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Freiheit digital – Wochenrückblick KW 16/2021

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Die EKD hat eine Denkschrift zur Digitalität veröffentlicht: »Freiheit digital – Die Zehn Gebote in Zeiten des digitalen Wandels«. Für eine ausführliche Würdigung fehlte die Zeit für die eingehende Lektüre. Explizit zum Thema Datenschutz steht nur wenig in der ansonsten bisweilen sehr kleinteiligen Denkschrift. Der Grundtenor ist aber angenehm positiv gegenüber dem Digitalen, ohne naiv zu sein: »Die Digitalisierung mehrt den Nutzen der Gaben Gottes für alle, ermöglicht Freiheit und Teilhabe, wenn sie dazu beiträgt, das Leben zu verbessern und Regionen zu entwickeln, die bisher keinen oder kaum Anteil am globalen Wohlstand haben«, heißt es etwa an einer Stelle (S. 180).

Insgesamt achtmal taucht das Wort »Datenschutz« selbst auf, auf die DSGVO wird zweimal Bezug genommen, informationelle Selbstbestimmung wird gar nicht genannt, dafür Datensouveränität als Ziel. Die DSGVO wird als gutes Beispiel dafür angeführt, wie die EU regulatorische Maßstäbe setzen kann (S. 183); »gleichwohl beschäftigt die Fachwelt, welchen Nutzen sie für die Verbraucherinnen und Verbraucher tatsächlich erbracht hat« (S. 227) – insbesondere aufgrund von Durchsetzungsdefiziten.

Konkrete Forderungen zu einer Verbesserung des Datenschutzrechts werden nicht genannt, auch wenn in Bezug auf das Management digitaler Identitäten eine »neue Art von Datenschutz« eingefordert wird: »Soll die Datensouveränität der Nutzenden gewahrt bleiben, müssen sie besser als bisher ihre digitale Identität selbst verwalten können.« (S. 62f.) Wie bereits Markus Beckedahl vor einigen Wochen bei der Tagung »Kirche im Web« fordert auch die EKD-Denkschrift die Kirche auf, ihre Marktmacht bei der IT-Beschaffung einzusetzen: »So könnte sie dazu beitragen, eine Infrastruktur für die digitale Öffentlichkeit zu etablieren, die einer offeneren, verlässlicheren und der Anerkennung des oder der Nächsten dienenden Kommunikation dient.« (S. 208)

Bei der KDSA Ost war unter den (wieder einmal) vielen Veröffentlichungen der Woche auch ein Hinweis auf eine Reportage der ARD zu Kinderpornographie. Mit Blick auf die Nutzung frei zugänglicher Kinderfotos im Netz durch Pädokriminelle betont die Aufsicht, dass der sicherste Schutz für Kinder und Jugendliche unabhängig vom Datenschutz sei, »gar keine Bilder offen ins Netz zu stellen«: »Wir fordern deshalb die Verantwortlichen kirchlicher Einrichtungen nochmals auf, das Veröffentlichen von Personenfotos zu unterlassen. um die Persönlichkeitsrechte und Sicherheitsinteressen von Kindern und Jugendlichen zu wahren.« Diese Position ist bekannt – sie blendet aber auch weiterhin aus, dass digitale Veröffentlichungen die Öffentlichkeit wesentlich konstituieren, und auch Kinder und Jugendliche nicht nur Sicherheitsinteressen, sondern auch Teilhabe- und Repräsentanzinteressen haben. Um ein Wort von Heribert Prantl zu adaptieren: So wie es die Freiheit gefährdet, den »Terroristen als Gesetzgeber«(Affiliate Link) zu adeln, sollte auch nicht der Pädokriminelle als Gesetzgeber fungieren können.

Für katholisch.de habe ich diese Woche zu Datenabfragen des Kreisordnungsamts Oldenburg bei kirchlichen Gemeinden zum Corona-Schutz recherchiert. Nach einigem Medienrummel, weil ein wohl übereifriger Mitarbeiter Kontaktdaten von Konfirmanden erfragt hatte, konnte ich Entwarnung geben: Der Mitarbeiter wurde von der Behördenleiterin eingebremst, es gibt keine weiteren (ohnehin rechtlich nicht zulässige) Kontaktdatenabfragen.

