Schlagwort-Archive: Kirchensteuer

Kündigung nach Kirchenaustritt – mit Steuerdaten?

Auch nach der Reform der katholischen Grundordnung des kirchlichen Dienstes bleibt der Kirchenaustritt von Katholik*innen ein Kündigungsgrund. Ob das rechtens ist, entscheidet wohl bald der EuGH. Mindestens bis dahin stellt sich die Frage, wie kirchliche Arbeitgeber überhaupt vom Kirchenaustritt erfahren – und ob sie ihr Wissen verwenden dürfen.

Ein transparentes Notausgang-Schild, dahinter unscharf und bunt ein Gang
Kirchenaustritt und kirchliches Arbeitsverhältnis – eine konfliktreiche Kombination (Bildquelle: Ashwini Chaudhary(Monty) auf Unsplash, bearbeitet)

Vorhanden sind die Daten zur Kirchenmitgliedschaft in jedem Unternehmen: In der Lohnbuchhaltung liegen die vom Finanzamt übermittelten Daten zur Kirchensteuer vor. In einem Gastbeitrag befasst sich der Leiter der KDSA Ost Matthias Ullrich damit, ob diese Daten in kirchlichen Arbeitsverhältnissen dazu genutzt werden dürfen, um Kirchenaustritte arbeitsrechtlich zu sanktionieren.

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Staat und Kirche in unheiliger Allianz erstarrt

Immer weniger Menschen gehören in Deutschland einer der großen Kirchen an, mittlerweile weniger als die Hälfte. Trotz Krisenstimmung, trotz Massenexodus bleibt die Bedeutung der Kirchen groß: Nicht als moralisches Rückgrat der Gesellschaft, sondern als etablierter und als alternativlos wahrgenommener Player in der sozialen Trägerlandschaft. Das konserviert auch Privilegien, Strukturen und Eigenheiten vom Arbeitsrecht bis zu den Staatsleistungen, an die so recht niemand will.

Cover von »Unheilige Allianz«
Thomas Schüller: Unheilige Allianz. Warum sich Staat und Kirche trennen müssen, Hanser, 208 Seiten, 22 Euro

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sammelt in seinem neuen Buch »Unheilige Allianz« diese eigentümlichen Relikte einer Zeit, als die allermeisten Deutschen noch katholisch oder evangelisch waren, und ergründet, warum diese Relikte zwar eben Relikte sind, aber doch so schnell nicht abgeschafft werden – weder durch die Politik, die sich im Status quo ohne Idee eines Status quo ante eingerichtet hat, noch durch die Kirchen selbst, denen es an Reformkraft aus sich heraus fehlt. Auch wenn Datenschutz als großes Feld der kirchlichen Selbstverwaltung nicht vorkommt, lohnt sich die Lektüre für alle, die am Religionsverfassungsrecht interessiert sind.

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VG Berlin bestätigt kirchlichen Datenschutz im Streit um Kirchensteuerstellen

Das Verwaltungsgericht Berlin hat eines der ersten (womöglich das erste) Urteil gefällt, in dem einige teils kontrovers angefragte Aspekte des kirchlichen Datenschutzes geprüft wurden. In seiner Entscheidung (VG Berlin, Urteil vom 07.04.2022 – 1 K 391/20) hatte es das Gericht mit der Frage zu tun, ob die Kirchensteuerstelle der staatlichen Datenschutzaufsicht unterliegt.

Briefkopf der Kirchensteuerstelle Berlin Tiergarten/Mitte
Briefkopf der Kirchensteuerstelle beim Finanzamt Berlin Mitte/Tiergarten (via ifw)

Die Kirchensteuerstellen in Berlin sind bei den Finanzämtern angesiedelt, aber kirchliche Stellen – konsequent, da die Religionsgemeinschaften selbst für die Feststellung der Kirchenmitgliedschaft zuständig sind, überraschend, da die Kirchlichkeit der Stellen angesichts der bis zum Briefkopf engen Anbindung ans staatliche Finanzamt nicht ganz intuitiv ist. Kritik daran gibt es seit Jahren.

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Bei der Kirchensteuer hört der Datenschutz auf – Wochenrückblick KW 41

In Berlin machen sich die Kirchen nicht viele Freund*innen mit ihrem Vorgehen beim Kirchensteuereinzug. Das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) der Giordano-Bruno-Stiftung hat es schon lange auf die von ihm als »Rasterfahndung« bezeichnete Recherchepraxis der Kirchensteuerstellen abgesehen, die trotz ihrer Ansiedelung im Finanzamt kirchliche Stellen sind. Ein Hebel gegen diese Praxis (die man auch aus kirchlichem Blickwinkel kritisieren kann, wie ich letztes Jahr kommentierte) ist das Datenschutzrecht: Alexander Roßnagel sieht in einem Gutachten das Vorgehen als datenschutzwidrig an – auch auf kirchliches Datenschutzrecht könne sich die nötige Datenübermittlung nicht stützen: die Erhebung der Kirchensteuer sei staatliche, nicht innerkirchliche Aufgabe, und daher müsse sich die gesetzliche Erlaubnis zur Datenerhebung aus staatlichem Datenschutzrecht ergeben, argumentiert er. Die Forderungen des ifw sind klar: keine kirchlichen Kirchensteuerstellen in den Finanzämtern, und im Idealfall keine Kirchensteuererhebung durch den Staat. Entweltlichung, ick hör dir trapsen.

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