Schlagwort-Archive: Recht auf Vergessenwerden

Chefsache Taufbuch – Wochenrückblick KW 24/2025

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 24/2025
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
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Recht auf Vergessenwerden als Waffe – der Kampf um das kirchliche Gedächtnis

In einem Fall, der weitreichende Auswirkungen auf ganz Europa haben könnte, berät der Europäischen Gerichtshof (EuGH) derzeit über Vorlagefragen des Brüsseler Märktegerichtshofs. Es geht um die Frage, ob die katholische Kirche in Belgien durch die Weigerung, Namen aus Taufregistern zu löschen, gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – insbesondere gegen das sogenannte »Recht auf Vergessenwerden« – verstoßen hat.

Eine Hand in schwarzem Handschuh streicht über einen Buchblock.
(Bildquelle: Liana S auf Unsplash)

Auf den ersten Blick scheint es sich um einen technischen Streit über den Datenschutz zu handeln. Dahinter verbirgt sich jedoch eine viel tiefgreifendere rechtliche und soziologische Spannung: der Konflikt zwischen den Rechten des Einzelnen im digitalen Zeitalter und der spirituellen, historischen und theologischen Identität religiöser Institutionen. Das Recht auf Löschung aus der DSGVO ist zwar ein wichtiger Schutz in der modernen Datenwelt, seine Instrumentalisierung gegen religiöse Traditionen – insbesondere gegen die katholische Kirche – wirft jedoch erhebliche verfassungsrechtliche und kulturelle Bedenken auf.

Der Kommentar von Emmanuel S. Caliwan erschient zuerst in englischer Sprache unter dem Titel »Weaponizing the Right to be Forgotten? The GDPR, the Catholic Church, and the Battle for Ecclesial Memory« auf SocioJuris.

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Löschen von Taufbucheinträgen kommt vor den EuGH

In mehreren europäischen Mitgliedsstaaten mussten sich Gerichte bereits mit der Frage auseinandersetzen, ob es ein Recht auf Löschung von Taufbucheinträgen gibt. Bisher haben sich letzten Endes alle nationalen Gerichte dazu in der Lage gesehen, die Frage selbst zu beantworten, und zwar immer zugunsten der Kirchen, die keine Taufbucheinträge löschen wollten.

Das Emblem des Europäischen Gerichtshofs vor den Türmen B und C
(By LuxofluxoOwn work, CC BY-SA 4.0, Link)

Eine verbindliche europarechtliche Klärung der Rechtslage stand daher bislang aus. Das wird sich nun ändern: Der belgische Märktegerichtshof – das zuständige Gericht für Rechtsmittel gegen Aufsichtsbehörden – hat dem EuGH Fragen zum Löschrecht bei Taufbüchern vorgelegt. Zuvor hatte das Bistum Gent gegen eine Entscheidung der belgischen Datenschutzaufsicht geklagt, die die Kirche zur Löschung zwingen wollte.

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Krankenhausseelsorge by the book – Wochenrückblick KW 25/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 25/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
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Französischer Staatsrat verneint Löschrecht für Taufbucheinträge

Auch in Frankreich müssen Kirchen Einträge aus Taufbüchern nicht löschen. Der französische Conseil d’État hat in seiner Funktion als oberstes Verwaltungsgericht am Freitag einen Einspruch gegen eine Entscheidung der Datenschutzaufsicht CNIL zurückgewiesen. Schon die Aufsicht hatte die Beschwerde eines ehemaligen Katholiken abgelehnt, seinen Taufeintrag zu löschen.

Die Südfassade des Palais Royal in Paris mit der goldenen Aufschrift »Conseil d'État« auf dem Architrav, die Flaggen Frankreichs und der EU flattern im Wind vor bewölktem Himmel.
(Bildquelle: Chabe01, CC BY-SA 4.0, bearbeitet und zugeschnitten.)

Der Staatsrat folgt mit Entscheidung dem europäischen Trend, dass das Interesse der Kirche das Interesse von Betroffenen bei der Führung von Taufbüchern überwiegt. In den vergangenen Jahren hatten europaweit Aufsichten und Gerichte diese Rechtsauffassung vertreten, zuletzt die irische Aufsicht. Die jüngst veröffentlichte gegenteilige Auffassung der belgischen Aufsicht ist weiterhin deutlich in der Minderheit. Die sehr kurz gefasste französische Entscheidung zeigt auf kleinem Raum die Argumentation für eine Ablehnung von Löschrechten im Taufbuch.

Die Entscheidung im Volltext: Conseil d’État, Beschluss vom 4. Februar 2024, Az. 461093 (ECLI:FR:CECHR:2024:461093.20240202).

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Evangelische Verantwortliche – Wochenrückblick KW 4/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 4/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)
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Irische Datenschutzaufsicht sieht kein Recht auf Löschung im Taufbuch

Es gibt kein Recht auf Vergessenwerden im Taufregister – jedenfalls nicht zu Lebzeiten. Nach mehreren Jahren hat die irische Datenschutzaufsicht über Beschwerden gegen das Erzbistum Dublin entschieden, mit denen Austrittswillige die Löschung ihrer Daten aus den Kirchenbüchern erstreiten wollten.

