Schlagwort-Archive: Missbrauch

Blick in die Akten – Wochenrückblick KW 29/2022

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Das Bistum Rottenburg-Stuttgart ermöglicht nun auch die Akteneinsicht zur Missbrauchsaufarbeitung bei allen Beschäftigten. Im aktuellen Amtsblatt wurde eine Ordnung zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten für die Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener in Bezug auf Personalaktendaten von Beschäftigten (OAK-DRS) veröffentlicht. Die Ordnung ist eine Premiere: Mittlerweile haben zwar mindestens 16 Bistümer Einsichtsnormen in Personalakten von Klerikern und Kirchenbeamten in Kraft gesetzt, darunter Rottenburg-Stuttgart. Aber über einen Beschluss der Bistums-KODA tatsächlich alle Beschäftigten zu erfassen, auch die nicht unmittelbaren Bistumsbeschäftigten, geht weit darüber hinaus. Ob das so zulässig ist, wird sich im Streitfall vor Gericht erweisen. (Auch bei katholisch.de habe ich darüber berichtet.)

Der Jahresbericht 2021 der Kommission der EU-Bischofskonferenzen COMECE ist erschienen. Darin gibt es auch einen kurzen Abschnitt zum Datenschutz und zum Umgang mit der DSGVO (»a permanent priority of the Catholic Church in Europe«), in dem von einer Überarbeitung der internen Richtlinien für die Bischofskonferenzen der EU, die in diesem Jahr fertig gestellt werden soll. Was darin genau steht, ist nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass es sich um das Muster-Datenschutzgesetz handelt, auf dessen Grundlage beispielsweise die polnische, die maltesische und die spanische Bischofskonferenz ihr Datenschutzgesetz erlassen haben. Außerdem erfährt man vom Datenschutz-Austauschtreffen der COMECE, von dem bereits der polnische Datenschutzbeauftragte (KIOD) berichtet hatte. Thema war außerdem die Rechtsgrundlage berechtigtes Interesse und das Zusammenspiel von DSGVO und Kirchenrecht. Zudem werden datenschutzrechtliche Fälle mit Kirchenbezug gesammelt.

Bei Nebentätigkeiten entwickeln Dienstgeber häufig eine ungesunde Neugierde und haben wenig im Blick, was erforderlich ist und dass Nebentätigkeiten auch von Grundrechten geschützt sind. Da ist es sehr hilfreich, wenn die KDSA Ost eine kleine Handreichung zur Verfügung stellt, wie der Datenschutz dabei ins Spiel kommt.

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Entspannung in Hessen – Wochenrückblick KW 23/2022

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Die Datenschutzkonferenz hat auf ihrer jüngsten Sitzung laut Protokoll ein Gutachten mit dem Titel »Rechtliche Möglichkeiten zur Stärkung und Institutionalisierung der Kooperation der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK 2.0)« beraten (eine IFG-Anfrage ist bereits gestellt). Besonderes Engagement, die spezifischen – also auch die kirchlichen – Aufsichtsbehörden besser einzubinden, ist nicht zu erwarten. Aber man lässt sich ja gern überraschen.

Der 50. Tätigkeitsbericht der Hessischen Datenschutzaufsicht ist erschienen. Darin wird wie erstmals im vergangenen Jahr auch die Kategorie »Religionsgemeinschaften« in der Eingabenstatistik aufgeführt. Beschwerden (2) und Beratungen (3) gingen im Vergleich zum Vorjahr deutlich von zuvor insgesamt 23 zurück. Im vergangenen Jahr ging es hauptsächlich um die Zeugen Jehovas und Mormonen, insbesondere mit Blick auf Werbung, Briefe und Datenlöschung bei Austritt, wie die Sprecherin damals mitteilte, die aktuelle Anfrage ist noch nicht beantwortet. Dieses Mal gab es außerdem Weisheit aus dem Aufsichtsalltag: »Datenschutzrechtliche Beschwerden entstammen dem prallen Leben und ihre Bearbeitung erfordert neben datenschutzrechtlichem Sachverstand oft auch Humor, Empathie oder auch die Beschäftigung mit Websites, die ansonsten von dienstlichen Rechnern nicht aufgerufen werden sollten.«

Die Normen zur Einsichtnahme in Personalakten zur Missbrauchsaufarbeitung tröpfeln immer noch ein – nun hat das Bistum Passau das Gesetz in Kraft gesetzt, nach meiner Statistik die 16. Diözese.

