Aufarbeitungsgrundlagen – Wochenrückblick KW 26/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 26/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Rechtliche Aspekte der Aufarbeitung

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat einen Sammelband zu rechlichen Aspekten der Aufarbeitung herausgegeben. Naturgemäß ist Datenschutzrecht dabei sehr relevant. Stephan Rixen – Professor für Staatsrecht in Köln und Mitglied der UKASK – widmet sich Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis, insbesondere zu äußerungs- und datenschutzrechtlichen Aspekten. Ulrich Wastl – mit seiner Kanzlei verantwortlich unter anderem für das Münchner und das erste Kölner Gutachten – formuliert Mindestanforderungen für Aufarbeitung. Darin weist er auch darauf hin, dass die Verhinderung von Aufarbeitung unter Verweis auf Datenschutz bisher nicht gelungen ist: Er spricht über Äußerungs-, Datenschutz- und Archivrecht als »Verteidigungsschimären«: »Das Ergebnis dieser von interessierten Kreisen initiierten Versuche, berechtigte Aufklärungsprojekte zu torpedieren, lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass trotz „viel Rauch um Nichts“ und damit einhergehender Drohgebärden bis zum heutigen Tage soweit ersichtlich nicht eines der kirchlichen Aufarbeitungsprojekte auch nur Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung wurde.«

Entgegen erster Ankündigungen kam es auch bei der Nennung der Namen von verurteilten und mutmaßlichen Tätern nicht zu einer Klage von Angehörigen. Manfred Schmitz, Mitglied des Aachener Betroffenenrats und selbst Rechtsanwalt, spricht sich für die Namensnennung aus: »Vielen Betroffenen hat das Mut gemacht. Sie stellen fest, dass ihren Anschuldigungen geglaubt wird und dass die Berichte über die Vorfälle große Betroffenheit auslösen. Die Erkenntnis, dass der eigene Täter auch in vielen anderen Fällen Missbrauch begangen hat, führt Opfer zusammen und gibt ihnen oft erstmals die Chance, ihre berechtigten Ansprüche auch mit Hilfe von Zeugenaussagen durchzusetzen. Die Betroffenen stehen mit ihren Erinnerungen nicht länger alleine da« – Argumente, die in eine Abwägung einfließen sollten.

Der Münsteraner Historiker Thomas Großbölting – für die Münsteraner Studie verantwortlich – greift die Kritik am eigenen kirchlichen Datenschutzes von Pusch und Schenke als Beispiel für die »Instrumentalisierung des juristischen Kontextes« auf: »Wenn sich Bistümer auf eine selbst etablierte Datenschutzaufsicht und -gerichtsbarkeit beziehen, um Bedenken bei der Offenlegung von Informationen anzumelden und die Herausgabe von Akten zu verweigern, ist das schon eine fragwürdige Argumentation und wirft die Frage auf, ob gerade die Täterorganisation sich selbst zum Schweigen über die Vorgänge verpflichten und dieses dann als Argument gegen Aufarbeitung anführen darf.« Leider geht Großbölting nicht ins Detail, um welchen Fall es hier geht. Bisher ist eine Beschwerde eines Betroffenen gegen die von Großbölting mitverantwortete Münsteraner Studie bekannt (das Vorgehen der kirchlichen Aufsicht wurde von Großböltings Mitautor Große Kracht schon kritisiert), das IDSG hat außerdem vor kurzem eine Entscheidung auf die Klage eines Beschuldigten hin zugunsten des kirchlichen Aufarbeitungsinteresses getroffen.

Kurios ist eine Aussage von Bettina Janssen – die Rechtsanwältin hat die Studie zur DBK-Auslandspriesteroordinationsstelle Fidei Donum und zum ehemaligen Sternsinger-Präsidenten Winfried Pilz vererantwortet – zum Identitätenschutz von
Betroffenen. Dabei geht es um die Aufnahme von Interviews von Betroffenen. Die sollen angefertigt werden. Aber: »Eigene Audio-Aufnahmen durch die betroffene Person können aus datenschutzrechtlichen Gründen und zum Schutz von Dritten nicht erlaubt werden.« Auch das Transkript ihrer eigenen Aussagen sollen die Betroffenen nur anonymisiert erhalten. Warum das so sein soll, bleibt ihr Geheimnis. Wie so oft, wenn »Gründe« im Plural angeführt werden, werden diese nicht genannt.

In eigener Sache

  • Bei den Praxistagen Datenschutz & Informationssicherheit von Althammer & Kill vom 4. bis 6. September bin ich wieder als Referent dabei mit einem Workshop zum neuen DSG-EKD und auf dem Podium zum Thema Künstliche Intelligenz. (Anmeldung bei Althammer & Kill, 850 Euro)

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