Schlagwort-Archive: Offenlegung

IDSG zu illegalem Exorzismus und kirchlichem Interesse

»Der Beteiligte, ein ehemaliger Pfarrer im Erzbistum des Antragstellers, und XX führten eine Gruppe von Gläubigen an, die unter anderem mittels physischer und psychischer Gewalt bei anderen Gläubigen ›Teufelsaustreibungen‹ vornahmen« – die neu veröffentlichte Entscheidung des Interdiözesanen Datenschutzgerichts (Beschluss IDSG 15/2023 vom 12. August 2024) beginnt spektakulär.

Ein Priester hält ein Kruzifix über einen nackten Körper, im Hintergrund Dämonen. Aus dem Kruzifix kommen Strahlen.
Der heilige Francisco de Borja hilft einem unbußfertigen Sterbenden (Gemälde von Goya, Ausschnitt, gemeinfrei via Wikimedia Commons)

Was aber neu an der Entscheidung ist, ist nicht spektakulär, und was große Tragweite hat, schreibt lediglich die Rechtsprechung des Gerichts fort, indem sie den Umgang der Kirche mit (in diesem Fall) religiös motivierter psychischer und physischer Gewalt in den Blick nimmt. Dennoch lohnt es sich, den Beschluss zu lesen – insbesondere auch, weil sie wieder einmal einen Mosaikstein zur Frage der Auslegung kirchlicher Interessen beinhaltet.

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Fulda stärkt Betroffenenrechte bei der Akteneinsicht zur Aufarbeitung

Das erste Bistum hat seine Regelungen zur Verwendung von Akten zur Missbrauchsaufarbeitung mit Blick auf den Datenschutz überarbeitet. Im aktuellen Amtsblatt des Bistums Fulda wird das im Februar 2022 erstmals promulgierte »Gesetz zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten der Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener« zum zweiten Mal geändert.

Frontalansicht des Fuldaer Doms.
Der Hohe Dom zu Fulda (Bildquelle: Pieter van de Sande auf Unsplash)

Das Gesetz aus Fulda war von Anfang an eigenständig und orientierte sich nicht an der DBK-Musterordnung, die seit einigen Wochen in der Kritik steht. Außer Fulda hat nur noch Speyer den Weg einer eigenständigen Regelung eingeschlagen. Nach der Novelle sind in Fulda die Rechte von Missbrauchsbetroffenen gestärkt, die von Beschuldigten geschwächt.

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Betroffenenbeiräte untermauern Kritik an Muster-Einsichtsordnung

Der Arbeitskreis der Betroffenenbeiräte und -vertretungen bei den deutschen Diözesen hat (über die Betroffeneninitiative Ost) eine ausführliche Stellungnahme zur Musterordnung zur Akteneinsicht und -auskunft veröffentlicht. Die Stellungnahme reagiert auf eine darin erwähnte Position der KDSA Ost, die anscheinend ein überwiegendes erhebliches kirchliches Interesse an der Verwendung aller Betroffenendaten für die Aufarbeitung von Missbrauch bejaht. Dagegen wenden sich die Betroffenenbeiräte – erneut – deutlich. Angeführt werden sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden: Der vorhandene Datenbestand zu Missbrauch sei schon hinreichend groß, um nicht jeden bekannten Fall in Analysen einzubeziehen.

Bücher und Akten, chaotisch in einem Regal
Photo by JF Martin on Unsplash
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Betroffenenbeiräte fordern Einwilligung für Offenlegung zur Aufarbeitung

Nach dem Betroffenenbeirat Ost äußert auch der Arbeitskreis der Betroffenenbeiräte und -vertretungen massive Kritik an der »Musterordnung zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten« zur Missbrauchsaufarbeitung. In einer Stellungnahme vom Samstag widerspricht der Arbeitskreis der Umsetzung: »Der Arbeitskreis bestreitet, dass das öffentliche Interesse an Aufarbeitung das berechtigte Interesse von Missbrauch betroffener Personen am Schutz ihrer sensiblen personenbezogenen Daten überwiegt.«

Ein hoher Stapel Akten liegt auf einem Tisch
(Bildquelle: Wesley Tingey on Unsplash)

In seiner Stellungnahme zitiert der Arbeitskreis auch eine bisher nicht bekannte Erläuterung des Berliner Erzbischofs Heiner Koch vom 6. Juli, die er dem Betroffenenbeirat Ost mitgeteilt hatte. Aus der Ausschnitt geht hervor, dass es bei der Ausarbeitung der Musterordnung zwar eine umfangreiche Beteiligungsphase gab, bei der unter anderem Aufarbeitungskommissionen beteiligt, aber ausgerechnet die Betroffenenbeiräte der Diözesen und bei der Deutschen Bischofskonferenz ausgelassen wurden.

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Datenschutzverstoß im Bistum Münster durch Akteneinsicht für Missbrauchsstudie

Akten sind zentral für die Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche: Personalakten, Sachakten, historische Bestände und aktuelle Unterlagen aus dem Verfahren zur Anerkennung des Leids, mit dem in der katholischen Kirche Zahlungen von Betroffenen organisiert sind. Diese Akten enthalten notwendig besonders sensible Daten, auch dann, wenn einzelne Bestände nicht unter die besonderen Kategorien personenbezogener Daten fallen.

Die Türme des Münsteraner Paulusdoms
Die Türme des Münsteraner Paulusdoms (Bildquelle: Dietmar Rabich, CC BY-SA 4.0, Link, zugeschnitten)

Datenschutzrechtlich ist daher eigentlich klar: Es braucht eine Rechtsgrundlage. Das Bistum Münster wurde nun auf eine Beschwerde einer betroffenen Person hin vom zuständigen KDSZ Dortmund gerügt – für die Weitergabe von (nicht genug) anonymisierten Akten an die unabhängige Forschergruppe, die die Missbrauchsstudie für das Bistum angefertigt hat, fehlte es an einer Rechtsgrundlage.

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