Schlagwort-Archive: Kirchenrecht

In welchen katholischen Vereinen gilt kirchliches Datenschutzrecht?

Für wen gilt eigentlich katholisches Datenschutzrecht? Schaut man ins KDG, findet man dort unter § 3 Abs. 1 eine sehr ausgreifende Antwort: Nicht nur in verfasster Kirche und Caritas, sondern auch für »die kirchlichen Körperschaften, Stiftungen, Anstalten, Werke, Einrichtungen und die sonstigen kirchlichen Rechtsträger ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform« soll es gelten.

Ein Schild weist mit der Aufschrift »Nur für Besucher der ›kirchlichen Einrichtung‹« auf einen Parkplatz an einer Kirche hin. (Foto: Sarah Helduser)
Diese Anführungszeichen sind unnötig: Das Schild markiert den Parkplatz einer katholischen Pfarrei, die ohne Zweifel kirchlich ist. Doch bei anderen Organisationen im kirchlichen Leben stellt sich in der Praxis oft die Frage, ob eine Einrichtung nur in Anführungszeichen oder im engen Sinn »kirchliche Einrichtung« ist – und was das für das für sie geltende Recht bedeutet. (Foto: Sarah Helduser)

Nur: Wann sind Rechtsträger so kirchlich, dass das kirchliche Datenschutzrecht wirklich und verbindlich gilt? Und insbesondere: Für welche kirchlichen Vereine und Verbände gilt das kirchliche Datenschutzrecht? Mit dieser Frage habe ich in meiner Masterarbeit im Studium des Vergleichenden kanonischen Rechts auseinandergesetzt: »Die Geltung kirchlichen Rechts in Vereinigungen von Gläubigen ohne kanonische Rechtsform am Beispiel des Gesetzes über den kirchlichen Datenschutz«.

Weiterlesen

Mehr Unabhängigkeit für den NRW-Diözesandatenschutzbeauftragten

Das Katholische Datenschutzzentrum Dortmund hat eine neue Satzung. Die alte war ein wenig in die Jahre gekommen – seit 2015 ist sie unverändert in Kraft. Seither ist viel passiert: Vor allem natürlich die große Datenschutzreform 2018, die bislang noch gar nicht nachvollzogen war. Dazu kommt aber auch deutliche Kritik an der Konstruktion, den Verwaltungsrat der Aufsicht mit den Diözesanbischöfen zu besetzen, die die Aufsicht beaufsichtigen soll.

Das Siegel des Katholischen Datenschutzzentrums Dortmund zeigt den hl. Ivo.
Das Siegel des Katholischen Datenschutzzentrums Dortmund zeigt den hl. Ivo, den Patron des Datenschutzes. (Foto: fxn)

Nach fast zehn Jahren haben die nordrhein-westfälischen Diözesanbischöfe ihre Datenschutzaufsicht nun auf eine punktuell angepasste neue Grundlage gestellt. Die Aufsicht selbst stapelt eher tief und spricht von »kleinere[n] Anpassungen an die praktischen Erfahrungen der letzten Jahre«. Im Detail zeigt sich aber, dass zumindest Teile der Kritik gehört wurden.

Die neue Satzung wurde zuerst im aktuellen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlicht. Die alte Fassung findet sich im Ministerialblatt NRW.

Weiterlesen

IDSG zu illegalem Exorzismus und kirchlichem Interesse

»Der Beteiligte, ein ehemaliger Pfarrer im Erzbistum des Antragstellers, und XX führten eine Gruppe von Gläubigen an, die unter anderem mittels physischer und psychischer Gewalt bei anderen Gläubigen ›Teufelsaustreibungen‹ vornahmen« – die neu veröffentlichte Entscheidung des Interdiözesanen Datenschutzgerichts (Beschluss IDSG 15/2023 vom 12. August 2024) beginnt spektakulär.

Ein Priester hält ein Kruzifix über einen nackten Körper, im Hintergrund Dämonen. Aus dem Kruzifix kommen Strahlen.
Der heilige Francisco de Borja hilft einem unbußfertigen Sterbenden (Gemälde von Goya, Ausschnitt, gemeinfrei via Wikimedia Commons)

Was aber neu an der Entscheidung ist, ist nicht spektakulär, und was große Tragweite hat, schreibt lediglich die Rechtsprechung des Gerichts fort, indem sie den Umgang der Kirche mit (in diesem Fall) religiös motivierter psychischer und physischer Gewalt in den Blick nimmt. Dennoch lohnt es sich, den Beschluss zu lesen – insbesondere auch, weil sie wieder einmal einen Mosaikstein zur Frage der Auslegung kirchlicher Interessen beinhaltet.

Weiterlesen

Staatliche Strafprozessakten in kirchlichen Verfahren – BayObLG zeigt Grenzen auf

Die Beweiserhebung in kirchlichen Strafprozessen ist schwierig. Hoheitliche Befugnisse haben kirchliche Gerichte nicht. Deshalb wird in kirchlichen Ermittlungen oft auf staatliche Strafakten zurückgegriffen. Rechtlich wird das bislang in der Regel über § 474 StPO ermöglicht, der Auskünfte und Akteneinsicht für Justizbehörden und andere öffentliche Stellen regelt. Indem die kirchlichen Behörden als »andere öffentliche Stelle« verstanden wird, sind für die Akteneinsicht deutlich niedrigere Hürden zu nehmen als bei einem Rückgriff auf § 475 StPO, das für Einsicht und Auskünfte für Privatpersonen und sonstige Stellen höhere Anforderungen stellt.

Ein Aktenordner vor neutralem Hintergrund
Bildquelle: Tim Reckmann (via Flickr), CC BY 2.0 (zugeschnitten)

Eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG, Beschluss vom 15. Januar 2024 – 204 VAs 177/23) könnte nun die bewährte Praxis einschränken. Hintergrund ist der Fall eines Priesters des Bistums Regensburg, dem Sexualdelikte vorgeworfen wurden. Nach einer Hausdurchsuchung und Auswertung der sichergestellten Datenträger stellte die Staatsanwaltschaft aber das Verfahren ein, ohne jeden Restverdacht anzunehmen. Die vom Bistum Regensburg dennoch erbetene Akteneinsicht wurde vom BayObLG aber als nicht zulässig gewertet – mit einer ausführlichen Würdigung der Problematik der Kirche als öffentlich-rechtlich verfasster Stelle.

Weiterlesen

Hintergründe zum katholischen Datenschutzgericht aus erster Hand der zweiten Instanz

Die kirchlichen Datenschutzgerichte sprechen wie die meisten Gerichte primär durch ihre Entscheidungen. Erfreulich viele davon sind veröffentlicht, obwohl die KDSGO das nicht ausdrücklich vorsieht, so dass hier auch immer wieder die Rechtsprechung diskutiert werden kann. Über die operative Arbeitsweise und das Selbstverständnis des Gerichts geben Entscheidungen nur wenig Auskunft. Umso wertvoller ist es, wenn sich doch einmal Richter*innen äußern.

Ein Richterhammer liegt auf einer Ausgabe der Kirchlichen Datenschutzgerichtsordnung (KDSGO)
Die KDSGO regelt die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit.

Nachdem bereits 2021 der Vorsitzende Richter des IDSG Bernhard Fessler in einem Vortrag einiges erzählte, gibt es nun auch vom Vorsitzenden Richter des DSG-DBK, also der zweiten Instanz, Einblicke. In der schon 2023 erschienenen Festschrift zum 80. Geburtstag des Münsteraner Kirchenrechtlers Klaus Lüdicke hat der Münsteraner Europarechtler Gernot Sydow (der auch Herausgeber des KDG-Kommentars ist) über die erste Amtsperiode des DSG-DBK geschrieben, die 2023 endete.

Weiterlesen

IDSG: Missbrauchsaufarbeitung von überwiegendem kirchlichen Interesse

Das Interdiözesane Datenschutzgericht hat erstmals eine Entscheidung zu einer grundlegenden Frage der kirchlichen Missbrauchsaufarbeitung veröffentlicht. Der Beschluss IDSG 16/2021 vom 24. Februar 2024 stellt auf die Klage eines im Kölner Gercke-Gutachten anonymisiert erwähnten Beschuldigten hin fest, dass Missbrauchsaufarbeitung ein erhebliches Interesse der Kirche darstellt, hinter dem Datenschutzrechte der Beschuldigten gegebenenfalls zurücktreten müssen.

Präsentation des Gercke-Gutachtens (Bildquelle: Erzdiözese Köln/Boecker, zugeschnitten und bearbeitet.)
Präsentation des Gercke-Gutachtens (Bildquelle: Erzdiözese Köln/Boecker, zugeschnitten und bearbeitet)

Die Entscheidung ist eine der längsten des IDSG bisher, so dass neben der grundsätzlichen Frage auch noch viele weitere Themenbereiche gestreift werden – von der Frage, ab wann Daten das Sexualleben so betreffen, dass sie zu den besonderen Kategorien gehören, bis zum Verhältnis von datenschutzrechtlichen Betroffenenrechten und kirchlichem Prozessrecht.

Weiterlesen

Lückenschluss im Bundesrat – Wochenrückblick KW 11/2024

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 11/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
Weiterlesen

Publizieren über Kirchenrecht – das Kreuz mit der Öffentlichkeit

Die kanonistische Open-Access-Zeitschrift »Nomokanon« wird 25. Anlässlich des Jubiläums gab es eine Podiumsdiskussion zu kirchenrechtlichem Publizieren heute. Auf dem Podium vertrat ich den Journalismus.

Plakat der Podiumsdiskussion »Kirchenrechtliches Publizieren heute«

Schon in der Festschrift habe ich kurz den Stellenwert der Öffentlichkeit für eine Kirche des Rechts betont. In meinem hier etwas erweitert ausformulierten Eingangsstatement habe ich diese Gedanken noch etwas ausgeführt und einige Problembereiche benannt, wo Kirchenrecht und Öffentlichkeit über Kreuz liegen. (»Kirche« bezieht sich im folgenden dem Anlass geschuldet allein auf die katholische Kirche). Das Podium soll bald online verfügbar sein.

Weiterlesen

Lektüre meterweise – Wochenrückblick KW 41/2023

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 41/2023
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
Weiterlesen

Aufsichtslücke – Wochenrückblick KW 37/2023

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 37/2023
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
Weiterlesen