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BfDI & Bayern ziehen Facebook den Stecker – Wochenrückblick KW 8/2023

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Der BfDI hat dem Bundespresseamt den Betrieb der Facebook-Seite der Bundesregierung untersagt. Dass das BPA bei Meta immerhin die Abschaltung der Analytics-Funktion erwirken konnte, reichte dem Bundesdatenschutzbeauftragten nicht aus. Auf 44 Seiten ergeht der begründete Bescheid mit den bereits aus dem Kurzgutachten der DSK bekannten Argumenten. Als erste kirchliche Aufsichten reagierten der bayerische Diözesesandatenschutzbeauftragte und der DSBKD darauf. In Bayern werden gleich Nägel mit Köpfen gemacht: »Diese Anordnung setze ich entsprechend für die Dienststellen  der katholischen Kirche in Bayern mit der Maßgabe in Kraft, dass die Ausführungsfrist am 31.3.2023 endet. Die Anordnung dient auch der Vermeidung von Schadensersatzansprüchen gegen kirchliche Einrichtungen.« Allerdings kann ein Diözesandatenschutzbeauftragter keine Allgemeinverfügungen erlassen; Anordnungen müssen in Bescheiden an einzelne Verantwortliche ergehen. Ob tatsächlich einzelne Facebook-Seiten per Anordnung verboten werden, ist noch nicht abzusehen – zumal mit Ablauf der Frist voraussichtlich auch der DDSB nicht mehr im Dienst sein wird. Der DSBKD ist zurückhaltender: »In der rechtlichen Bewertung des Betriebs von Facebook-Fanpages stimmt der Datenschutzbeauftragte für Kirche und Diakonie grundsätzlich mit dem BfDI, den Mitgliedern der DSK und der Konferenz der Beauftragten der EKD überein und wird, wo angezeigt, eigene aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen«, schreibt er und stellt trotz Aufforderung an die von ihm beaufsichtigen Landeskirchen und Diakonischen Werke immer noch erhebliche Defizite fest. Bisher habe er aber auf Anhörungs- und Prüfverfahren verzichtet. Der DSBKD nennt einige Punkte, die in der Hoheit von Seitenbeitreibenden sind: Seiten sollen nicht an Privataccounts geknüpft sein, sondern über Facebook Business verwaltet werden, so dass die redaktionelle Hoheit der verantwortlichen Stelle gewahrt bleibt, spezifische Datenschutzerklärungen gehören direkt auf den Fanpages und nicht datenschutzkonforme Embeds auf Webseiten sind zu unterlassen. Das darf man wohl als Wink mit dem Zaunpfahl verstehen, was man mindestens tun sollte, will man der Aufforderung zur Abschaltung nicht nachkommen.

Die NRW-Datenschutzaufsicht prüft und prüft und prüft: In den seit Jahren laufenden Prüfverfahren gegen die neu-apostolische und die alt-katholische Datenschutzregelung geht es kaum voran. Bei den Alt-Katholiken gibt es gar keinen Stand – das Verfahren ruht weiterhin, seit über einem Jahr. Das ist sehr praktisch für die Aufsicht, weil ein ruhendes Verfahren nicht abgeschlossen ist und daher Akteneinsicht über das Informationsfreiheitsgesetz weiter verweigert werden kann. Bei der anderen kleinen Kirche gibt es dagegen Bewegung: »Bezüglich der neuapostolischen Kirche wird aufgrund eines laufenden Falls in Bälde eine Entscheidung getroffen und zwar unter Berücksichtigung der inzwischen vorliegenden Entscheidungsgründe zu SELK des VG Hannover vom November 2022«, teilte ein Sprecher der Aufsicht mit.

Die Offenlegung des Klarnamens der unter dem Pseudonym Karin Weißenfels bekannten Missbrauchsbetroffenen durch den Trierer Bischof Stefan Ackermann kommt vor Gericht. Die Zeit-Beilage »Christ & Welt« berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe, dass Weißenfels beim Arbeitsgericht Trier eine Klage auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro gegen den Bischof und das Bistum eingereicht hat. »Ackermann, begründet die Klägerseite ihren Schritt, habe die Betroffene durch die Klarnamennennung ›erheblich retraumatisiert‹. Darüber hinaus sei sie ›gravierend in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt‹ worden«, so C&W. Im Oktober hatte ich über die Beschwerden von Weißenfels bei der kirchlichen Datenschutzaufsicht berichtet. Auf Anfrage teilte Weißenfels nun mit, dass diese Verfahren noch laufen.

