Religion nicht mal mehr freiwillig – Wochenrückblick KW 40/2022

Abonnent*innen des Artikel-91-Newsletters haben den Wochenrückblick und exklusive Newsletter-Inhalte schon vor Veröffentlichung im Blog erhalten – hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.

Mit dem am Donnerstag letzter Woche beschlossenen dritten Gesetz zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften wurde die gesetzliche Möglichkeit zur freiwilligen Eintragung der Religionszugehörigkeit in die Personenstandsregister abgeschafft. Eine vernünftige Entscheidung, die staatliche Datenhaltung auf das erforderliche Maß zurückstutzt, sollte man denken, und angesichts der Rolle von Religionseinträgen bei der Organisation des Holocausts auch ein spätes Lernen aus der Geschichte. Aus den Unionsparteien gab es aber Protest. Die Ampel-Koalition wolle die Religion immer weiter ins Private zurückdrängen, kritisierte CDU-MdB Philipp Amthor, der religionspolitische Sprecher der Unionsfraktion Thomas Rachel sieht als Ziel ein »Zurückdrängen der Religionsgemeinschaften«. Auch die beiden kirchlichen Berliner Lobbybüros waren gegen diese Änderung und argumentierten identitär: Es sei »von großer Bedeutung, dass sich eine Person hierzu bekennen und damit in dem Personenstandsregister zum Ausdruck bringen kann, dass zu ihrer Identität der Glaube gehört«.

Der Freiburger Generalvikar hat per Dekret einen Fachausschuss Digitalisierung im Ordinariat eingerichtet – also ein Gremium, das dank rechtlicher Regelung durchaus Gewicht hat. Er soll den Generalvikar im Themenfeld der Digitalisierung beraten und unterstützen. »Ausgehend von diesem Grundauftrag berät der Fachausschuss über die Digitalisierung der pastoralen und kirchlichen Praxis, insbesondere der örtlichen kirchlichen Rechtsträger (z. B. Kirchengemeinden) sowie der dazugehörigen kirchlichen Verwaltung, um nützliche und nutzbare digitale Werkzeuge (z. B. Programme, Tools, Apps oder Services) zu ermöglichen, neue Formen der Kommunikation innerhalb der Gesellschaft und Kirche zu erschließen und die Definition einheitlicher Qualitätskriterien und verbindlicher Standards für die pastorale und kirchliche Praxis vorzunehmen«, heißt es im Dekret. Zu den gesetzten Mitgliedern gehört unter anderem der Diözesanökonom, aber niemand aus dem Bereich Datenschutz – aber immerhin will der Generalvikar noch zwei bis vier weitere Mitglieder berufen. Angesichts des Arbeitsauftrags wäre es sicher ressourcensparend, von vornherein Datenschutz mitzudenken.

Zum Datenschutzgesetz der Polnischen Bischofskonferenz gibt es jetzt einen zweibändigen Kommentar – leider nur gedruckt und wenig überraschend nur auf Polnisch. Das Werk dürfte auch über Polen hinaus interessant sein, weil das polnische Datenschutzdekret zu den kirchlichen Datenschutzgesetzen gehört, die sich eng an das Muster der COMECE anlehnen.

Auf Artikel 91

  • Thomas Hoerens ITM hat eine neue Version seiner Musterdatenschutzerklärung veröffentlicht, die jetzt auch die Bestimmungen des TTDSG berücksichtigt. Sicher nicht die schlankeste Datenschutzerklärung (und sehr großzügig mit berechtigten Interessen), aber eine Grundlage, die wohl kein Thema offen lässt.
  • Malte Engeler ist einer der schärften Kritiker der Einwilligung als Grundprinzip des Datenschutzes. Im Tagesspiegel erläutert er seine Kritik in einem lesenswerten Kommentar: »Während diese Betonung der Selbstbestimmung als Abwehr staatlicher Datenverarbeitung nachvollziehbar ist, erweist sich die Einwilligung zur Regulierung des Datenmarktes aber als inhärent ungeeignet.« Der Beitrag greift einem Vortrag bei der Konferenz »Bits & Bäume« vor, der auch schon online ist. Engeler spricht sich für ein Konzept der »Integrität des digitalen Körpers« neben dem der informationellen Selbstbestimmung aus – ein Konzept, das durchaus anschlussfähig an christliche sozialethische Denkfiguren wäre.
  • Zoom geht davon aus, die in der Checkliste der DSK für Videokonferenzsysteme aufgestellten Anforderungen erfüllen zu können. Der dazu von Zoom veröffentlichte Checklistenabgleich wurde nun aktualisiert.

Kirchenamtliches

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert