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Die Woche im kirchlichen Datenschutz
Weitere Aufsichten für religiöse KdÖR zuständig
Im Lauf der Woche sind noch Antworten eingegangen auf die Frage nach der Zuständigkeit von Aufsichten für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, aber keine eigene spezifische Aufsicht haben. Mittlerweile festigt sich das Bild: Mit Verweis auf das Urteil des VG Hannover wird eine Zuständigkeit angenommen und in unionsrechtskonformer Auslegung eine Analogie zu den nicht-öffentlichen Stellen vorgenommen. So positionieren sich wenig überraschend fast wortgleich die Aufsichten in Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Hessen – all diese Aufsichten hatten bereits Fälle mit derartigen KdÖR. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen dagegen kann – trotz ihrer Prüfung von Alt-Katholiken und Neuapostolikern – noch keine Auskunft geben: »Wir prüfen diese Frage noch. Eine kurzfristige Antwort kann ich Ihnen nicht in Aussicht stellen.«
Rechtlicher Rahmen für Täternamen-Veröffentlichung
Für katholisch.de habe ich Expertise zur Frage nach der Veröffentlichung von Täternamen durch die Kirche eingeholt. Auskunft kam von Oliver Stegman. Der Äußerungsrechtler hat auch das Bistum Aachen bei seinen Kriterien beraten. »Für die Veröffentlichung von Täternamen spricht das Aufklärungs- und Informationsinteresse der Öffentlichkeit und von Betroffenen. Das Interesse ist unter anderem deshalb hoch, weil Missbrauchsfälle jahrelang vertuscht wurden«, nennt der Anwalt Argumente dafür. Die in Aachen gewählte 10-Jahres-Frist nach dem Tod der Beschuldigten begründet er als analoge Anwendung der einzigen halbwegs einschlägigen Parallelstelle, der Einwilligungserfordernis für Bildnisse Verstorbener im Kunsturheberrechtsgesetz: »Das ist zwar ein anders gelagerter Fall, aber es ist eine konkrete Aussage des Gesetzgebers zur Dauer von postmortalen Persönlichkeitsrechten.«
Die kirchenrechtliche Seite hat mir Martina Tollkühn von der Uni Luzern erläutert. Bei der Veröffentlichung der Namen verstorbener mutmaßlicher Täter ist sie sehr zurückhaltend. »Das große Problem dabei ist, dass der Angeklagte sein Recht auf Gehör und Verteidigung nicht wahrnehmen kann«, gibt sie zu bedenken: »Damit Recht gerecht ist, muss es allen Parteien gegenüber gerecht sein.«
Kritischer Blick auf den Datenschutz bei Jehovas Zeugen
Der Verein JZ Help befasst sich nach eigenen Angaben mit Menschenrechtsverstößen bei Jehovas Zeugen und unterstützt Ausstiegswillige mit psychologischer und rechtlicher Hilfe. Dazu gehört auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Datenschutzrecht der Zeugen Jehovas. Am Samstag, 4. November 2023 um 10 Uhr bietet der Verein in Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwalt Rainer Horbach eine Informationsveranstaltung zum Thema Datenschutz im Kontext von Jehovas Zeugen an. Thomas Brand ist Ansprechpartner für Datenschutz bei JZ Help e.V. und widmet sich den Besonderheiten bei dieser Gemeinschaft: Immer wieder tauchen Fragen dazu auf, welche Daten bei Jehovas Zeugen vorhanden sein könnte, welche Rechte man in diesem Zusammenhang besitzt und wie diese wahrgenommen werden können. Die Veranstaltung ist öffentlich, Zugangsdaten gibt es bei JZ Help.
Kirchliche Geheimarchive in der Schweiz
Ebenfalls bei katholisch.de habe ich mich mit der Ankündigung der Schweizer Bischöfe beschäftigt, künftig keine Dokumente kirchlicher Archive mehr zu löschen – auch gegen geltendes Kirchenrecht. Der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier hat für mich einen kritischen Blick auf die Schweizer Pläne und die kirchliche Archivpraxis geworfen.
In eigener Sache: Kirchenrecht und Bildrechte
- Am 8. November 2023, 18–20 Uhr, diskutiere ich bei dem Podium »Kirchenrechtliches Publizieren heute« mit. Die Diskussion findet digital statt, eine Anmeldung per Mail (in der Ausschreibung) ist bis zum 5. November möglich.
- Am 12. Dezember, 16.30 bis 18 Uhr, findet bei JHD|Bildung ein Webinar zu Bild- und Persönlichkeitsrechten in der katholischen Jugendarbeit statt. Die Anmeldung ist bis zum 28. November möglich. (Teilnahmebeitrag 10 Euro.)
Auf Artikel 91
Aus der Welt
- Mike Kuketz versucht, eine Eltern-WhatsApp-Gruppe in der Schule abzuwenden. Über den Ausgang will er berichten. Viel Erfolg!
- Im Podcast Fundraising-Radio gab es vor kurzem eine Folge zu Datenschutz im Fundraising – sehr praxisnah und verständlich.