Systematisch büßen – Wochenrückblick KW 9/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 9/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Bußgeldkonzept des BfD EKD

Der BfD EKD hat ein Bußgeldkonzept veröffentlicht. In sechs Schritten wird damit die Bußgeldhöhe bestimmt. Die ersten drei Schritte sind lediglich Rechenschritte, um von einer Eingruppierung von Unternehmen in Größenklassen zu einem »wirtschaftlichen Grundwert« für die Bußgeldbemessung zu kommen, der dann noch mit Faktoren für die Schwere und weitere Umstände des Verstoßes multipliziert wird. Der wirtschaftliche Grundwert ist ein Tagessatz, der von 694 Euro für die kleinsten bis 1,4 Millionen Euro für die größten Unternehmen reicht. Der Schwerefaktor liegt zwischen 1 und 3, für die Berücksichtigung sonstiger Umstände werden keine Faktoren benannt. Dass Bußgelder gemäß § 45 Abs. 5 DSG-EKD auf 500.000 Euro gedeckelt sind, wird nicht erwähnt. Da Schwere ausdrücklich als Faktor genannt wird, dürfte bei geringer Schwere nicht noch einmal zusätzlich reduziert werden – so könnte ein fehlgelaufener Arztbrief in einem 88-Millionen-Umsatz-Krankenhaus mit 208.000 Euro bebußt werden; in einem solchen Fall hatte die KDSA Ost 2.100 Euro verhängt.

Das Bußgeldkonzept der evangelischen Aufsicht folgt im Vorgehen dem der DSK von 2019, kommt aber mit weniger Optionen aus: so hat die DSK zum Beispiel sechs Schweregrad-Multiplikatoren vorgesehen, nicht nur drei. BfD-EKD-Bußgelder sind nach Modell in der Regel wohl geringer als äquivalente nach DSK-Konzept. Weiterhin unbekannt ist, wie viele Bußen der BfD EKD überhaupt ausgesprochen hat, was schwierig ist: Nur gegen Stellen, die als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, kann gemäß DSG-EKD überhaupt ein Bußgeld verhängt werden. Das Bußgeldkonzept impliziert, dass es bereits welche gab, da an einer Stelle steht, dass bereits verhängte Bußen unberührt bleiben.

Akteneinsichtsrechte für Missbrauchsbetroffene in Essen

Im Bistum Essen wurden im aktuellen Amtsblatt weitere Ordnungen für die Akteneinsicht erlassen. Schon seit Januar 2023 gibt es eine Einsichtsnorm für Personalakten auf Grundlage der Musternorm. Nun wurde – ebenfalls auf Grundlage der einschlägigen Musternorm auch eine Ordnung für die Verwendung von Sachakten für die Aufarbeitung erlassen.

Die zweite in Kraft gesetzte Ordnung ist eine Premiere: eine »Ordnung zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten von Betroffenen sexuellen Missbrauchs und Dritten«. Mit der Ordnung wird eine Lücke geschlossen: Der bisher bestehende datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch ist mächtig, hat aber deutliche Grenzen – insbesondere dürfte in der Regel keine umfassende Einsicht in Täterakten möglich sein. Mit der neuen Ordnung haben Missbrauchsbetroffene nun ein »Einsichts- und Auskunftsrecht in Sachakten, die einen Bezug zu dem sie betreffenden Missbrauchsvorwurf oder der Missbrauchstat haben«. Geschwärzt werden lediglich personenbezogene Daten Dritter, die nicht Beschuldigte, Täter oder Verantwortliche sind. Grundsätzlich ist nur eine Einsichtnahme möglich, keine Kopien und Abschriften, unter bestimmten Bedingungen kann das Bistum aber Kopien zur Verfügung stellen. Bei Personalakten gilt weiterhin die Personalaktenordnung mit ihren Regelungen zur Auskunft an Dritte (§ 15 PAO). Das Bistum weist in seiner Pressemitteilung aber darauf hin, dass seit Anfang des Jahres die Teile der Personalakten, die Fälle von sexualisierter Gewalt betreffen, in die Sachakten übernommen werden. Alle Kosten der Akteneinsicht im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt trägt das Bistum.

Wiedervorlage Hannover und KdÖR

Der Streit um das Datenschutzrecht der SELK zieht sich. Nachdem Ende 2022 das VG Hannover das Datenschutzrecht der Kirche verworfen hatte, legte die SELK vor einem Jahr Berufung ein. Auf Anfrage teilte ein Sprecher des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts mit, dass noch kein Termin für das Verfahren unter dem dortigen Az. 14 LC 6/24 feststeht.

Nichts Neues gibt es außerdem von den Beratungen zwischen Bund und Ländern über die Zuständigkeit von Aufsichten für öffentlich-rechtlich organisierte Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Laut einem Sprecher des Bundesinnenministeriums haben sich Bund und Länder zuletzt in diesem Monat dazu ausgetauscht. Zu den Inhalten der Gespräche äußerte er sich nicht. Nur in Bayern sieht sich keine Aufsicht für zuständig an. Kern des Problems ist, dass die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder nur festlegen, wer für öffentliche und wer für nicht-öffentliche Stellen zuständig ist, während eine Zuständigkeit für öffentlich-rechtlich verfasste Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften nicht geregelt ist.

Auf Artikel 91

  • Der LfDI BW hat eine FAQ zur Datenweitergabe durch Meldebehörden veröffentlicht, wo alle Möglichkeiten aufgezählt wird, wann Meldedaten an wen weitergereicht werden und was man dagegen tun kann – auch die Datenweitergabe an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften gemäß § 42 BMG.

Kirchenamtliches

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