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Facebook-Apokalypse nach Diktat verreist – Wochenrückblick KW 9/2023

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Nach dem forschen Vorstoß aus Bayern mit einem »Facebook-Verbot« hat sich die zweite katholische Aufsicht geäußert. Die KDSA Ost erläutert, dass der Bescheid des BfDI gegen das Bundespresseamt keine neue Rechtslage erzeugt, sondern nur die Konsequenz aus der bisherigen Bewertung der DSK ist. Die bayerische Entscheidung kommentiert er wohlwollend, aber sichtlich bemüht, die irreführende und rechtlich nicht gedeckte Rede vom »Facebook-Verbot« nicht aufzugreifen: »Auch die Datenschutzkonferenz der katholischen Datenschutzaufsichten hat wiederholt auf diese Rechtslage hingewiesen. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass der Diözesandatenschutzbeauftragte für die bayrischen Bistümer ankündigt, nach einer von ihm gewährten Frist, gegen Verantwortliche vorzugehen, die weiterhin eine Facebook-Fanpage betreiben.« Für den Bereich seiner Aufsicht rät der Ost-DDSB dazu, datenschutzkonforme Alternativen zu suchen, ohne eine konkrete Offensive anzukündigen. Auch das KDSZ Dortmund hält an seiner Einschätzung fest. Beratungen und Auskünfte zum Betrieb von Facebook-Fanseiten durch die Aufsicht hätten trotz der ablehnenden Haltung in den meisten Fällen nicht dazu geführt, »dass die kirchlichen Stellen einen aus Sicht der Datenschutzaufsichten datenschutzkonformen Betrieb der Facebook-Fanpages erreicht haben bzw. die Fanpages aus diesem Grund (nicht mehr) unterhalten haben«. Die NRW-Aufsicht kündigte an, in den nächsten Monaten bei Prüfungen und Beschwerden verstärkt auf dieses Thema zu achten und gegebenenfalls zu handeln. Der BfD EKD erinnert wie zuvor schon der DSBKD an die Entschließung der evangelischen Datenschutzkonferenz. »Kirchliche und diakonische Stellen müssen demnach den datenschutzkonformen Einsatz von Facebook Fanpages nachweisen können«, heißt es ohne die Ankündigung weiterer Eskalation seitens der Behörde.

Im Publik-Forum fordert der Sprecher des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, ein Recht auf Akteneinsicht und auf individuelle Aufarbeitung für Betroffene von Missbrauch: »Um endlich für Waffengleichheit zu sorgen, müssen Betroffene und Opfer in alle Akten und Dokumente Einsicht nehmen können, die in Zusammenhang mit der Straftat und deren anschließender Vertuschung stehen – unabhängig vom Fund- und Archivort.« Das gelte besonders für die kirchlichen Archive, die sich dem staatlichen Zugriff bisher entzögen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Bistümer ihren eigenen Aufarbeitungskommissionen und Studieninstituten die Einsichtnahme verwehren oder massiv erschweren, selbst wenn es um anonymisierte Daten gehe. »Das Vorenthalten von Informationen, die eine lückenlose und vollständige Aufklärung von Missbrauchstaten im Raum der Kirche ermöglichen, ist quasi das i-Tüpfelchen auf der moralischen Bankrotterklärung klerikaler Bewahrer«, betont Norpoth. Der Staat müsse alle Mittel ausschöpfen trotz hoher rechtlicher Hürden: »Das umfassende Akteneinsichtsrecht muss für alle Archivstrukturen der betroffenen Organisation gelten«, fordert Norpoth.

Bislang hat sich von Seiten von Religionsgemeinschaften nur die katholische Kirche im Gesetzgebungsprozess zur geplanten EU-Verordnung zur Festlegung von Vorschriften zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern eingebracht, hat eine Informationsfreiheitsanfrage bei der Europäischen Kommission ergeben. Der Verordnungsentwurf ist aufgrund der geplanten massiven Eingriffe in die Kommunikationsfreiheit (»Chatkontrolle«) hoch umstritten. Aus einer Mitschrift der Kommission aus der COMECE-Rechtskommission geht auch eine Datenschutzfrage im Kontext von Missbrauchsprävention hervor: Eine Person berichtete (wahrscheinlich aus Irland, das Treffen fand unter Chatham House Rules statt, also ohne Identifikation der Sprechenden) von den Schwierigkeiten der nationalen kirchlichen Stelle für Kinderschutz, Daten zu verdächtigen Priestern weiterzugeben: »Reference to a GDPR issue that prevents non-statutory bodies on sharing information on at-risk priests moving from parish to parish, and where the National Board set up as a central body to coordinate such information sharing is without a legal basis to access case files.«

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Facebook-Verbot im katholischen Bayern – was tun?

