Das DSG-EKD ist novelliert, für das KDG liegt immerhin ein Entwurf für die Novelle vor – zum Ende des Jahres kam noch einmal deutlich Bewegung in die kirchliche Datenschutzlandschaft. Corona ist endgültig Geschichte, Datentransfers in die USA laufen rund, Dauerbrenner wie Facebook-Fanpages werden auf ganz kleiner Flamme gekocht – und immer wieder gehört Missbrauchsaufarbeitung zu den Themen, die kontrovers diskutiert werden und zu denen sich Gerichte äußern.
Aus den Aufsichten
- Das KDSZ Bayern hat eine Social-Media-Offensive gestartet: Erst ging die Mastodon-Instanz katholisch.social an den Start, dann eine für Friendica.
- Der BfD EKD hat ein Bußgeldkonzept vorgelegt – das so hohe Bußen aufruft, dass es erst mit der 2025 in Kraft tretenden DSG-EKD-Novelle ausgereizt werden kann. Von einem tatsächlich verhängten evangelischen Bußgeld weiß man aber immer noch nichts.
- Die katholischen Aufsichten Nord und Südwest haben eine Prüfung zum Umgang mit Datenpannen gestartet.
- Das KDSZ Dortmund hat eine neue Satzung bekommen, die einige Kritikpunkte aufgreift.
- Die KDSA Nord ist immer noch keine KdÖR.
- Die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und spezifischen Aufsichten ist immer noch holperig.
Tätigkeitsberichte
Als gerade Jahr war 2024 kein evangelisches Berichtsjahr, daher gab es nur katholische Berichte – wenn auch nicht alle: Bayern muss noch liefern.
- Ordentlich gelobt – Bericht der Ordensdatenschutzaufsicht 2023
- Renitente Verantwortliche – Tätigkeitsbericht 2023 der KDSA Ost
- Aufsichtserschütterndes Urteil dräut – Tätigkeitsbericht 2023 des KDSZ Frankfurt
- Harmonisiertes Bußkonzept – Tätigkeitsbericht der KDSA Nord 2023
- Sehr externe Datenschutzbeauftragte – Tätigkeitsbericht des KDSZ Dortmund 2023 (ergänzt nach Erscheinen am 23. Dezember)
Aus den Gerichten
Kirchliche Gerichte
- Die katholischen Datenschutzgerichte wenden statt kirchlichem Prozessrecht die staatliche Verwaltungsgerichtsordnung analog an – warum und wie, erläuterte das DSG-DBK in seiner Entscheidung.
- Das IDSG hat festgestellt, dass Missbrauchsaufarbeitung im erheblichem kirchlichen Interesse ist – noch steht die Entscheidnug der zweiten Instanz aus.
- Ebenfalls in kirchlichem Interesse: Haustürwerbung für die Kirchenzeitung – ein Fall, der (wie Quellen berichten) es sogar schon in die Kanonist*innen-Ausbildung in Münster geschafft hat, außerdem gab es eine Anhörung des DSG-DBK; die Entscheidung der zweiten Instanz steht indessen noch aus.
- Noch ein Fall zum kirchlichen Interesse: Opferschutz bei einem illegalen Exorzismus.
- Sehr erfreulich ist, wenn es Einblicke in die Arbeit der Gerichte über die Entscheidungen hinaus gibt – der Vorsitzende Richter des DSG-DBK, Gernot Sydow, hat von seiner Arbeit berichtet.
Staatliche Gerichte
- Ein Dauerbrenner-Thema ist die Frage nach dem Löschrecht bei Taufbucheinträgen. Während der französische Staatsrat im Februar keins sah, wollte der belgische Märktegerichtshof über die Beschwerde gegen eine Entscheidung der Datenschutzaufsicht nicht selbst klären: Im Dezember legte das Gericht dem EuGH entsprechende Fragen vor.
- Das BayObLG hat sich mit der Frage nach der Verwendung staatlicher Strafprozessakten in kirchlichen Verfahren befasst und der Kirche Grenzen aufgezeigt.