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Bischofs-Outing – Wochenrückblick KW 14/2022

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Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat in einer Videokonferenz vor Bistumsmitarbeitenden das Pseudonym der Missbrauchsbetroffenen Karin Weißenfels gebrochen. Laut dem Trierer Volksfreund, der zuerst darüber berichtete, habe Ackermann gesagt, wenn jetzt schon offen über Namen gesprochen werde, dann nenne er auch den Namen der beteiligten Person. Ackermann hat laut Volksfreund eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Christiane Florin begleitet den Fall Weißenfels im Deutschlandradio schon länger und fasst in einem Interview die Geschehnisse zusammen. Darin gibt es auch eine Stellungnahme der Unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch Kerstin Claus, in dem sie auch auf den kirchlichen Datenschutz abhob:

»Persönlichkeitsrecht und datenschutzrechtliche Vorgaben werden oft von Institutionen angeführt, um die Namen von Tätern und Täterinnen nicht zu nennen. Umso wichtiger ist, dass auch der Personen- und Datenschutz Betroffener konsequent anerkannt und umgesetzt wird. Es muss sichergestellt werden, dass sensible Daten und Informationen von Betroffenen, und dazu gehört auch die Nennung des Klarnamens ohne Freigabe von Betroffenen, nicht weitergegeben werden. Durch den Verstoß wird die Integrität der betroffenen Person ein weiteres Mal schwer verletzt. In diesem Fall ist es besonders gravierend, weil viele im Bistum Trier die Betroffene als Kollegin dadurch identifizieren können. Die Einreichung einer Unterlassungsklage ist für Betroffene ein wichtiges Signal, weil sie zeigt, dass das Recht auf betroffenensensiblen Umgang und die Einhaltung von Rechtsnormen erfolgreich durchgesetzt werden kann. Die Kirchen sollten diesen Fall zum Anlass nehmen, ihre Regelungen zum Datenschutz und dem damit einhergehenden kirchlichen Verwaltungsverfahren eingehend zu prüfen. Dies sollte sich grundsätzlich orientieren an den berechtigten Belangen Betroffener, auch und gerade im Bereich Persönlichkeitsrecht und Datenschutz.«

(UBSKM Kerstin Claus im DLF; eigene Transkription auf Grundlage des DLF-Audios, Hervorhebung ergänzt.)

Mit Blick auf den vorliegenden Fall ist das kirchliche Datenschutzrecht wohl recht schwach aufgestellt: Ein immaterieller Schadenersatz wäre denkbar; leider ist der Rechtsweg unklar, auf dem dieser erstritten werden könnte – die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit ist jedenfalls nicht zuständig. Das mutmaßlich einschlägige Universalkirchenrecht kennt in can. 220 CIC (»Niemand darf […] das persönliche Recht eines jeden auf den Schutz der eigenen Intimsphäre verletzen«) keine Sanktionen. Auf Twitter äußert sich außerdem Doris Reisinger zum Machtungleichgewicht bei der Durchsetzung von Persönlichkeitsrechten.

Mittlerweile haben 15 Bistümer Normen zur Einsicht in Personalakten zur Missbrauchsaufarbeitung erlassen. Erst jetzt erschien das Fuldaer Amtsblatt Nr. 2/2022 online, das unter dem Titel »Gesetz zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten der Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener« die bislang eigenständigste Umsetzung der DBK-Musternorm vorgenommen hat. Im Unterschied zur Musternorm, die mit der Bezeichnung »Bedienstete« wohl auf den Sprachgebrauch der Personalaktenordnung abhebt und lediglich die Personalakten von Klerikern und Kirchenbeamt*innen erfasst, erweitert das Fuldaer Gesetz die Reichweite des Begriffs auf alle Beschäftigte, gleich welcher Rechtsform, solange sie bei einem der bischöflichen Gewalt unterworfenen Rechtsträger beschäftigt sind. Anders als die Musternorm wird eine viel stärkere Verortung im Kirchen- wie im Beamtenrecht vorgenommen, Begriffsbestimmungen sorgen für mehr Klarheit, neben Personal- werden auch relevante Sachakten erfasst und die Aufarbeitungskommission darf Betroffenen in deren Fällen Akteneinsicht gewähren. Insgesamt wirkt das Fuldaer Gesetz erfreulich durchdacht und betroffenenorientiert, wenn hier auch lediglich die Übermittlung an die Kommission, nicht für Forschung und an Kanzleien geregelt wird. Allein schon, dass mit der klaren Bezeichnung »Gesetz« statt der schwammigen »Normen« die Rechtsqualität deutlich gemacht wird, muss man im Feld der tendentiell wurstigen bischöflichen Gesetzgebung schon positiv hervorheben.