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Wir sehen uns in der 2. Instanz – Wochenrückblick KW 14/2021

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Letzte Woche nach Redaktionsschluss des Wochenrückblicks gab es noch eine kleine Änderung auf der Entscheidungs-Seite des Interdiözesanen Datenschutzgerichts: »Rechtsmittel anhängig«, steht dort jetzt bei der bei Veröffentlichung hier schon sehr kritisch diskutierten Entscheidung zum Recht des leitenden Pfarrers auf Einsicht in die Corona-Schutzlisten von Gottesdiensten – damals schon hatte ich prognostiziert, dass das Katholische Datenschutzzentrum Dortmund wohl Rechtsmittel einlegen wird.

Da es sich bei dem Fall um eine Anwendung der nordrhein-westfälischen Corona-Schutzverordnung handelt, hatte ich parallel auch die Staatskanzlei angefragt, ob die Verordnung ein derartiges Einsichtsrecht des Pfarrers rechtfertige. Wie schon zuvor bei der verunglückten Formulierung der Rechtsgrundlage für die Rückverfolgungslisten (und allgemein beim NRW-Corona-Management) zeigte sich dabei eine gewisse Wurstigkeit und Überforderung: Die Anfrage wurde nicht beantwortet, nur das Gesundheitsministerium hat einige nichts mit der Anfrage zu tun habende Textbausteine geschickt. Eine erneute Nachfrage blieb unbeantwortet.

Die KDSA Ost publiziert mittlerweile so häufig, dass man schon von Blog sprechen kann – sehr gut! Diese Woche ging es um die geplanten Änderungen im Mitbestimmungsrecht zur Ausgestaltung von mobiler Arbeit. Auch wenn das nicht unmittelbar für die Kirchen mit ihrem eigenen Mitarbeitervertretungsrecht relevant ist, ist doch zu hoffen, dass der Impuls auch bei der nächsten MAVO-Novellierung aufgegriffen wird. Bei der »Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird«, gibt es momentan vor allem über den (allerdings mächtigen) Umweg der Mitbestimmung bei »technischen Überwachungssystemen« einen Hebel für die Mitarbeitervertretung. Dem Fazit der KDSA Ost kann man sich daher anschließen: »Die geplante Erweiterung der Mitbestimmung könnte so auch aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Bereicherung darstellen.«

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Wenn der MAV-Chef krank ist – Wochenrückblick KW 8/2021

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Datenschutz ist hartes Brot. Erst recht, wenn er vor Gericht geht. Wieder einmal hat das Interdiözesane Datenschutzgericht einen Beschluss veröffentlicht (IDSG 09/2020) , recht lang und kompliziert – es geht um die Frage eines möglichen Datenschutzverstoß eines Geschäftsführers eines Krankenhauses, den dieser gegenüber dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung begangen haben soll.

Zunächst entwickelt das Gericht das kirchliche Prozessrecht weiter: Auch wenn es keine Regelung zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gibt, sieht das IDSG das als möglich an: »Im Fall einer unverschuldeten Fristversäumnis erfordert es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ermöglichen.« (Nr. 44)

In der Sache dürfte das Urteil für die Zusammenarbeit von Dienstgeber*innen und Mitarbeitervertretung Rechtssicherheit schaffen – auch wenn der Fall kurios ist: Wenn der Vorsitzende der MAV krank ist – wie darf das von wem kommuniziert werden? Dass es kommuniziert werden muss, ist relativ klar, schließlich braucht es eine Vertretung. Nun ist das auch gerichtlich abgesichert, dass es hier keine Datenschutzprobleme gibt – schließlich sieht die Mitarbeitervertretungsordnung und damit ein kirchliches Gesetz vor, dass eine tatsächliche Verhinderung (und nicht bloß etwa eine versehentliche Abwesenheit) festgestellt werden muss. (Die Zusammenfassung vereinfacht grob den 17-seitigen Beschluss. Wer bei »Mitarbeitervertretung« hellhörig wird: Ob diese eine eigenständige Verantwortliche ist, wird im Beschluss nicht angesprochen.