- Das VG Berlin sieht sich nicht zuständig für Rechtsmittel gegen Bescheide der Aufsicht von Jehovas Zeugen. Wer dann zuständig ist? Das konnte oder wollte mir die Aufsicht der Zeugen nicht beantworten.
- Das Bundesarbeitsgericht hat zwar kein Recht auf Kopie im DSG-EKD gefunden, aber dennoch auf ein Recht auf Kopie entschieden – allerdings rein über den arbeitsrechtlichen Weg.
Themen
- Wieder ist die Frage nach dem Verhältnis von Missbrauchsaufarbeitung und Datenschutz groß gewesen. In Augsburg haben Ansprechpersonen im Streit um Akteneinsicht hingeschmissen, in einem Sammelband zur Aufarbeitung beschäftigten sich mehrere Beiträge mit Datenschutz, Akteneinsicht bleibt ein Thema, das Betroffene umtreibt, und auch die Trierer Aufarbeitungskommission will Klarheit.
- Die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit unabhängiger Aufarbeitungskommissionen wurde kontrovers diskutiert: der Ordensdatenschutzbeauftragte Jupp Joachimski sieht Auftragsverarbeitung, die katholische Datenschutzkonferenz eigene Verantwortliche.
- Ich habe mich intensiv mit der Frage beschäftigt, unter welchen Bedingungen katholisches Datenschutzrecht in kirchlichen Vereinen gilt und meine kirchenrechtliche Masterarbeit dazu veröffentlicht.
Gesetzgebung
Kirchliche Gesetzgebung
- Einer der letzten weißen Flecken der europäischen Datenschutzlandkarte wurde teilweise geschlossen: Der Vatikanstaat hat sich ein Datenschutzgesetz gegeben.
- Weitere Bistümer haben Aufarbeitungsnormen verabschiedet, üblicherweise nach den bekannten Musterordnungen. In Hildesheim und Osnabrück hat man sich dagegen am DSG-EKD orientiert.
- Das größte Thema war das DSG-EKD: Die Synode hat die Novelle beschlossen – am 1. Mai 2025 tritt sie in Kraft.
- In derselben Woche veröffentlichte die DBK den Entwurf der KDG-Novelle – bis zum 31. Januar läuft ein geschlossenes Anhörungsverfahren.
Staatliche Gesetzgebung
- Mit dem Ampel-Aus sind auch die datenschutzrechtlichen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung erst einmal Makulatur: Weder das Beschäftigtendatengesetz noch die Novelle des BDSG dürften so bald kommen, obwohl es in beiden Fällen dieses Jahr über Bewegung gab.
- Das große Debattenthema um den kirchlichen Datenschutz war die Frage nach der Aufsichts-Zuständigkeit für körperschaftlich verfasste Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften ohne eigene Aufsicht. Der Bundesrat hat dazu eine Initiative vorgelegt, die DSK hat eine Regelung gefordert. Christian Peter Wilde hält den Bundesrats-Vorschlag für verfassungswidrig, Cornelia Thum hielt dagegen, und ich habe die Debatte zusammengefasst.
Gastbeiträge
- Matthias Ullrich: Kündigung nach Kirchenaustritt – mit Steuerdaten?
- Ralph Wagner: Einklang als Angemessenheit – ein neuer Ansatz zur Auslegung von Art. 91 DSGVO
- Ralph Wagner: Evaluierung des EKD-Datenschutzgesetzes – ein alternativer Vorschlag
Praktisches
- Darf man Seelsorgedaten digital verarbeiten – und wie?
- Passworte im kirchlichen Datenschutz
- Lebenswichtig, berechtigt, kirchlich: Interessensgrundlagen im kirchlichen Datenschutz
Aus der Welt
Auf den weltlichen Datenschutz schauen wie schon in den letzten Jahren bewährt umfassend informiert das Dresdner Institut für Datenschutz und Dr. Datenschutz zurück.
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