Bereit für ein Facebook-Aus: Exit-Optionen und Plan B

Wer im eigenen Kommunikations-Mix eine Facebook-Fanseite hat, muss jederzeit damit rechnen, dass bald keine Facebook-Fanseite mehr im Mix ist: Einhellig gehen die Datenschutzaufsichten davon aus, dass Fanpages nicht rechtskonform zu betreiben sind. Der Bundesdatenschutzbeauftragte und die sächsische Landesdatenschutzbeauftragte haben Bescheide gegen die Betreiber der Fanpages der Bundesregierung und der sächsischen Landesregierung erlassen, beide Regierungen haben geklagt – und am Ende könnten Musterurteile stehen, auf deren Grundlage die Datenschutzaufsichten durchgreifen.

Facebook-Daumen nach unten
(Bildquelle: Barefoot Communications on Unsplash)

Die Musterverfahren können sich über Jahre hinziehen. Bis dahin ist die Rechtswidrigkeit in der Schwebe. Doch schon vorher kann jederzeit das Aus kommen: Auch wenn sich die Aufsichten – kirchliche wie staatliche – zurückhalten und nicht initiativ tätig werden. Auf eine Beschwerde hin müssen sie tätig werden – und dann droht eine »Untersagung der Verarbeitung«. Vulgo: Die Anweisung, abzuschalten. Für diesen Fall sollte man vorsorgen, sich eine Facbeook-Exit-Option und einen Plan B für die Kommunikation überlegen. Der große Vorteil von diesen Strategien: Nicht nur für den Fall der Fälle geht man auf Nummer sicher. Die Maßnahmen machen schon jetzt die eigene Social-Strategie besser und stärker.

(Und auch wenn Facebook-Fanpages im Fokus der Aufmerksamkeit stehen: Ex-Twitter, Instagram, WhatsApp, TikTok und viele weitere Dienste können bei einer Beschwerde auch ganz schnell aus dem Mix herausgekegelt werden.)

Passive Social-Media-Optimierung

Die eigene Webseite ist der wohl wichtigste Kanal, der in jedem Fall rechtskonform betrieben werden kann, ohne unlösbare Abhängigkeiten von Dritten. Inhalte auf der Webseite sollten daher so aufbereitet sein, dass sie einfach und ansprechend weitergegeben werden können, egal ob per Facebook, WhatsApp, E-Mail oder sogar mündlich.

Teilen einfach machen

Schon beim grundlegenden Seitendesign sollte bei allen Aspekten auf Menschenfreundlichkeit gesetzt werden – insbesondere beim URL-Design: Eine Webadresse sollte menschenlesbar sein, Seitenstrukturen sollten sich in der URL-Struktur wiederfinden, jeder Inhalt sollte direkt verlinkbar sein.

  • Sieht man einer URL an, womit man rechnen kann, wenn man daraufklickt? Sprechende URLs sind vertrauenswürdiger als kryptische, niemand kann sich eine URL merken, die Tilden und ».asp« enthält. URLs sollten mit und ohne www funktionieren (selbst bei Subdomains!), http auf https weiterleiten.
    Gut: organisation.beispiel/kampagnen/kinderarmut
    Schlecht: www3.organisation.beispiel/~12398llakjasd/page=9879872.asp
  • Wenn Inhalte aus einer Datenbank geladen werden oder dynamisch sind, sollten alle Abfragen nach Möglichkeit und wo praktikabel in der URL stehen, so dass man auf spezifische Inhalte direkt verlinken kann. Formulardatenübertragung per POST ist dagegen sinnvoll, wenn personenbezogene Daten und nicht zum Teilen gedachte Daten übertragen werden.
  • Für gute Kampagnen-URLs kann man Shortlinks verwenden – aber bitte nicht von bit.ly und ähnlichen Diensten (wo wieder Dritte zwischengeschaltet werden), sondern nach Möglichkeit selbstgehostet. Eine bewährte freie Software dafür ist yourls.

Menschen wollen gute Inhalte teilen. Erstaunlich viele können es aber nicht, indem sie URLs aus der Adressleiste des Browsers kopieren und anderswo einfügen. Daher sollte jede Seite Teilen-Buttons zum Sharing von Inhalten haben, die möglichst kontextsensitiv (z. B. Messenger-Dienste nur auf mobilen Browsern anzeigen) und einfach zu bedienen sind. Gleichzeitig dürfen diese Share-Buttons nicht schon beim Laden der Seite Daten an die jeweiligen Dienste übertragen. Eine bewährte Lösung, für die es für viele Content-Management-Systeme bereits fertige Plugins gibt, ist Shariff vom Heise-Verlag.

Menschen lassen sich zum Teilen animieren. Ein guter »call to action«, eine Aufforderung zum Teilen der Informationen sollte gerade bei Kampagnen nicht fehlen. Hier helfen konkrete Aufforderungen (»Schick den Termin der Krabbelgruppe gerne an Mütter und Väter!«) und vorbereitete Textvorschläge im Teilen-Dialog.

Meta-Daten für schöne Linkvorschau

Die schönste Teilbarkeit durch URL-Design und Teilen-Button nutzt wenig, wenn der Link eine generische Vorschau hat. Wie ein geteilter Link in verschiendenen Diensten aussieht, lässt sich über Meta-Daten steuern: Damit kann genau konfiguriert werden, welche Überschrift angezeigt werden soll, welches Vorschaubild und gegebenenfalls welche Unterüberschrift.

Testen kann man die eigene Seite ganz einfach: Einen Link von der Webseite in Facebook oder einem anderen Dienst teilen und sehen, was passiert: Sieht es gut aus? Systematisch testen lässt sich die Vorschau mit dem Facebook Sharing Debugger.

