Schlagwort-Archive: Öffentliches Interesse

Kaiser Augustus, Roßnagel und Ronellenfitsch – Wochenrückblick KW 49

Im ersten Türchen des Adventskalenders der Datenschutz-Notizen ging es um die Volkszählung in der Weihnachtsgeschichte. Dort wird als Rechtsgrundlage »berechtigtes Interesse« angenommen. Der biblische Befund legt allerdings eine andere nahe: Aus Lk 2, 1 geht klar hervor, dass die Rechtsgrundlage für die Volkszählung nicht »berechtigtes Interesse«, sondern »Wahrnehmung einer Aufgabe« in öffentlichem Interesse oder Auftrag sein dürfte: »Es geschah […], dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen.« Auch beliehene private Steuerlistenerhebende müssten sich darauf beziehen, für öffentliche Stellen steht das berechtigte Interesse ohnehin nicht zur Verfügung.

Übrigens sind schon im ersten Testament datenschutzrechtlich relevante Stellen zu finden – und mit der Strafe Gottes für Davids Volkszählung ist sogar eine aufsichtsbehördliche Maßnahme beschrieben.

In Hessen gibt es demnächst einen neuen Landesdatenschutzbeauftragten: Alexander Roßnagel soll Nachfolger von Michael Ronellenfitsch (sehr wohlwollend die FR, andere sehen das anders) werden. Für den kirchlichen Datenschutz könnte das interessant sein: Nicht nur allgemein, da Roßnagel die DSGVO sehr kritisch sieht und so die Datenschutzkonferenz aufmischen könnte, sondern auch mit Blick auf den Umgang mit dem Datenschutzrecht der Religionsgemeinschaften. Schon jetzt ist Hessen unter den Aufsichten, die Zweifel am Datenschutzrecht kleiner Gemeinschaften geäußert haben. Mit Roßnagel kommt nun der Autor der Studie zur Praxis der Zusammenarbeit von Finanzamt und Kirchensteuerstelle ins Amt. Die Studie wurde durch das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) der Giordano-Bruno-Stiftung beauftragt und kommt unter anderem zum Schluss, dass in Sachen Kirchensteuer kein kirchliches Datenschutzrecht anzuwenden sei, obwohl die Kirchensteuerstellen kirchliche Einrichtungen sind.

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Rezension: Eggers, Social-Media-Recht der öffentlichen Verwaltung

Die größeren Kirchen organisieren sich als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Trotzdem gehören sie streng genommen nicht zur Zielgruppe von Christian W. Eggers neuem »Quick Guide Social-Media-Recht der öffentlichen Verwaltung«(Affiliate Link) , wie er auch selbst schreibt: Auch öffentlich-rechtlich verfasste Kirchen sind nicht Teil des Staates. Sie sind selbst grundrechtsberechtigt und haben damit einen deutlich größeren Spielraum als Behörden: »Die Öffentlichkeitsarbeit ist damit wie bei den Privaten keinen Einschränkungen unterworfen. Es besteht weder die thematische Aufgabenbindung noch eine Verpflichtung zum staatlichen Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot.« (S. 49)

Ein Großteil des knappen Buchs (154 sehr dichte, exzellent mit echten Praxisbeispielen, Literatur und Urteilen belegte Seiten) ist daher für die kirchliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nicht einschlägig. Gerade im Datenschutz-Bereich lohnt sich die Lektüre aber doch – denn auch wenn es keine rechtlich Verpflichtung von außen für die Kirchen gibt, hier einen anderen Maßstab an sich selbst zu legen als andere nichtstaatliche Akteure, tun es die Kirchen doch selbst; die katholische etwas expliziter, die evangelische indirekter. Auch im Gespräch mit kirchlichen Datenschutzaufsichten wird immer wieder angeführt, dass man an öffentlich-rechtlich verfasste Körperschaften einen höheren Standard anlegt als an privatrechtlich verfasste kirchliche Einrichtungen.

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