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News, News, Newsletter abonnieren! Wochenrückblick KW 7/2021

Ich seh’s ja ein: RSS ist legacy und für Podcasts. Daher gibt es ab jetzt auch die Möglichkeit, »Artikel 91« als Newsletter zu lesen – einmal in der Woche kommen die aktuellen Nachrichten aus dem kirchlichen Datenschutz in die Inbox. Kostenlos und alle Glieder der Mailkette komplett in der EU gehostet. Zur Anmeldung zum Newsletter geht’s hier.

Ingo Dachwitz erklärt in einem sehr lesenswerten Interview in der Eule, warum gerade wieder Datenschutz bei WhatsApp auf der Tagesordnung steht und Alternativen hoch im Kurs stehen. Ingo plädiert dabei für einen klaren Datenschutzkurs, der sich nicht auf »aber wir müssen doch da hin, wo die Leute sind!« reduzieren lassen will. Dass er dazu auch Erfahrungen aus der Jugendarbeit mitbringt, merkt man: »Ein gewisser Pragmatismus ist in meinen Augen für eine Weile auch ok, aber man darf es sich nicht darin bequem machen. Wenn man den Kontakt hergestellt hat, kann man ja zum Beispiel im Konfirmandenunterricht eine Einheit dazu machen. Also auch aus christlicher Perspektive darauf schauen, warum es wichtig ist, dass Menschen Privatsphäre und das Recht auf Geheimnisse haben. Im Idealfall entscheidet die Konfi-Gruppe dann gemeinsam, wie sie künftig miteinander kommuniziert.« Pragmatismus und normative Kraft des Faktischen ersetzen keine verantwortete Medienpädagogik.

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Fotos nach dem DSG-EKD – neue Handreichung des EKD-Datenschutzbeauftragten

Der Datenschutzbeauftragte der EKD hat am Mittwoch eine neue Handreichung zu »Datenschutz bei der Anfertigung und Veröffentlichung von Fotos« veröffentlicht. Angesichts seiner letzten Veröffentlichungen könnte man mit einer besonders strengen Auslegung rechnen – tatsächlich bewegt er sich dieses Mal im eher gemäßigten Bereich der Auslegung ohne große Überraschungen.

Eine Kameralinse im Dunkeln mit blauem Lensflare.
(Bild von Gerd Altmann auf Pixabay)
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Wie übergriffig ist Öffentlichkeitsarbeit? – Anmerkungen zum Bericht der KDSA Ost

Nach den Ordensdatenschutzbeauftragten kam der erste Tätigkeitsbericht für 2019 aus dem Osten: Die Kirchliche Datenschutzaufsicht der ostdeutschen Bistümer und des Katholischen Militärbischofs hat schon vor Monaten ihren Bericht vorgelegt – auf über 100 Seiten sehr umfangreich, aber auch mit Längen.

Der Ost-DSB hat traditionell den meinungsstärksten Bericht – dabei greift er gelegentlich auch daneben. War es im letzten Jahr ein zweifelhaftes Verständnis von Pressefreiheit, ist es dieses Jahr die Instrumentalisierung des Diskurses über übergriffiges Verhalten in der Kirche. Immer wieder wird im Bericht starkgemacht, dass es beim Datenschutz um den Schutz von Menschen, nicht um den Schutz von Daten geht. Dabei schießt der DDSB aber über das Ziel hinaus:

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Alles in Ordnung bei den Orden – Tätigkeitsbericht 2019 der Ordensdatenschützer*innen

Schon im Februar haben die Gemeinsamen Ordensdatenschutzbeauftragte ihren Tätigkeitsbericht für 2019 veröffentlicht für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Januar 2020. Die Datenschutzaufsicht der Orden päpstlichen Rechts besteht aus drei Personen, die für insgesamt 236 Gemeinschaften in Deutschland zuständig sind (14 mehr als im Vorjahr) – eindeutig das beste Betreuungsverhältnis unter den kirchlichen Datenschutzaufsichten.