Die Evaluierung des KDG findet bisher ohne Beteiligung der Öffentlichkeit statt. Dass es in der kirchlichen Gesetzgebung auch anders geht, zeigen die fünf nordrhein-westfälischen Bistümer mit ihrem Vorgehen bei der Ablösung des »Preußischen Gesetzes über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens« durch kirchliche Gesetze. Schon lange vor Inkraftsetzung durch die Gesetzgeber wird in allen Bistümern ein umfangreiches Beteiligungsverfahren gestartet auf der Grundlage eines ausführlich kommentierten Gesetzesentwurfs – das sollte Schule machen.

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Bistum Essen adaptiert Personalaktenordnung für alle Beschäftigte

Die Personalaktenordnung für Kleriker und Kirchenbeamte ist eine Frucht der Missbrauchsaufarbeitung in der Kirche. Viele Gutachten bestätigten, was Missbrauchsbetroffene schon lange wussten: Täter konnten dank nachlässiger und manipulativer Aktenführung versetzt werden, sei es im Bistum, sei es über Bistumsgrenzen hinaus, und Taten und Verdachtsmomente waren aus den Akten, aus der Welt.

Neben dem Essener Dom ist das Amtsblatt des Bistums zu sehen
(Bildquelle: Tuxyso / Wikimedia Commons / CC-BY-SA-3.0, CC BY-SA 3.0, Link, zugeschnitten und Montage mit dem Amtsblatt 3/2022 des Bistums Essen.)

Mittlerweile haben wohl alle Bistümer eine einheitliche Personalaktenordnung erlassen, um das zu kontern – aber damit werden natürlich nur ein Bruchteil der kirchlichen Beschäftigten erfasst: Die Mehrheit sind keine Kleriker, Kirchenbeamte die Ausnahme. Das Bistum Essen hat nun überraschend als erste Diözese eine der PAO analoge Ordnung für seine Mitarbeiter*innen erlassen: Im aktuellen Amtsblatt ist eine »Verordnung über die Führung von Personalakten und Verarbeitung von Personalaktendaten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bistums Essen« (hier PAO-MA abgekürzt) in Kraft gesetzt worden. Die hat überwiegend Parallelen zur bekannten PAO – aber auch einige Unterschiede.

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Austreten und ausmisten – Wochenrückblick KW 9/2022

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Bei der Recherche zur Frage nach der Kommunikation nach Kirchenaustritt habe ich die Südwest-Diözesandatenschutzbeauftragte Ursula Becker-Rathmair auch gefragt, ob in der Praxis eigentlich datenschutzrechtliche Konflikte im Zusammenhang mit Austritten auftreten. Ihre Antwort: »Auch in der aktuellen Welle der Kirchenaustritte hatten wir bisher noch keine Beschwerden von Betroffenen in Bezug auf einen Kirchenaustritt. Vor einiger Zeit gab es einmal den Fall eines Pfarrers, der am Jahresende nicht nur die Zahl der Taufen im Gottesdienst mitteilte, sondern auch namentlich die aus der Kirche Ausgetretenen. So etwas geht natürlich nicht, da hätten wir erhebliche Bedenken.«

Nach der aktuellen Empfehlung der katholischen Datenschutzkonferenz zu Social Media und Messengerdiensten und der deutlichen Aussage der KDSA Ost zu Telegram war es klar, dass die verbliebenen Telegram-Erlaubnisse auch nicht mehr lange Bestand haben werden. Wie angekündigt hat das Bistum Regensburg nun seine Empfehlungen überarbeitet, wie aus dem aktuellen Amtsblatt hervorgeht: »Aus Sicht des Datenschutzes können für die dienstliche Kommunikation derzeit, nicht abschließend folgende Messenger-Dienste eingesetzt werden: Threema, Ginlo.
Die Messenger-Dienste Whatsapp und Telegram erfüllen die oben genannten Kriterien nicht. Die Verwendung dieser Dienste ist daher für eine dienstliche Kommunikation datenschutzrechtlich unzulässig.«

