene Aufsicht seien davon erfasst. Deutlich eleganter als die Bundesratsformulierung mit ihren unterschiedlichen Auslegungsoptionen ist die Lösung, die Thum in ihrem Fazit vorschlägt. § 2 Abs. 4 Satz 1 BDSG könne so formuliert werden: »Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts sowie alle sonstigen Stellen, soweit sie nicht unter die Absätze 1 bis 3 fallen.«

Digitalpolitik im ökumenischen EU-Wahlaufruf der deutschen Kirchen

Die christlichen Kirchen in Deutschland rufen in einer gemeinsamen Stellungnahme zur Europawahl auf. ACK, DBK und EKD distanzieren sich dabei deutlich von Rechtsextremismus, völkischem Nationalismus und Antisemitismus ab. Bemerkenswert ist der Stellenwert, den in der Erklärung die europäische Digitalpolitik erhält. Die Herausforderungen der Digitalisierung sind einer von fünf zentralen Arbeitsfeldern (neben Krieg, Rezession, Migration und Klimawandel). Ausdrücklich würdigen die Kirchen die EU-Regulierung des Digitalen: »Die digitale Transformation verändert unser Leben und unsere Arbeitswelten grundlegend. Es ist zu begrüßen, dass die europäische Politik Regeln und Standards setzt, die dem christlichen Menschenbild entsprechen sowie Menschenrechte und Menschenwürde etwa beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz berücksichtigen.«

In eigener Sache

  • Am 5. Juni, 16.30 bis 18.30 Uhr biete ich wieder für JHD.Bildung ein Online-Seminar zu Kirchlichem Datenschutz allgemein und in den sozialen Netzwerken an. (Anmeldung bis 22. Mai bei JHD.Bildung, 20 Euro.)
  • Bei den Praxistagen Datenschutz & Informationssicherheit von Althammer & Kill vom 4. bis 6. September bin ich wieder als Referent dabei, dieses Mal voraussichtlich zum neuen DSG-EKD. (Anmeldung bei Althammer & Kill, 850 Euro, Frühbucherrabatt bis 31. Mai.)

Auf Artikel 91

  • Möglicherweise deutet sich eine Änderung der EuGH-Rechtsprechung zu besonderen Kategorien personenbezogener Daten an. Bisher hatte der EuGH hier eine sehr weite Auslegung an den Tag gelegt und Kontext und Zweck außen vor gelassen; konsequent durchgedacht, wäre damit eigentlich jedes Foto von Menschen erfasst, weil das Bild jedes Menschen Rückschlüsse auf »rassische und ethnische Herkunft« und Gesundheitsdaten erlaubt. Mit Blick auf Gesundheitsdaten argumentiert Generalanwalt Szpunar nun aber weniger streng, wie Carlo Piltz erläutert.

Kirchenamtliches

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