Der Bericht bleibt recht knapp: Vier Seiten genügen. Auf spektakuläre Einzelfälle wird nicht eingegangen, Datenpannen sind die üblichen Datenträgerverluste, Bußgelder wurden keine verhängt. Nur wenige Punkte sind bemerkenswert – und wie beim Tätigkeitsbericht des Nordwest-DDSB erfährt man auch hier Dinge, die sonst noch nirgends kommuniziert wurden.

Evaluierung des KDG

Das Gesetz über den kirchlichen Datenschutz sieht ebenso wie das für die Ordensgemeinschaften geltende KDR-OG eine Überprüfung binnen dreier Jahre nach Inkrafttreten vor – der Zeitraum läuft am 24. Mai 2021 ab. Bisher war öffentlich nichts von einer Evaluierung unter eventueller breiterer Beteiligung bekannt. Hinter den Kulissen läuft die Überprüfung schon, erfährt man aus dem Bericht, und zwar mit der Anhörung der kirchlichen Aufsichten. Erste Vorschläge würden bereits von der Arbeitsgruppe »Datenschutz und Melderecht« der Rechtskommission des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) diskutiert. »Parallel dazu wurde die Notwendigkeit festgestellt, einige Teilbereiche besonders ausdrücklich zu regeln. Es handelt sich dabei um Vorschriften aus den Bereichen Schule, Krankenhaus und Personalaktenführung. Für die Datenschutzaufsichten ist ein Verwaltungsverfahrensgesetz in Bearbeitung, welches das KDG/die KDR-OG im Hinblick auf die Verwaltungstätigkeit der Datenschutzaufsicht ergänzen soll«, erfährt man außerdem.

Das bedeutet auch: Wer sich noch in die Evaluierung des KDG einbringen will, sollte das schnell tun – sonst ist es zu spät.

Umgang mit Bilder: Weg vom »bürokratischen Monster«

Zu den Ordensdatenschutzbeauftragten gehört Jupp Joachimski, der zugleich für die bayerischen Bistümer zuständig ist. Als einziger der Diözesandatenschutzbeauftragten stammt der ehemalige Richter am bayerischen Obersten Landesgericht aus der Judikative und nicht aus der betrieblichen Compliance; schon bei der Einführung des KDG war er als einziger der (später von der Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten übernommenen) Meinung, dass die Kriterien des Kunsturhebergesetzes herangezogen werden können – eine deutliche Vereinfachung im Umgang mit Bildern. So ist wohl zu vermuten, dass die ungewöhnlich deutlich Formulierung im aktuellen Bericht auf ihn zurückgeht: »Dieser doppelte Rechtfertigungszwang [bei der Aufnahme und bei der Veröffentlichung] macht zum Beispiel das Fotografieren auf Schul- oder Pfarrfesten zu einem bürokratischen Monster. Erst mit der Zeit setzte sich in der Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten die Meinung durch, dass eine einheitliche Einwilligung ausreiche.«

Lob fürs Engagement

Der Bericht ist voll von Lob: Es wird gewürdigt, dass »sehr viele Mitglieder oder Mitarbeiter vorhanden sind, die ihre volle Arbeitsleistung in dieses Gebiet einbringen möchten«. Die Anliegen des Datenschutzes werden, so die Aufsichtspersonen, »mit großem Ernst und der Bereitschaft zur intensiven Arbeitsleistung aufgenommen«. Also alles in Ordnung bei den Orden: »Hier ist es offensichtlich allen klar, dass die Datenschutzgesetze nicht etwa die Daten als solche schützen, sondern den Menschen dahinter – eine keineswegs selbstverständlich überall anzutreffende Einsicht.«