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Staatliche Strafprozessakten in kirchlichen Verfahren – BayObLG zeigt Grenzen auf
Die Beweiserhebung in kirchlichen Strafprozessen ist schwierig. Hoheitliche Befugnisse haben kirchliche Gerichte nicht. Deshalb wird in kirchlichen Ermittlungen oft auf staatliche Strafakten zurückgegriffen. Rechtlich wird das bislang in der Regel über § 474 StPO ermöglicht, der Auskünfte und Akteneinsicht für Justizbehörden und andere öffentliche Stellen regelt. Indem die kirchlichen Behörden als »andere öffentliche Stelle« verstanden wird, sind für die Akteneinsicht deutlich niedrigere Hürden zu nehmen als bei einem Rückgriff auf § 475 StPO, das für Einsicht und Auskünfte für Privatpersonen und sonstige Stellen höhere Anforderungen stellt.
Eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG, Beschluss vom 15. Januar 2024 – 204 VAs 177/23) könnte nun die bewährte Praxis einschränken. Hintergrund ist der Fall eines Priesters des Bistums Regensburg, dem Sexualdelikte vorgeworfen wurden. Nach einer Hausdurchsuchung und Auswertung der sichergestellten Datenträger stellte die Staatsanwaltschaft aber das Verfahren ein, ohne jeden Restverdacht anzunehmen. Die vom Bistum Regensburg dennoch erbetene Akteneinsicht wurde vom BayObLG aber als nicht zulässig gewertet – mit einer ausführlichen Würdigung der Problematik der Kirche als öffentlich-rechtlich verfasster Stelle.
WeiterlesenÖkumenisch lernen – Wochenrückblick KW 33/2024
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WeiterlesenDie DSK zeigt die Instrumente – Wochenrückblick KW 27/2022
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Am 18. Mai fand das Treffen der Datenschutzkonferenz mit den spezifischen Aufsichten statt. Die Unterlagen konnte ich per Informationsfreiheitsanfrage befreien. Wieder einmal ging es um Beteiligung. Die Aufsichtsbehörden in der DSK sind bekanntlich nicht ganz freigiebig mit der Einbeziehung der spezifischen Aufsichten. Auch beim Europäischen Datenschutzausschuss können die Spezifischen nicht auf die dort verwendete Dokumentenablageplattform Confluence zugreifen, da das Innenministerium die spezifischen Aufsichten nicht nach Art. 51 Abs. 4 DSGVO notifiziert hat. Aus dem Protokoll erfährt man, dass die Frage einer nachträglichen Notifizierung durch das BMI derzeit in den kirchlichen Gremien geprüft werde. Außerdem kündigt der BfDI an, dass die Forderung des Rundfunkdatenschutzbeauftragten nach mehr Beteiligung, über die hier schon berichtet wurde, auch eine Antwort aus der DSK erfahren soll. Sehr diplomatisch heißt es, dass die Teilnehmenden »Einigkeit« erzielt hätten, »dass ein qualitativer Ausbau der Kooperation gewünscht sei«. Beim Bericht aus der Arbeit der DSK gibt es einen Ausblick auf die beabsichtigten Maßnahmen mit Blick auf Facebook-Fanpages. In Betracht kämen demnach die Untersagung und die Anordnung eines datenschutzgerechten Betriebs. Außerdem wurde das zweite Austauschtreffen für 2022 zwischen DSK und spezifischer Aufsicht angekündigt: Es findet am 14. Dezember statt.
Die KDSA Ost stellt die Entscheidung des EuGH zum Kündigungsschutz von Datenschutzbeauftragten vor. Im Vorfeld wurde vertreten, dass die EuGH-Entscheidung unabhängig vom Ausgang keine Auswirkungen auf den analogen Kündigungsschutz im KDG und im DSG-EKD haben werde. Nachdem der EuGH die BDSG-Rechtslage für zulässig erachtet, bleibt diese Frage akademisch. »Auch wenn die Rechtsprechung des EuGHs keine direkte Auswirkung auf das kirchliche Datenschutzrecht (§ 37 Abs. 4 KDG, § 37 Abs. 2 DSG-EKD) hat, stellt das Urteil doch eine Stärkung der dort verankerten inhaltsgleichen Regelungen dar«, ordnet die KDSA Ost ein.