Die KDSA Ost erinnert ans Ausmisten: »Mittlerweile dürfte den meisten bekannt sein, dass personenbezogene Daten nach den Datenschutzgesetzen nicht auf ewig aufbewahrt werden dürfen.« Der Diözesandatenschutzbeauftragte gibt praktische Tipps zur Umsetzung von Löschfristen inklusive Rechenbeispielen. Bevor man in einer kirchlichen Einrichtung jetzt aber fröhlich ans Schreddern geht, sollte lieber noch einmal überprüft werden, ob nicht vielleicht stattdessen eine Archivierungspflicht besteht – die sieht beispielsweise die katholische Archivordnung vor.

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Rechtskultur im Presbyterium – Wochenrückblick KW 8/2022

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Entscheidungen evangelischer Gerichte mit Datenschutzbezug sind nach wie vor rar. Immerhin eine mit Bezug zum Persönlichkeitsrecht ist jetzt in der Evangelischen Kirche der Pfalz ergangen. Das Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Landeskirche hatte darüber zu entscheiden, ob Mitglieder des Presbyteriums Führungszeugnisse vorliegen müssen, wie es das 2019 von der Landessynode im Gesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt vorgesehen ist. Leider wurde die Entscheidung bislang nicht veröffentlicht. Laut der Pressemitteilung der Landeskirche begründete das Gericht die Ablehnung der Klage von vier Presbytern aus Schifferstadt damit, dass der Eingriff in die persönlichen Rechte aufgrund des »übergeordneten Ziels« verhältnismäßig sei. Das gesamte Presbyterium als Kirchenleitung vor Ort sei gefragt, mit dem Thema Missbrauch vorbildlich umzugehen.

Die Tübinger Kirchenrechtlerin Sarah Röser, die in Freiburg zum kirchlichen Arbeitsrecht promoviert, hat sich in Feinschwarz mit kirchlicher Rechtskultur im Kontext der Debatte um die katholische Grundordnung des kirchlichen Dienstes befasst. Ihre Beobachtungen zu einer mangelnden Rechtskultur treffen nicht nur im kirchlichen Arbeitsrecht: »Da verkündet der Papst seine neuesten Gesetze in der Tageszeitung des Vatikanstaats anstatt im dafür vorgesehenen amtlichen Publikationsorgan, da publizieren Diözesanbischöfe ihre Gesetze gar nicht oder fehlerhaft in ihren kirchlichen Amtsblättern, da werden Gesetze nur angewendet, wenn es den kirchlichen Autoritäten gefällt, und unterlaufen, wenn sich unerwünschte Konsequenzen ergeben. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.« Röser fordert klare, korrekt promulgierte Normen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Zu dem Thema habe ich für katholisch.de mit dem Tübinger (weltlichen) Arbeitsrechtler Hermann Reichold gesprochen – der kommt überraschenderweise zu dem Schluss, dass bischöfliche Selbstverpflichtungen durchaus eine gewisse Sicherheit bieten könnten: »Wenn ein Bischof so etwas kommuniziert, dann ist das zwar nur eine freiwillige Selbstbeschränkung, die nicht in legislativer Form erfolgt. Aber es spricht exekutiv eine eindeutige Sprache.« Das ist dann aber Machtkultur, keine Rechtskultur.

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12 von 27 Bistümern mit Normen zur Akteneinsicht zur Missbrauchsaufarbeitung

Seit gut einem Vierteljahr gelten die ersten Normen zur Akteneinsicht und -auskunft zur Missbrauchsaufarbeitung im katholischen Bereichbegonnen hatten Osnabrück und Trier. Anders als die EKD, die in ihr für alle Landeskirchen geltendes Datenschutzgesetz eine einheitliche Norm aufgenommen hat, steht es im Benehmen der einzelnen Diözesanbischöfe, die auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz erlassene Musternorm in Kraft zu setzen – oder auch nicht.