Statue in der Dubliner St. Patrick's Cathedral
Statue in der Dubliner St. Patrick’s Cathedral (Bildquelle: Tommy Bond on Unsplash)

Die Entscheidung ist auf den 27. Februar datiert, wurde laut dem Dateinamen aber erst im September auf der Webseite der Datenschutzaufsicht veröffentlicht. Auf 183 Seiten legt die Datenschutzbeauftragte Helen Dixon ihre Entscheidung vor. Auch wenn das Erzbistum in einigen Details keinen Erfolg hatte: Im Großen und Ganzen ist die Praxis der Kirchenbuchführung rechtmäßig.

Im Volltext: Inquiry into processing of Church Records by the Archbishop of Dublin (‚the Archbishop‘), Az. IN-19-7-6

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Irische Aufsicht kündigt Position zu Kirchenbüchern nach Kirchenaustritt an

Vor zwei Jahren kündigte die irische Datenschutzaufsicht in ihrem Tätigkeitsbereich für 2019 eine Prüfung der Frage an, inwiefern Kirchen die Daten ausgetretener Mitglieder gegen deren Willen verarbeiten dürfen. Die Frage hat in Irland besondere Brisanz mangels einer Möglichkeit, die Abkehr von der Kirche formell zu bestätigen. Widerstand dagegen wird unter anderem von »Atheist Ireland« organisiert.

[ENGLISH VERSION BELOW]

Statue in der Dubliner St. Patrick's Cathedral
Statue in der Dubliner St. Patrick’s Cathedral (Bildquelle: Tommy Bond on Unsplash)

Nun steht die Entscheidung der Aufsicht an, wie eine Sprecherin der Data Protection Commission auf Anfrage mitteilte. Demnach sei die Untersuchung in einem fortgeschrittenen Stadium, ein Entwurf der Position ist in Arbeit. Vor einer endgültigen Entscheidung wird der Entscheidungsentwurf dem Erzbischof von Dublin zugeleitet, gegen dessen Erzdiözese sich die Untersuchung formal richtete. Ein Zeitfenster konnte die Sprecherin nicht nennen, da noch nicht absehbar sei, wie umfangreich die Berücksichtigung der Rückmeldungen der Kirche sei.

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Kann man Einträge im Taufregister löschen lassen?

Taufregister sind für die Ewigkeit – wie das Taufsakrament. Auch nach einem Kirchenaustritt bleibt der Eintrag in den Kirchenbüchern erhalten. Das ist konfliktträchtig: Die Frage, ob das »Recht auf Vergessenwerden« auch für die kirchlichen Matrikel gilt, sorgt immer wieder für Konflikte und Unverständnis, wenn entsprechende Löschbegehren abgelehnt werden. Und das werden sie immer.

Kirchenbücher aus Stettin
Bildquelle: Clemens Schulz, Kirchenbücher, CC BY-SA 4.0

Tatsächlich findet sich in der Datenschutzgrundverordnung keine besondere Ausnahme für Kirchenbücher. Dennoch zieht sich durch die Rechtsprechung die Tendenz, dass nicht von einem Löschanspruch ausgegangen wird. Ein Blick in einschlägige Fälle aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten und zum theologischen Hintergrund zeigt, dass die Hoffnung, den eigenen Tauchbuch-Eintrag löschen zu lassen, wohl nicht erfüllt wird.

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Kein Recht auf Vergessen für Bischof Küng

Der emeritierte St. Pöltener Bischof Klaus Küng hatte vor dem Oberlandesgericht Wien (Beschluss vom 14. 12. 2021 – AZ 18 Bs 309/21d; nicht online)  keinen Erfolg: Von ihm monierte Passagen in Wolfgang F. Rothes Buch »Missbrauchte Kirche«(Affiliate link) über Aussagen zu seiner angeblichen (und von ihm bestrittenen) Homosexualität verletzen den höchstpersönlichen Lebensbereich des Bischofs nicht in einer Weise, die geeignet wäre,  ihn in der Öffentlichkeit bloßzustellen (so die Formulierung im österreichischen Mediengesetz).

Cover von Rothe: Missbrauchte Kirche
Um dieses Buch drehte sich der Rechtsstreit. (Bildquelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)

Der Fall hat auch eine datenschutzrechtliche Facette – wenn auch keine des kirchlichen Datenschutzes (das Datenschutzdekret der Österreichischen Bischofskonferenz war in dem Verfahren zwischen Küng und der Verlagsgruppe Droemer Knaur nicht einschlägig): Hat Bischof Küng ein Recht auf Vergessenwerden in Bezug auf ein 25 Jahre altes Ereignis der österreichischen Zeitgeschichte?

(Die allgemeine Gemengelage schildern die Süddeutsche, die zuerst berichtet hatte, und ich auf katholisch.de)

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