Mit der kirchlichen Strafrechtsreform hat auch der Schutz der Persönlichkeitsrechte in der katholischen Kirche etwas mehr Zähne bekommen: Wer jemandes guten Ruf schädigt, wird nun nicht mehr nur fakultativ bestraft. Die entsprechende Strafnorm can. 1390 § 2 CIC ist Thema des aktuellen »Kanon des Monats« der Würzburger Kanonistik. Zur Erfüllung der Strafnorm müssen zum einen »Behauptungen falsch, also wahrheitswidrig« und »nicht durch irgendwie geartete, rechtfertigende Begründungen getragen« sein, so die Autorin Anna Krähe. Im folgenden zeigt sie dann auch implizit eine Möglichkeit auf, wie der Tatbestand in Verbindung mit Verstößen gegen das kirchliche Datenschutzrecht einschlägig werden könnte: »Der Tatbestand ist aber auch erfüllt, wenn es sich um eine wahre Behauptung handelt, der bzw. die Täter*in diese aber nicht an die Öffentlichkeit hätte bringen dürfen, also die Veröffentlichung bzw. Verbreitung rechtswidrig ist.«
Persönlichkeitsrechte im neuen kirchlichen Strafrecht
Im Sommer hat Papst Franziskus die komplett novellierte Fassung des Buchs VI des Codex Iuris Canonici promulgiert und zum 8. Dezember in Kraft gesetzt und damit das kirchliche Strafrecht reformiert. Vor allem bei den Sexual- und Wirtschaftsdelikten wurde viel reformiert; dazu gibt es auch schon einige Analysen. (Von mir eine kurz nach der Promulgation mit den Schwerpunkten Rechtskultur und Sexualdelikte sowie ein Interview mit dem emeritierten Würzburger Kanonisten Heribert Hallermann, der zusammen mit Pater Markus Graulich, dem Untersekretär des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, den ersten Kommentar zum neuen Buch VI(Affiliate Link) veröffentlicht hat. Dieser Kommentar war auch eine unersetzliche Hilfe für diesen Artikel.)
Der Bereich des Schutzes der Persönlichkeitsrechte wurde im neuen Strafrecht nicht wesentlich ausgebaut – ein paar Veränderungen gibt es aber doch, die den Korpus des kirchlichen »Datenschutz«- und Persönlichkeitsrechts erweitern und verbindlicher machen. (Datenschutz in Anführungszeichen, da es auf universalkirchlicher Ebene nach wie vor kein systematisches Datenschutzrecht im umfassenden Sinn gibt.)
WeiterlesenEU-Informationsfreiheit und Datenschutz-Strafrecht in Augsburg – Wochenrückblick KW 43/2021
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Eigenes Datenschutzrecht von Religionsgemeinschaften ist die Ausnahme und selten Thema bei den staatlichen Behörden. Das zeigt das Ergebnis von zwei Informationsfreiheitsanfragen an den Europäischen Datenschutzausschuss und den Europäischen Datenschutzbeauftragten: kaum Befassung und Geheimniskrämerei. Der Europäische Datenschutzausschuss schickt zwei Dokumente: Ein Mailverkehr zu einer journalistischen Anfrage, ob die dänische Staatskirche es mit dem Datenschutz übertreibt, wenn sie Pfarrer*innen anweist, in Mails religiöse Bezüge zu vermeiden, und ein großzügig geschwärztes Protokoll der 10. Plenarsitzung des Datenschutzausschusses, aus dem lediglich hervorgeht, dass unter Punkt 5.1 »Access by specific supervisory authorities according to Article 85 and 91 GDPR to Documents of the European Data Protection Board« diskutiert wurde. Zu weiteren vier Dokumenten mit Artikel-91-Bezug wurde der Zugang verweigert. Beim europäischen Datenschutzbeauftragten gab es nur ein einziges Dokument: Die nordrhein-westfälische Aufsicht hat Anfang Oktober gebeten, eine Abfrage zu starten, ob es in anderen Mitgliedsstaaten als Deutschland auch spezifische Aufsichten gemäß Art. 91 Abs. 2 DSGVO gibt – möglicherweise im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Aufsicht gegen die alt-katholische und neuapostolische Kirche.
Noch weiß man nicht viel darüber, was da im Bistum Augsburg los ist, dass Bischof Bertram Meier drei leitende Mitarbeitende freistellen musste. Im Raum steht allerdings »Datenmissbrauch«. Aufgrund der vorliegenden Informationen ist es kaum möglich, jetzt schon ein abschließendes Urteil zu fällen. Es könnte aber auch datenschutzrechtlich interessant werden: »Datenmissbrauch« könnte je nachdem, was vorgefallen ist, den Straftatbestand aus § 42 Abs. 2 BDSG verwirklichen – eine wenig angewendete Norm, OpenJur kennt nur zwei Entscheidungen (des VG Frankfurt und des OLG Brandenburg), die darauf Bezug nehmen. Das BDSG dürfte hier trotz kirchlichem Datenschutz einschlägig sein, weil wohl ein Mitarbeiterexzess vorliegt.