Screenshot aus dem Facebook Sharing Debugger, der zeigt, wie eine Seitenvorschau aussieht.
Screenshot aus dem Facebook Sharing Debugger, der zeigt, wie eine Seitenvorschau aussieht. Hier erkennt man, dass alles technisch korrekt ist, die Unterüberschrift aber abgeschnitten wird.

Der wichtigste Standard sind die von Facebook definierten Open-Graph-Tags. Das Open-Graph-Protokoll ist transparent dokumentiert, für die meisten Content-Management-Systeme gibt es dafür bereits Plugins. Neben Facebook nutzen auch andere Dienste Open-Graph-Tags, unter anderem Mastodon, LinkedIn, WhatsApp, Threema, Signal und Xing. Wer gute Social-Media-Metadaten einstellt, unterstützt also die Teilbarkeit weit über Facebook hinaus. Ex-Twitter hat ein eigenes Set von Metadaten, Twitter Cards. In der Regel setzen Social-Media-Metadaten-Plugins beide Standards um.

Zulässige Kanäle aufbauen

Die bisherigen Strategien haben darauf abgezielt, dass man es anderen möglichst einfach macht, eigene Inhalte zu teilen. Wenn das gelingt, ist das ein sehr effizienter Kommunikationskanal (schließlich sind Hinweise von Bekannten deutlich wertvoller als über institutionelle Kanäle gepushte Inhalte). Dennoch will man wohl kaum auf eigene Kanäle verzichten.

Eigene Kanäle

So schön das Fediverse ist: Mastodon wird wohl auf absehbare Zeit nicht allzu große Reichweiten erzeugen. Wer Mastodon in den eigenen Kommunikationsmix aufnimmt, sollte das entweder mit einer klaren, passenden Zielgruppe tun (bestimmte Nerd-Themen erreichen durchaus Reichweite), als Investition in die Zukunft – oder als Instrument der Risikominderung: »Wo Alternativen angeboten werden, sinkt nach meiner Rechtsauffassung zumindest das Schadenersatzrisiko«, sagte etwa der bayerische Diözesandatenschutzbeauftragte hier im Interview. Kirchliche Institutionen können mit der Mastodon-Instanz kirche.social in einem Umfeld mit an Glaubensthemen interessierten Menschen beginnen.

Für das Einbinden von Videos auf der eigenen Seite bietet sich Peertube an.

Webseiten sollten RSS-Feeds haben, um neue Inhalte abonnieren zu können – auch damit erreicht man nicht die breite Masse, aber Multiplikator*innen, die viele Informationen aus vielen Quellen verarbeiten wollen.

Je nach Zielgruppe (eher nicht bei jüngeren) sollte rechtzeitig damit begonnen werden, E-Mail-Verteiler aufzubauen: E-Mails kommen direkt an, wer in einer E-Mail-Inbox landet, ist schon sehr weit.

Anderer Leute Kanäle

Facebook-Fanseiten verlieren durch Änderungen am Timeline-Algorithmus ohnehin immer mehr an Bedeutung: Wichtiger auf Facebook sind Gruppen und Beiträge von Kontakten. Dort will man mit den eigenen Inhalten hinein. Um Beiträge von Personen zu unterstützen, haben wir im ersten Schritt die Teilbarkeit optimiert.

Gerade thematische oder lokale Gruppen sind für Social-Strategien oft noch wenig genutzt. Lokale Veranstaltungen und Angebote erreichen in Facebook-Gruppen zum Stadtviertel oder Dorf die Menschen, die auch tatsächlich gemeint sind, zu erstaunlich vielen erstaunlich kleinteiligen Themen gibt es spezialisierte Gruppen – übrigens nicht nur auf Facebook: Es lohnt sich, herauszufinden, in welchen Foren und Communities die eigene Zielgruppe ihre Informationen bezieht.

(Mikro)-Influencer*innen

Wenn der erste Schritt erledigt ist, die passive Social-Media-Optimierung, kann man aktiver werden: Wer sind die Leute, die online über meine Themen sprechen? Wo tun sie das? Welche Menschen habe ich in meiner Organisation, in meinem Netzwerk, deren Kommunikationsinteressen sich mit meinen überschneiden? Diese Menschen gilt es zu identifizieren und als Multiplikator*innen zu gewinnen: Die beste Kampagne, um die Krabbelgruppe der Gemeinde zu bewerben, besteht aus begeisterten Eltern, die die Informationen dazu in ihren Netzen verteilen, gut darüber reden und Leute einladen. Auch wenn man selbst aus gutem Grund keine eigene WhatsApp-Broadcast-Strategie fährt: Andere nutzen genau diesen Dienst, und diese Menschen gilt es dafür zu begeistern, in ihren Gruppen und Netzen Influencer*innen für das eigene Anliegen zu werden.

Fazit

Die Vorbereitung auf ein mögliches Aus der eigenen Facbeook-Fanseite lohnt sich. Natürlich sind all die skizzierten Schritte deutlich mehr Arbeit als einfach Links und Sharepics auf Facebook zu posten. Aber mal ehrlich: Verfängt diese Strategie noch irgendwo nachhaltig?

Wer jetzt schon Exit-Optionen auslotet und am eigenen Plan B arbeitet, stellt sich nicht nur zukunftssicher auf, sondern verbessert schon jetzt die eigene Kommunikationsstrategie.

Haben Sie noch Tipps und Erfahrungen mit alternativen Social-Media- und Kommunikationsstrategien? Schreiben Sie’s mir in die Kommentare!

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