Seit Jahren raten die kirchlichen Datenschutzaufsichten von Facebook-Fanseiten ab. Nun hat die erste Aufsicht Nägel mit Köpfen gemacht: Der bayerische Diözesandatenschutzbeauftragte hat ein pauschales Verbot für Facebook-Seiten bei kirchlichen Stellen in Bayern ausgesprochen. Die Nachricht sorgt bundesweit für Aufruhr in kirchlichen Pressestellen und Einrichtungen. Kommt jetzt die lange drohende Facebook-Apokalypse?

FAQ zum Facebook-Verbot in Bayern
(Bildquellen: lozengy (Wikimedia Commons), Roman Martyniuk (Unsplash))

Wie kirchliche Stellen das Verbot einordnen und was sie jetzt tun können, klären diese Fragen und Antworten – die natürlich keine Rechtsberatung darstellen.

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Der oberste bayerische katholische Datenschützer wird 80

Jupp Joachimski wird 80. Als bayerischer Diözesandatenschutzbeauftragter ist er immer noch im Dienst – auch wenn seine Amtszeit eigentlich schon lange abgelaufen ist: Es gibt einfach keinen Nachfolger, und Joachimski macht (wie das Gesetz es befiehlt) einfach weiter. Zum 80. schenkt das Katholische Datenschutzzentrum Dortmund dem Jubilar eine Festschrift in der Reihe »Schriften zum kirchlichen Datenschutz«.

Porträt von Jupp Joachimski mit dem Titel der Festschrift anlässlich seines 80. Geburtstags
Mit der von Steffen Pau, Christine Haumer und Stephanie Melzow herausgegebenen Festschrift »Justiz die Pflicht, Datenschutz die Kür« würdigen die Diözesandatenschutzbeauftragten und Weggefährt*innen den Vorsitzenden Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht a.D.

Etwa die Hälfte des Bandes machen Aufsätze zum kirchlichen Datenschutz aus: Neben den anderen Diözesandatenschutzbeauftragten und ihren Mitarbeitenden kommen unter anderem der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte Thomas Petri und der Würzburger Kirchenrechtler Martin Rehak zu Wort. Die Aufsätze sind meist historisch und deskriptiv ausgerichtet – sie geben aber auch einige neue, bislang unbekannte Informationen zum kirchlichen Datenschutz. Mehr oder weniger zwischen den Zeilen scheint es auch langsam Gewissheit zu werden, dass das lange geplante Katholische Datenschutzzentrum Wirklichkeit wird.

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Nachhaltig und noch lange nicht – Wochenrückblick KW 36/2022

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Die Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz hat in ihrem Blog einen Aufsatz von Anna Karger-Kroll zur christlichen Sozialethik als Anwältin nachhaltiger Digitalisierung veröffentlicht. Der – durchweg lesenswerte – Aufsatz geht auch kurz auf Datenschutz ein, und zwar mit einer überraschenden Perspektive: Noch vor den üblichen Schutzgütern des Datenschutzes, nämlich Privatsphäre und Integrität der Person, nennt sie ökologische Aspekte: »Ein konsequenter Datenschutz ist […] aus ökologisch-ökonomischen Gründen wichtig. Schließlich werden Daten insbesondere zu kommerziellen Zwecken gesammelt und ausgewertet, und zwar mit dem ›Ziel, über personalisierte Werbung und Preise oder situatives Marketing […] das bereits heute nicht nachhaltig hohe Konsumniveau noch weiter zu steigern‹. Dies wäre angesichts der geforderten Konsumwende kontraproduktiv«, so Karger-Kroll.

Alle paar Monate stelle ich Presseanfragen zu Dauerbrennerthemen. Jetzt kam Antwort von der Hessischen Datenschutzaufsicht: Die Prüfung, ob Hessen oder Berlin für die Zeugen Jehovas zuständig ist, dauert immer noch an, wurde mir mitgeteilt. Nichts Neues gibt es auch aus Rom, hieß es zur Eröffnung des Synodalen Wegs: »Und auch der für morgen vorgesehene Bericht von Erzbischof Schick zur Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit muss leider erneut entfallen, da es schlichtweg keinen neuen Stand gibt«, sagte Bischof Bätzing in seinem Bericht zur Lage.

In eigener Sache: Am 21. September um 18 Uhr leite ich bei der Stiftung Datenschutz ein Webinar zu Besonderheiten im Bereich des kirchlichen Engagements – die Teilnahme ist kostenlos.

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Muss die zuständige Aufsicht bei Informationen und Auskünften genannt werden?

Verantwortliche müssen Betroffene über ihr Beschwerderecht bei einer Datenschutzaufsicht hinweisen. Das ist in den Artikeln 12 bis 14 DSGVO für die Informationspflicht wie für die Auskunftspflicht geregelt.

Eine Brille liegt auf einem Vertrag
Bildquelle: Mari Helin on Unsplash

Beim Abfassen von Vorlagen stellen sich damit zwei Fragen: Genügt der allgemeine Hinweis – oder muss die zuständige Aufsicht benannt werden? Und gibt es hier Unterschiede in der Rechtslage zwischen der DSGVO und kirchlichem Recht?

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Rezension: »Kirchlicher Datenschutz – gewachsener Baustein kirchlicher Selbstverwaltung«

Das KDSZ Dortmund blickt mit einer Veröffentlichung auf die ersten fünf Jahre seines Bestehens zurück: »Kirchlicher Datenschutz – gewachsener Baustein kirchlicher Selbstverwaltung« heißt der im Selbstverlag online veröffentlichte Band anlässlich des Geburtstages, der schon am 1. September 2021 gefeiert wurde.

Cover von »»Kirchlicher Datenschutz – gewachsener Baustein kirchlicher Selbstverwaltung«

Auf 120 Seiten gibt es Betrachtungen aus Kanonistik und Staatskirchenrecht, eine kompakte Rechtsgeschichte des kirchlichen Datenschutzes sowie einen Blick in die Praxis von Aufsicht, Gerichten und betrieblichem Datenschutz.

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Kommt der Facebook-Crackdown? Jahresausblick 2022 zum kirchlichen Datenschutz

2021 ist Geschichte, 2022 noch größtenteils Zukunft. Aus dem Jahresausblick 2021 sind einige Prognosen in Erfüllung gegangen – dass das beginnende Jahr das Jahr 1 post Corona wird, ist aber immer noch fromme Hoffnung, genauso wie einige andere uneingelöste Dauerbrenner. Es werden noch Wetten angenommen, ob erst die Pandemie endet oder das katholische Bayern eine funktionsfähige Datenschutzaufsicht erhält.

Eine Glaskugel auf rotem Stoff, links daneben ein Schlüssel
Blick in die Glaskugel. (Bildquelle: Michael Dziedzic/Unsplash)
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Aufsichten vs. Microsoft-Cloud: Viel Dialog, (fast) keine Sanktionen

Viel Beratung und Dialog, kaum Maßnahmen – das ist das Ergebnis einer Umfrage unter den Datenschutzaufsichten der Länder und des Bundes, die ich in den vergangenen zwei Wochen zur Nutzung von Microsoft-Produkten in der Cloud durchgeführt habe. Nur eine einzige Behörde antwortete auf die Frage, ob sie aufgrund eines Einsatzes von Microsoft-Produkten von Abhilfebefugnissen gegenüber Verantwortlichen gemäß Art. 58 Abs. 2 DSGVO Gebrauch gemacht habe, mit einem klaren Ja – die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Eine Nahaufnahme einer Windows-Taste auf einer schwarzen Tastatur
scheinen Alternativen zu Microsoft-Produkten scheinen oft unvorstellbar – wenn schon die Hardware mit Microsoft-Branding kommt. (Symbolbild, Photo by Tadas Sar on Unsplash

Das Handeln staatlicher Aufsichten ist auch für den kirchlichen Datenschutzaufsichten unterworfene Verantwortliche interessant: Die kirchlichen Aufsichten bemühen sich um einen großen Einklang mit den staatlichen, in kirchlichen Stellen dominiert Microsoft den Bürosoftware-Markt genauso wie in weltlichen. Wo die staatlichen nicht hart durchgreifen, ist auch kein kirchlicher Durchmarsch zu erwarten.