Das Bistum Hildesheim hat Ausführungsbestimmungen zum Recht auf Akteneinsicht in Personalaktendaten erlassen. Leider zeichnet sich auch hier wieder ein Trend ab: Ausdrücklich normierte Akteneinsichtsrechte bleiben weit hinter dem Standard des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs zurück.

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Hessische Datenschutzaufsicht nimmt sich Zeugen Jehovas vor

Das Verhältnis der Landesdatenschutzaufsichten zu den kirchlichen Aufsichten ist nicht immer ganz konfliktfrei. Die Aufsichten der großen Kirchen werden respektiert, in der Datenschutzkonferenz wird ihnen ein Mindestmaß an Beteiligung ermöglicht. Bei ihnen ist auch unstreitig, dass sie legitim sind – das sieht, wie eine Recherche im vergangenen Jahr zeigte, bei den Aufsichten kleinerer Gemeinschaften oft anders aus.

Drei weibliche Mitglieder der Zeugen Jehovas in einer Bahnhofsunterführung mit Informationsmaterial auf Arabisch.
Zeugen Jehovas in Wien. (Bildquelle: Elph (Wikimedia Commons), CC BY-SA 4.0, zugeschnitten und Farbton bearbeitet)

Abgeschlossen ist keines der Prüfverfahren der Landesdatenschutzaufsichten von Berlin, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, bei dem unter anderem das Alt-Katholische Bistum, die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK), die Zeugen Jehovas und die Neuapostolische Kirche Westdeutschland überprüft werden – eine neue Abfrage hat aber zumindest in einem Fall neue Zwischenstände gebracht: zu den Zeugen Jehovas.

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Kleine Religionsgemeinschaften im Fokus von Datenschutzbehörden

In Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben die Landesdatenschutzaufsichten Zweifel an der eigenen Datenschutzgesetzgebung verschiedener Religionsgemeinschaften. Auf Anfrage von »Artikel 91« haben die Behörden angegeben, das Datenschutzrecht kleinerer Religionsgemeinschaften auf die Erfüllung der europarechtlichen Anforderungen zu überprüfen. Laut einem Sprecher der nordrhein-westfälischen Aufsicht sei es sowohl beim Katholischen Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland sowie bei der Neuapostolischen Kirche Westdeutschland (NAK) »fraglich, ob das eigene Datenschutzrecht die Anforderungen des Art. 91 (1) DS-GVO« erfüllt. Im äußersten Fall könnte das dazu führen, dass die betroffenen Gemeinschaften die DSGVO anwenden müssen und ihre eigenen Aufsichten keine Rechtsgrundlage haben. Inwiefern das mit dem grundgesetzlich (und europarechtlich) verbürgten Selbstverwaltungsrecht der Kirchen vereinbar wäre, ist noch nicht abzusehen.

Ein fest installiertes Fernglas zeigt auf einen Kirchturm
(Photo by Markus Spiske on Unsplash)

Mit Verweis auf das laufende Verfahren wollten die Berliner und die niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragten keine näheren Angaben zu den Zweifeln und zu den betroffenen Religionsgemeinschaft machen. Auch aus Hessen gibt es keine Angabe zu den betroffenen Gemeinschaften.

Auf Anfrage bestätigte allerdings der Datenschutzbeauftragte der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Jochen Springer, dass die niedersächsische Aufsicht »die vorläufige Auffassung vertritt, dass die SELK nicht zum Kreis der Berechtigten nach Art. 91 DSGVO zählt und hierüber voraussichtlich demnächst eine gerichtliche Entscheidung eingeholt werden muss«. Auch andere Landesdatenschutzaufsichten hätten bei kleineren Gemeinschaften ähnliche Nachfragen gestellt, »die auf eine Aberkennung der kirchlichen Selbstverwaltungsrechte in Datenschutzfragen abstellen«, so Springer.

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