Kurz vor Redaktionsschluss hat das Interdiözesane Datenschutzgericht noch eine Entscheidung veröffentlicht – IDSG 08/2021 befasst sich mit Datenweitergabe innerhalb eines Ordinariats. In aller Kürze (nächste Woche mehr): Das Ergebnis ist plausibel. Teile des Wegs dahin über eine quasi »aufgedrängte« konkludente Einwilligung überraschen.
Bedingt auskunftsbereit – Wochenrückblick KW 6/2021
Drei Recherchen beschäftigen mich weitgehend erfolglos seit Monaten: Was wird aus der katholischen Datenschutzaufsicht in Bayern, welche Religionsgemeinschaften mit eigenem Datenschutzregime kennen die staatlichen Behörden – und was macht eigentlich die EKD? Zu den drei Recherchen habe ich diese Woche wieder nachgehakt.
- In Bayern ist die Datenschutzaufsicht seit Herbst kommissarisch besetzt, kein Nachfolger und kein Zeitplan für die Nachbesetzung bekannt, das 2018 beschlossene Nürnberger Datenschutzzentrum immer noch nicht eingerichtet. Regelmäßig Presseanfragen in München (wo die Bistumspressestelle auch die der Freisinger Bischofskonferenz ist) waren bisher erfolglos, die einzelnen bayerischen Bistümer verweisen auf die Zentrale und wissen auch nichts.
- In Deutschland gibt es keine übersichtliche Liste, welche spezifischen Aufsichtsbehörden – zu denen die der Religionsgemeinschaften gehören – den staatlichen Aufsichten bekannt sind. (Vorbildlich: Polen.) Auf Presseanfragen rückten die Länderaufsichten keine konkreten Listen heraus. Informationsfreiheitsanfragen über Frag den Staat ziehen sich seit Monaten hin. Durch Carlo Piltz wurde ich nun auf das Mitte Januar veröffentlichte Protokoll der 100. Datenschutzkonferenz aufmerksam. Unter TOP 15 wird dort eine »Liste über die spezifischen Aufsichtsbehörden« erwähnt. Informationsfreiheitsanfrage ist raus.
- Seit Monaten läuft meine eigentlich sehr simple Presseanfrage bei der EKD. Mich interessieren zwei Dinge: Gab es schon kirchliche Gerichtsentscheidungen, in denen das neue DSG-EKD eine Rolle spielte? (Sollte es eigentlich, katholische gibt’s schon einige – aber die normalerweise viel bessere evangelische Rechtssammlung findet keine.) Und: Gibt es bereits Pläne zur Evaluierung des DSG-EKD? (Bei einer synodal organisierten Kirche sollte man doch denken, dass da mit Vorlauf und Transparenz gearbeitet werden müsste.) Am Anfang wurde ich noch vertröstet, jetzt bekomme ich von der EKD-Pressestelle gar keine Antwort mehr.
Der Datenschutz-Dienstleister Althammer & Kill hat ein Whitepaper zu »Microsoft 365 in Kirche & Wohlfahrt« veröffentlicht. Das ist nicht nur nützlich und lesenswert, wenn es direkt um die Office-Frage geht. Auch ausführliche Passagen allgemein zur Drittlandübertragung und wie sie nach KDG und DSG-EKD gestaltet werden sind sehr erhellend. Vor allem im Bereich des KDG wird bei einigen Formulierungen deutlich angefragt, ob sie praktikabel oder gar europarechtskonform sind – insbesondere die schon länger als zweifelhaft bekannte Möglichkeit einer »Selbstzertifizierung«, wie sie § 40 Abs. 2 lit. b) KDG eröffnet wird: »Damit wird die Bewertungshoheit aus den Händen der Europäischen Kommission in die des Verantwortlichen gelegt, was im Zweifelsfall kaum standhalten würde. Eine Drittlandübermittlung auf dieser Basis weist nicht die erforderliche Rechtssicherheit auf.« (Hier wird auch der Ursprung der Norm erwähnt: Eine unkritische Übernahme aus dem alten BDSG – im DSG-EKD gibt es deutlich weniger Probleme, weil der evangelische Gesetzgeber bei der Drittlandsübermittlung unnötige Abweichungen von der säkularen Rechtslage stärker vermieden hat.)
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