Kirchlich interessiert – Wochenrückblick KW 46/2023

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 46/2023
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Kirchliches Interesse und Auftrag der Kirche im DSG-EKD

In der Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht befasst sich Hendrik Munsonius mit »Auftrag, Interessen und Aufgaben der Kirche im Datenschutzgesetz der Ev. Kirche in Deutschland«. Der Aufsatz ist aus einem Vortrag beim Treffen der Resonanzgruppe zur Revision des Datenschutzgesetzes der EKD im Juni entstanden. Munsonius betrachtet die drei Rechtsbegriffe »Auftrag der Kirche«, »kirchliches Interesse«, »Aufgabe der Kirche« sehr grundsätzlich und klärt sie aus dem kirchlichen Rechtsverständnis, soweit das möglich ist. Während sich die Aufgabe der Kirche noch unter Rückgriff auf Bekenntnisschriften erläutern lässt, ist der Begriff des »kirchlichen Interesses« auch nach der Analyse für die Praxis immer noch nicht klar operationalisierbar. Munsonius konstatiert bei kirchlichen Interessen und Aufgaben ein »problematisches Maß an Unbestimmtheit«: »Als unbestimmte Rechtsbegriffe bedürfen sie für die Rechtsanwendung der Konkretisierung. Damit stellt sich die Frage: Quis judicabit? In erster Linie ist dies diejenige Stelle, die eine Rechtsnorm anwendet, also die zuständige, nach dem Datenschutzgesetz die verantwortliche Stelle«.

Für die Anwendung der Rechtsgrundlagen des kirchlichen und (im Aufsatz nicht erwähnten) berechtigten Interesses (dessen eigentümliche Formulierung selbst die Aufsicht zu kreativen Klimmzügen ermuntert) im DSG-EKD ist aus dem Aufsatz unmittelbar nichts Konkretes herauszuziehen. Deutlich wird aber, wie Munsonius selbst betont, dass »Vielfalt der Begriffe und die mangelnde Systematik ihrer Verwendung« bei der Qualifizierung von kirchlichem Interesse im DSG-EKD zu einer Klärung des Begriffs nicht beiträgt: »Hier sollte in der Revision des Datenschutzgesetzes Klarheit durch Schlichtheit angestrebt werden.«

Kirchliches Engagement fürs Fediverse

In der Herder-Korrespondenz plädiert Michael Hertl für Engagement der Kirchen im Fediverse: Es könne sich lohnen, sich in diesem Open-Source-Social-Media-Kosmos »sowohl im Geist des Evangeliums als auch im Sinne des Gemeinwohls bei der Weiterentwicklung« zu engagieren. »Wer aber, wenn nicht die großen Kirchen in Deutschland, sollten sich ein solches Engagement leisten? Nicht nur, um datenschutzkonform kommunizieren zu können, sondern auch, um den ursprünglichen Zielen der Sozialen Medien wieder näher zu kommen. Zumindest die Beteiligung an öffentlichen Foren und Veranstaltungen zu diesem Thema läge nahe, genauso aber der Betrieb eigener Server zum Ausbau des Netzwerks«, schreibt Hertl, der die Stabstelle Kommunikation und Medien im Erzbistum Freiburg leitet. Noch wird das kirchliche Fediverse ehrenamtlich organisiert – mit den Leuten hinter der Mastodon-Instanz kirche.social habe ich schon vor einiger Zeit gesprochen.

