Archiv der Kategorie: Praxis

Respektvolle Mediennutzung im Erzbistum Freiburg

Kirchliche Social-Media-Guidelines stehen nicht im besten Ruf. Die kontroverse Debatte um den Augsburger Social-Media-Codex von 2017, der Bistumsmitarbeitenden umfassende Regeln bis ins Privatleben auferlegte, dürfte einigen noch in Erinnerung sein.

Hände tippen auf einem Smartphone eine Nachricht
(Bildquelle: Pradamas Gifarry on Unsplash)

An unerwarteter, aber letztlich einsichtiger Stelle findet sich nun die jüngste Regelung für kirchliche Beschäftigte: Der im aktuellen Amtsblatt veröffentlichte »Spezifische Teil des Verhaltenskodex für pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Erzdiözese Freiburg« enthält auch einen Abschnitt zum »Umgang mit und Nutzung von Medien und sozialen Netzwerken«.

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Kann man Einträge im Taufregister löschen lassen?

Taufregister sind für die Ewigkeit – wie das Taufsakrament. Auch nach einem Kirchenaustritt bleibt der Eintrag in den Kirchenbüchern erhalten. Das ist konfliktträchtig: Die Frage, ob das »Recht auf Vergessenwerden« auch für die kirchlichen Matrikel gilt, sorgt immer wieder für Konflikte und Unverständnis, wenn entsprechende Löschbegehren abgelehnt werden. Und das werden sie immer.

Kirchenbücher aus Stettin
Bildquelle: Clemens Schulz, Kirchenbücher, CC BY-SA 4.0

Tatsächlich findet sich in der Datenschutzgrundverordnung keine besondere Ausnahme für Kirchenbücher. Dennoch zieht sich durch die Rechtsprechung die Tendenz, dass nicht von einem Löschanspruch ausgegangen wird. Ein Blick in einschlägige Fälle aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten und zum theologischen Hintergrund zeigt, dass die Hoffnung, den eigenen Tauchbuch-Eintrag löschen zu lassen, wohl nicht erfüllt wird.

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Betroffenenrechte sind Kinderrechte, keine Elternrechte – Interview mit Kerstin Fuchs

Auch Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung – und manchmal muss das auch gegen die Eltern durchgesetzt werden. Vor genau so einem Fall stand Kerstin Fuchs, die Geschäftsführerin des Wiesbadener Jugendhilfezentrums Johannesstift: Ein Vater wollte für seine Tochter Auskunftsrechte geltend machen und auch in höchstpersönliche Therapieunterlagen Einblick nehmen – gegen den Willen der damals Fünfzehnjährigen. Für das Johannesstift war klar: So geht es nicht. Die Datenschutzaufsicht gab der Einrichtung zwar recht, doch der Vater klagte vor dem Interdiözesanen Datenschutzgericht. Dort erzielte das Johannesstift einen Erfolg auf ganzer Linie – die Entscheidung wurde hier bereits ausführlich besprochen.

Porträtfoto von Kerstin Fuchs
Kerstin Fuchs ist Geschäftsführerin des Johannesstifts und in der Geschäftsführung für den Datenschutz zuständig. (Bildquelle: Johannesstift)

In seinem Leitbild hat das Johannesstift festgehalten, dass »Solidarität mit den Schwachen, Kultur der Partizipation, Toleranz gegenüber Weltanschauungen, die die Freiheitsrechte anderer nicht verletzen, und Gerechtigkeit für diejenigen, die Benachteiligungen erlitten haben« das Wirken der Einrichtung prägen. Im Interview berichtet Geschäftsführerin Kerstin Fuchs, warum in ihrer Einrichtung Datenschutz Chefsache ist, wie ein Verfahren vor dem IDSG abläuft – und wie man die Bedürfnisse und Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Jugendhilfe berücksichtigt.

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Checkliste Auftragsverarbeitung nach KDG und DSG-EKD

Kaum eine Einrichtung dürfte ohne Auftragsverarbeitung auskommen: Das Hosting der eigenen Webseite, IT- und Versand-Dienstleistungen und andere Verarbeitungen werden meist extern gelöst. Um das rechtskonform abzubilden, braucht es in der Regel einen Auftragsverarbeitungsvertrag. Viele Dienstleister haben auch schon fertige Musterverträge. Aber schon im Geltungsbereich der DSGVO sind die oft nicht vollständig und korrekt – im kirchlichen Bereich kommt erschwerend dazu, dass Musterverträge selten auf die Existenz anderer Rechtsordnungen und Aufsichtsregime als nach der DSGVO Rücksicht nehmen, und allein mit dem Verweis ist es auch nicht getan.

Symbolbild Auftragsverarbeitung: Eine Brille liegt auf einem Vertrag.
(Bildquelle Mari Helin on Unsplash)

Für die Prüfung von DSGVO-Auftragsverarbeitungsverträgen hat die Berliner Landesdatenschutzaufsicht eine ausführliche und detaillierte Checkliste nebst Ausfüllhinweisen veröffentlicht. Bevor man damit aber Auftragsverarbeitungen im kirchlichen Bereich prüfen oder gestalten kann, braucht es viel Arbeit: Die entsprechenden Paragraphen im KDG und im DSG-EKD sind teils sehr unterschiedlich aufgebaut – und dazu kommen Besonderheiten, die es nur in den kirchlichen Gesetzen gibt. Hier hilft eine KDG- und DSG-EKD-Synopse zur Berliner Checkliste.

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Avicenna-Studienwerk von Software-Lücke betroffen – kein Datenverlust

Vor zwei Wochen hatte die Berliner Landesdatenschutzbeauftragte in ihrem Tätigkeitsbericht den Fall einer Lücke in Software für Stipendienbewerbungen geschildert. Laut Bericht waren vier Studienstiftungen betroffen. Da durch die Ausrichtungen der nicht namentlich genannten Stiftungen auch Daten zur Religionszugehörigkeit erhoben wurden, ist davon auszugehen, dass auch eine der Stiftungen von Religionsgemeinschaften betroffen war. Nun ist klar, um welche es sich handelt: Auf Anfrage teilte das Avicenna-Studienwerk mit, dass dort die fragliche Software eingesetzt wurde. Ausgenutzt wurde die Sicherheitslücke aber nicht.

Logo des Avicenna-Studienwerks auf einem Standbild des Imagefilms des Werks
Das Avicenna-Studienwerk ist das jüngste der 13 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung anerkannten Begabtenförderungswerke in Deutschland. Es fördert begabte und gesellschaftlich engagierte muslimische Studierende und Doktoranden aller Fachrichtungen durch die Vergabe von Stipendien. (Bildquelle: Screenshot Avicenna-Studienwerk)

»Die Herstellerfirma informierte uns unmittelbar über die Sicherheitslücke und deaktivierte die Webseite. Erst nach der Beseitigung der Sicherheitslücke wurde das Bewerbungsportal wieder freigeschaltet«, teilte das muslimische Begabtenförderungswerk auf Anfrage mit. Die zuständige niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte sei durch das in Osnabrück ansässige Werk unmittelbar über den Vorfall informiert worden. »Ein externer Zugriff konnte nach intensiver Prüfung von allen Seiten ausgeschlossen werden. Eine weitere Veranlassung wurde seitens der Landesdatenschutzbehörde für nicht notwendig erachtet«, so das Werk weiter.

Die Berliner Datenschutzbeauftragte hatte mitgeteilt, dass sie Ende August 2021 einen Hinweis erhalten habe, dass durch eine Sicherheitslücke in einer Software für Stipendienportale der Zugriff auf eine große Menge personenbezogener Daten verschiedener Studienstiftungen möglich sei. »Die unsichere Software wurde hauptsächlich zum Bereitstellen von Stipendienbewerbungsportalen genutzt, wo eine große Menge von zum Teil höchstpersönlichen Daten gespeichert werden. Aufgrund der jeweiligen Ausrichtung der betroffenen Studienstiftungen waren zudem besondere Kategorien personenbezogener Daten, wie Religionszugehörigkeit oder Daten zur politischen Überzeugung und Weltanschauung betroffen«, hieß es im Bericht. Die Sicherheitslücke, die auf die falsche Nutzung eines Frameworks zurückging, sei mittlerweile behoben.

Die anderen drei konfessionellen und religiösen Begabtenförderungswerke, die aus Mitteln des Bundesbildungsministeriums gefördert wurden, waren nicht betroffen. Schon vor zwei Wochen teilten sowohl das katholische Cusanuswerk wie das Evangelische Studienwerk Villigst mit, die Software nicht eingesetzt zu haben. Mittlerweile hat sich auch das Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk zu der Sicherheitslücke geäußert: Wie die christlichen Studienwerke setzt auch das jüdische Begabtenförderungswerk die bemängelte Software nicht ein und ist daher nicht betroffen.

Rottenburg-Stuttgart plant eine BDKJ-Cloud für die Jugendarbeit

Michael Medla (28) ist Jurist und seit 2021 Diözesanleiter des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend und des Bischöflichen Jugendamtes im Bistum Rottenburg-Stuttgart. Im Diözesanverband ist er unter anderem für das Thema Digitalisierung zuständig. Im Interview berichtet er davon, welchen Stellenwert Datenschutz in der Jugendarbeit hat und wie die Jugendarbeit in Rottenburg-Stuttgart mit einer eigenen Cloud unabhängig von großen Konzernen und kostenlosen, aber wenig datenschutzfreundlichen Tools werden will. Der Start ist schon für dieses Jahr nach der Sommerpause geplant.

Der Rottenburg-Stuttgarter BDKJ-Diözesanleiter Michael Medla steht vor dem BDKJ-Logo vor einer Kamera
Michael Medla wurde 2020 zum BDKJ-Diözesanleiter in Rottenburg-Stuttgart gewählt und ist seit 2021 im Amt.
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Geldbußen nach KDG und DSG-EKD

Geldbußen waren das Aufregerthema, als das neue Datenschutzrecht wirksam wurde. Mittlerweile ist es um die Bußgelder stiller geworden – vor allem, was die befürchtete Breitenwirkung angeht. Kaum ein kleines Unternehmen, kaum ein kleiner Verein wird gebußt.

Ein Mann hält einen Geldschein hin und verdeckt damit sein Gesicht
(Photo by lucas Favre on Unsplash)

Mit den neuen Richtlinien des Europäischen Datenschutzausschusses zur Ermittlung der Bußgeldhöhe kommt das Thema nun wieder etwas stärker auf die Agenda. Im kirchlichen Datenschutz gibt es solche Leitplanken bislang nicht – aber auch hier ist die Angst vor dem Bußgeld groß. Der Blick in die Gesetze und in die Praxis der Aufsichten kann aber beruhigen.

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Was bedeuten die Aufsichts-Beschlüsse zu Facebook-Fanpages?

Was Facebook-Fanpages angeht, herrscht große Einmütigkeit zwischen den staatlichen und den kirchlichen Aufsichten: die Datenschutzkonferenz des Bundes und der Länder, die evangelische Datenschutzkonferenz und die KDSA Ost haben seit März grundsätzlich identische Beschlüsse auf Grundlage eines DSK-Kurzgutachtens »zur datenschutzrechtlichen Konformität  des Betriebs von Facebook‐Fanpages« gefasst – doch der Inhalt ist kryptisch.

Facebook-Daumen nach unten
(Bildquelle: Barefoot Communications on Unsplash)

Unbedarft gelesen könnte es aussehen, als stellten die Aufsichten Kriterien auf, unter denen Facebook-Fanpages zulässig wären. Eine genauere Betrachtung zeigt aber: die Rechtsposition der Aufsichten ist, dass die notwendigen Kriterien derzeit gar nicht erfüllt werden können. Das stellt Verantwortliche, die nicht auf Facebook-Fanseiten verzichten wollen, vor große Hindernisse. Gibt es Auswege?

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Wenige Pannen, viele Reisen: Bericht des Freiburger Datenschutzreferats

Im Erzbistum Freiburg gibt es eine einmalige Besonderheit: Das Referat Datenschutz im Erzbischöflichen Ordinariat veröffentlicht einen Jahresbericht und damit quasi die Gegenblende aus Sicht der Datenschutzbeauftragten zum Bericht der zuständigen Aufsicht.

Titelseite des Berichts für 2021 des Referats Datenschutz des Erzbischöflichen Ordinariats Freiburg
Mit 22 Seiten ist der Bericht kompakt und übersichtlich.

Jetzt wurde der Bericht für 2021 veröffentlicht. Das Referat ist nicht nur für das Ordinariat zuständig, sondern stellt mit seinen fünf Vollzeitkräften zugleich die betrieblichen Datenschutzbeauftragten für weitere Einrichtungen und insbesondere die Seelsorgeeinheiten der Erzdiözese.

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KDSA Ost hat erhebliche Bedenken gegen Luca in Brandenburg

Der Diözesandatenschutzbeauftragte für die ostdeutschen Bistümer ist kein Freund der Luca-App zur Kontaktverfolgung – das hat er schon im vergangenen April ungewöhnlich deutlich gemacht: »datenschutzrechtlich zweifelhaft und demnächst überflüssig«, war sein Urteil. Jetzt setzt er noch einen drauf – zumindest für kirchliche Stellen im Land Brandenburg: »Kirchliche Datenschutzaufsicht empfiehlt alle[n] kirchlichen Dienststellen im Land Brandenburg, für die Kontaktnachverfolgung ausschließlich die Corona Warn-App (CWA) zu nutzen!«, heißt es in der aktuellen Pressemeldung.

Die Corona-Warn-App läuft auf einem Handy
(Bildquelle: Photo by Mika Baumeister on Unsplash)

Die Einschätzung »demnächst überflüssig« war im April nur etwas zu optimistisch, aber immerhin haben die meisten Bundesländer mittlerweile dann doch Abstand von Luca genommen – aber Brandenburg setzt immer noch darauf. Und nicht nur für Kontaktverfolgung in der Corona-Bekämpfung soll Luca genutzt werden – die brandenburgische Justizministerin hat noch ganz andere Begehrlichkeiten: Eine Verwendung zur Strafverfolgung. (Unter anderem netzpolitik.org hat die Details.)

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