Ein hoher Stapel Akten liegt auf einem Tisch
(Bildquelle: Wesley Tingey on Unsplash)

Die Musternorm gehört in den Regelungsbereich der Personalaktenordnung, die in allen deutschen Bistümern zum 1. Januar in Kraft gesetzt werden sollte. Nach drei Monaten gibt es nun die erste Bilanz über die Gesetzgebungstätigkeit hinsichtlich der Akteneinsicht.

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TTDSG, Jubiläen und Böhmermann – Wochenrückblick KW 50/2021

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Der BfD EKD hat eine FAQ-Liste zum TTDSG veröffentlicht, die einen allgemeinen Blick auf die neuen Verpflichtungen richtet. Ob das TTDSG überhaupt für alle kirchlichen Einrichtungen gilt, ist aufgrund des § 1 Abs. 3 TTDSG geregelten Anwendungsbereichs nicht ganz offensichtlich; dort ist die Rede von »alle[n] Unternehmen und Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine Niederlassung haben oder Dienstleistungen erbringen oder daran mitwirken oder Waren auf dem Markt bereitstellen«; die Formulierung sollte nach Auskunft des federführenden Wirtschaftsministeriums jedoch lediglich das Marktortprinzip festlegen, nicht den Anwendungsbereich auf Körperschaften einschränken, die »Unternehmen« im engeren Sinn sind. Der BfD EKD bejaht daher auch die Anwendung für kirchliche Stellen: »Ja, das TTDSG gilt auch für kirchliche und diakonische Stellen, soweit sie als Anbieter von Telekommunikationsdiensten oder als Anbieter von Telemediendiensten wie z.B. Websitebetreiber auftreten.«

Bei den Informationspflichten scheint einiges im Argen zu liegen – kein Wunder: Viel mehr als Datenschutzhinweise mit Textbausteinen auf Webseiten bekommt man oft nicht zu sehen. Dazu hat sich die KDSA Ost geäußert. »Merke!«, heißt es dort: »Immer wenn personenbezogene Daten erhoben werden, muss die Informationspflicht erfüllt werden.« Von den wenigen Ausnahmen solle nur zurückhaltend Gebrauch gemacht werden – sicherheitshalber werden die Ausnahmen auch gar nicht genannt. Die werden grundsätzlich aus den Ausnahmen der §§ 32f. BDSG geschöpft, allerdings wie üblich mit einer kirchlichen Anpassung: Die Informationspflicht besteht nicht, »wenn durch die Auskunft die Wahrnehmung des Auftrags der Kirche gefährdet wird« (§ 15 Abs. 5 lit. c KDG – ohne die Interessensabwägung aus § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDSG) – in diesen Fällen besteht auch kein Auskunftsrecht (§ 17 Abs. 6 lit. a) KDG).

Am Fachbereich Theologie der Universität Frankfurt fand eine Tagung zu Primärquellen in der Missbrauchsforschung statt. Ein Schwerpunkt war dabei auch der Umgang mit kirchlichen Archiven. Einen kurzen Tagungsbericht gibt es dazu von der KNA bei katholisch.de mit Blick auf Bistumsarchive, die oft nicht vollständig sind. Über den Vortrag der Kirchenhistorikerin Alexandra von Teuffenbach zu ihren Erfahrungen bei der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe gegen den Schönstatt-Gründer Josef Kentenich und zur Zugänglichkeit der Vatikan-Archive habe ich eine Meldung veröffentlicht.

Das Bistum Rottenburg-Stuttgart hat seine Jubiläumsordnung aktualisiert, die neben der Veröffentlichung von Jubiläen auch die von Sakramentenspendungen und anderen Ereignissen regelt. Das gibt es in einigen Bistümern – aber so umfassend wie hier wohl selten: Grundsätzlich veröffentlicht werden dürfen neben Dienst- und Weihejubiläen in kircheneigenen Medien Geburt, Taufe, Erstkommunion, Firmung, Trauung sowie Alters- und Ehejubiläen von Mitgliedern der Kirchengemeinden.

Die Log4Shell-Sicherheitslücke hat auch einige kirchliche Aufsichten zu Warnungen und Hinweise auf die Informationen des BSI bewogen. Das Pro-Magazin hat dazu noch einige Anbieter von Standardsoftware für Gemeinden angefragt, die für ihre Dienste Entwarnung geben können.