Landeskirche Hessen-Nassau reformiert Archivrecht

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau hat ihr Archivrecht modernisiert und verändert, um Forschung in Archivbeständen zu erleichtern. Im aktuellen Amtsblatt veröffentlichte die Landeskirche eine Novellierung der Rechtsverordnung über die Benutzung des kirchlichen Archivgutes. Deutlich ausführlicher wurden die Abschnitte zu Schutzfristen und Schutzbestimmungen gefasst. Die Dauer der Schutzfristen (allgemein 30 Jahre, bei personenbezogenem Archivgut grundsätzlich 30 Jahre ab dem Tod der letztverstorbenen betroffenen Person) blieb unverändert. Ausdrücklich geregelt sind nun Dateien und Pfarrchroniken, die als Archivgut mit Personenbezug behandelt werden. Eine bedeutende Neuerung ist die Möglichkeit einer Verkürzung von Schutzfristen. Auf Antrag kann im Einzelfall bei Archivgut die Schutzfrist verkürzt werden, wenn es im öffentlichen Interesse liegt oder die Nutzung zur Wahrnehmung berechtigter Belange im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle unerlässlich ist. Bei personenbezogenem Archivgut ist eine Verkürzung im Einzelfall möglich, unter anderem wenn das für ein konkretes Forschungsvorhaben erforderlich ist und schutzwürdige Belange der betroffenen Personen oder Dritter entweder nicht beeinträchtigt werden oder das öffentliche Interesse an dem Forschungsvorhaben überwiegt. Für die Veröffentlichung ist grundsätzlich eine Einwilligung der betroffenen Person oder ihrer Rechtsnachfolge nötig. Möglich ist eine Veröffentlichung aber auch, wenn die Veröffentlichung unerlässlich für die Darstellung der Forschungsergebnisse ist. Amtspersonen und Personen der Zeitgeschichte sind schwächer geschützt.

Gemeinsame Verantwortlichkeit

Bei der IDACON hat Anna Keller, die betriebliche Datenschutzbeauftragte beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln, einen Vortrag zu Auskunftsrechten bei gemeinsamer Verantwortlichkeit gehalten – auch mit Blick darauf, dass gerade im sozialen Bereich häufig die einzelnen gemeinsamen Verantwortliche unterschiedlichen Datenschutzgesetzen unterliegen. Einen kurzen Einblick in die Problematik gibt sie im aktuellen DSPraxis-Podcast (ab Minute 23.40).

Warnung vor dem Dienstleister

Warnungen finden sich in kirchlichen Amtsblättern häufiger. Meist geht es dabei um falsche Priester und angebliche Bischöfe aus der Weltkirche, die Geld erschleichen wollen. Im aktuellen Rottenburger Amtsblatt wird vor einer konkreten Firma gewarnt, die im Bereich Datenschutzberatung tätig ist: »Es wird ausdrücklich davon abgeraten, eine (kostenpflichtige) Datenschutzberatung der Firma KWH Datenservice GmbH oder anderer Firmen in Anspruch zu nehmen. Stattdessen wenden Sie sich in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten bitte an die Stabsstelle Datenschutz.« Einen Grund, warum vor dieser konkreten Firma eine amtliche Warnung für nötig erachtet wird, ist im Amtsblatt nicht ersichtlich. Auf Nachfrage zeigte sich Geschäftsführer Jochen Dannemann überrascht: »Ich bin sehr erschüttert über diese Meldung, da hier der Verdacht erweckt wird, dass hier mit unseriösen oder unrichtigen Methoden gearbeitet wird. Hier muss ich in aller Deutlichkeit widersprechen.« Der Kontakt mit der Stabsstelle Datenschutz sei bisher sehr gut gewesen, die Zusammenarbeit habe reibungslos funktioniert. Die genannten 1.800 Euro hätten sich auf eine Beratung von zwei Kirchengemeinden mit Kindergärten bezogen. Eine Anfrage an das Bistum zu der Warnung blieb bis auf eine Eingangsbestätigung bisher unbeantwortet.

In eigener Sache: Bildrechte und Datenschutz in der Jugendarbeit

  • Am 12. Dezember, 16.30 bis 18 Uhr, findet bei JHD|Bildung ein Webinar zu Bild- und Persönlichkeitsrechten in der Jugendarbeit statt. Die Anmeldung ist bis zum 28. November möglich. (Teilnahmebeitrag 10 Euro.)
  • Am 24. Januar, 16.30 bis 18 Uhr, biete ich ebenfalls für JHD|Bildung ein Webinar zu kirchlichem Datenschutz in der Jugendarbeit mit Schwerpunkt Social Media an. Die Anmeldung ist bis zum 10. Januar möglich. (Teilnahmebeitrag 10 Euro.)

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