Im ersten Türchen des Adventskalenders der Datenschutz-Notizen ging es um die Volkszählung in der Weihnachtsgeschichte. Dort wird als Rechtsgrundlage »berechtigtes Interesse« angenommen. Der biblische Befund legt allerdings eine andere nahe: Aus Lk 2, 1 geht klar hervor, dass die Rechtsgrundlage für die Volkszählung nicht »berechtigtes Interesse«, sondern »Wahrnehmung einer Aufgabe« in öffentlichem Interesse oder Auftrag sein dürfte: »Es geschah […], dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen.« Auch beliehene private Steuerlistenerhebende müssten sich darauf beziehen, für öffentliche Stellen steht das berechtigte Interesse ohnehin nicht zur Verfügung.
Übrigens sind schon im ersten Testament datenschutzrechtlich relevante Stellen zu finden – und mit der Strafe Gottes für Davids Volkszählung ist sogar eine aufsichtsbehördliche Maßnahme beschrieben.
In Hessen gibt es demnächst einen neuen Landesdatenschutzbeauftragten: Alexander Roßnagel soll Nachfolger von Michael Ronellenfitsch (sehr wohlwollend die FR, andere sehen das anders) werden. Für den kirchlichen Datenschutz könnte das interessant sein: Nicht nur allgemein, da Roßnagel die DSGVO sehr kritisch sieht und so die Datenschutzkonferenz aufmischen könnte, sondern auch mit Blick auf den Umgang mit dem Datenschutzrecht der Religionsgemeinschaften. Schon jetzt ist Hessen unter den Aufsichten, die Zweifel am Datenschutzrecht kleiner Gemeinschaften geäußert haben. Mit Roßnagel kommt nun der Autor der Studie zur Praxis der Zusammenarbeit von Finanzamt und Kirchensteuerstelle ins Amt. Die Studie wurde durch das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) der Giordano-Bruno-Stiftung beauftragt und kommt unter anderem zum Schluss, dass in Sachen Kirchensteuer kein kirchliches Datenschutzrecht anzuwenden sei, obwohl die Kirchensteuerstellen kirchliche Einrichtungen sind.
Auf Artikel 91
Aus der Welt
- Datenaltruismus klingt gut. Die EU-Kommission versemmelt mit ihrem Verordnungsvorschlag aber eine gute Idee, führt Winfried Veil aus. Er schlägt statt viel Bürokratie zusätzlich zur DSGVO durchaus pragmatische Änderungen an der DSGVO vor. Aber: »All dies geschah nicht – und man muss leider hinzufügen: wie zu erwarten war. Denn: Die DSGVO ist anscheinend für die EU-Kommission der unantastbare Goldstandard: Verbesserung ausgeschlossen!« (Auch im Standard gibt’s Kritik an der Bürokratie.) Auch hier ein Dauerbrenner: Aus Sicht der klassischen Prinzipien der katholischen Soziallehre kommt man nicht umhin, ein Übergewicht des Personalitätsprinzips zulasten von Solidaritäts- und Gemeinwohlprinzip im Datenschutzrecht zu konstatieren.
- Allen Freund*innen des Selberhostens und Selbstentwickelns schreibt Sven Türpe ins Stammbuch, warum man damit gegen Skaleneffekte kämpft und eigentlich nur verlieren kann. Looking at you, Communicare! (Vor sieben Jahren habe ich dazu auch mal was geschrieben.)
- Aus der Schweiz kommen Vorschläge für standardisierte Privacy-Icons, die ausführliche Datenschutzinformationen lesbarer zusammenfassen sollen. Standardisierte Bildsymbole werden auch in der DSGVO (Art. 12 Abs. 7 und 8) und im KDG (§ 14 Abs. 1) erwähnt – bisher gibt es aber keine offiziellen.
Kirchenamtliches
- keine Veröffentlichungen