Für katholisch.de habe ich über die neuen Kriterien der katholischen Datenschutzkonferenz für Messenger berichtet. Das Bistum Würzburg teilte mir dazu mit, dass für den Bistumskanal ein Umstieg von Telegram auf Signal geplant sei: „Der Abschied von Telegram geschieht vor allem aufgrund der Kultur Telegrams, die nicht nur seitens des Herstellers undurchsichtig ist, sondern auch von Nutzern für radikale, gesetzeswidrige und gefährliche Inhalte genutzt wird“, so der Sprecher.

»Comminuite, perdite, publicate, moderate Facebook!«, forderte Jan Böhmermann in seiner letzten Sendung und lässt auf der umfangreichen Seite zur Sendung (unter anderem mit Interviews mit Frances Haugen und Max Schrems) eigentlich nur die Frage offen, ob es nicht eigentlich »Facebookem« heißen müsste. Das Video zum Facebook-Requiem wurde in der Kölner Kirche St. Engelbert gedreht – der Pfarrer fand’s nach Lesen des Drehbuchs unterstützenswert, hat er mir erzählt.

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Neue Rechtsgrundlagen für Akteneinsicht zur Aufarbeitung

Die Bistümer Osnabrück und Trier haben Rechtsgrundlagen für Einsichts- und Auskunftsrechte in Personalakten von Klerikern geschaffen, um Aufarbeitung zu erleichtern. In den aktuellen Amtsblättern haben die Bischöfe Ackermann und Bode zusätzlich zur hier schon besprochenen Personalaktenordnung jeweils ein Gesetz erlassen, das die in der PAO schon allgemein festgeschriebene Datenweitergabe für Kleriker und zur Aufarbeitung spezifiziert.

Sieht aus wie ein Hängeregister mit Akten, ist aber ein Plattenschrank
(Symbolbild, Photo by Mr Cup / Fabien Barral on Unsplash)

Auch wenn es sich anscheinend hier nicht um eine Parallelgesetzgebung handelt, die von der Bischofskonferenz vereinbart und in allen Bistümern umgesetzt werden soll, sind die Kernregelungen weitgehend identisch – und weisen auch eine gewisse Übereinstimmung mit der im Sommer neu eingeführten Aufarbeitungsrechtsgrundlage im DSG-EKD auf. (Einen ersten knappen Überblick gab es bereits gestern von mir auf katholisch.de.)

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Synodensaison – Wochenrückblick KW 45/2021

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Es ist Synodensaison – und Datenschutz steht auf der Tagesordnung. Bei der EKD-Synode Anfang der Woche nur unter »ferner liefen«: Die hier schon besprochene Änderung des DSG-EKD zur institutionellen Missbrauchsprävention, die als gesetzesvertretende Ordnung erlassen wurde, musste noch von der eigentlichen Gesetzgeberin beraten werden – die hat das allerdings ohne Debatte zur Sache in den Rechtsausschuss überwiesen, der hat weder Änderung noch Aufhebung vorgeschlagen, ohne Antrag auf Änderung oder Aufhebung ist die Änderung damit dauerhaft. Bei der gerade tagenden Synode des Alt-Katholischen Bistums steht eine Änderung der Kirchlichen Datenschutzordnung auf der Tagesordnung (Antrag 18) – laut Zeitplan heute nachmittag, inhaltlich ging es hier schon einmal darum. In der kommenden Woche tagt dann die Synode der Nordkirche – hier legt der Beauftragte für den Datenschutz seinen Bericht vor, und die Synodalen haben über ein »Kirchengesetz zur Übertragung der Datenschutzaufsicht« zu beraten. Um was es darum geht (soll die Aufsicht an die EKD übergehen?), ist noch nicht bekannt.

Die Curacon hat auf ihrem YouTube-Channel den Krankenhausseelsorger des Sendenhorster St.-Josef-Stifts zu Seelsorgekonzepten mit Blick auf den Patient*innen-Datenschutz interviewt. Das Gespräch ist sehr erhellend für das Verständnis des Seelsorge-PatDSG und seinem Begriff der implementierten Seelsorge, indem dort die Veränderung der Krankenhausseelsorge dargestellt wird: Von einer reinen Sakramentenpastoral über eine gesprächsorientierte Pastoral hin zu systemorientierter Spiritual Care, bei der Seelsorgende ins Behandlungskonzept eingebunden werden – und wie das transparent in Verfahren und Behandlungsverträgen abgebildet sein muss.

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