(Die gesammelten und systematisierten Rückmeldungen in Rohform gibt es auch zum Download.)

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Wann kommt das Katholische Datenschutzzentrum Nürnberg?

»Die Freisinger Bischofskonferenz errichtet in Nürnberg ein kirchliches Datenschutzzentrum, das als unabhängige kirchliche Behörde die Aufgaben der Datenschutzaufsicht wahrnehmen wird«, hieß es knapp und unscheinbar im März 2018 in der Erklärung zur Frühjahrsvollversammlung der bayerischen Bischöfe in Augsburg. Jetzt, dreieinhalb Jahre später, gibt es immer noch kein Datenschutzzentrum Nürnberg, seit gut einem Jahr ist die Amtszeit des Diözesandatenschutzbeauftragten ausgelaufen (er führt das Amt bis zum Amtsantritt seiner Nachfolge weiter, wie es das Kirchenrecht vorsieht), seine »Behörde« ist die mit Abstand am schlechtesten ausgestattete katholische Datenschutzaufsicht, wie der Leiter selbst in dramatischen Worten in seinem letztjährigen Tätigkeitsbericht schrieb.

Eine Glühbirne ohne Lampenschirm hängt an einem Kabel von einer Decke mit weiß-blauen Rauten herab.
Erstmals kommt dank der Auskunft der Freisinger Bischofskonferenz etwas Licht ins Dunkel um das Katholische Datenschutzzentrum Nürnberg. (Das Symbolbild zeigt eine Lampe in der Bonner Kreuzbergkirche, wo die Wittelsbacher als Kölner Kurfürsten auch mal was zu sagen hatten.)

Möglicherweise kommt jetzt etwas Bewegung in die Sache. Oder auch nicht. Auf Nachfrage teilte mir das Erzbistum München und Freising mit, dessen Pressestelle in Personalunion die der Freisinger Bischofskonferenz bildet, wie es um die Nürnberger Neugründung steht: Es fänden »vorbereitende Schritte« statt, der Prozess soll »schnellstmöglich, aber auch mit der angemessenen Gründlichkeit« abgeschlossen werden.

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Kirchliche Datenschutzaufsicht: Ausstattung gut bis ungenügend

Das schönste Gesetz nutzt nichts, wenn es nicht auch umgesetzt wird. Beim Datenschutzrecht ist ein Faktor dabei die Leistungsfähigkeit der Aufsicht. Der Europäische Datenschutzausschuss EDPB hat daher die Aufsichtsbehörden der Staaten, in denen die DSGVO gilt, unter die Lupe genommen und ihre Ressourcenausstattung verglichen: »Overview on resources made available by Member States to the Data Protection Authorities and on enforcement actions by the Data Protection Authorities«. Aufgrund des Prinzips der federführenden Behörde (»one stop shop«) hat eine schlecht ausgestattete Aufsicht Auswirkungen auf alle – »a lack of resources in a supervisory authority competent to handle cross-border cases, can after all have tangible consequences for citizens across the EU«.

Fünf unterschiedlich hohe Stapel mit Eurocent-Münzen
So transparent lässt sich das Budget nicht bei allen kirchlichen Aufsichten ermitteln. (Symbolbild: Photo by Ibrahim Rifath on Unsplash)

Nicht betrachtet wurde die Ausstattung der kirchlichen Aufsichtsbehörden, die (mindestens in Deutschland und Polen) einen beachtlichen Teil von Stellen beaufsichtigen, die oft mit besonders sensiblen Daten hantieren. Der von den Kirchen geforderte Einklang mit dem DSGVO-Datenschutzniveau steht und fällt dort, wo eigene Aufsichten eingerichtet werden, mit deren Ausstattung. Ein Blick in Tätigkeitsberichte und Kirchenhaushalte kann zumindest ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

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