E-Celebret und Klerikerrechte – Wochenrückblick KW 20/2023

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 20/2023
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

UBSKM zu Persönlichkeitsrechten von Beschuldigten und Betroffenen

Die Herder-Korrespondenz hat in ihrer aktuellen Ausgabe die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus interviewt. Dabei geht es auch um Persönlichkeitsrechte. Claus stellt fest, dass die Persönlichkeitsrechte von Tätern stärker thematisiert werden als von Betroffenen. Sie fordert eine Debatte darüber, ob nicht öfter Namen von Beschuldigten öffentlich genannt werden sollten, bei denen die Kirchenleitungen davon ausgehen, dass sie Täter sind – also das, was gerade im Bistum Aachen geprüft wird. Mit Blick auf die Betroffenen sieht Claus die kirchliche Selbstorganisation im Datenschutz kritisch: »Besonders problematisch ist an dieser Stelle, dass Betroffene im kirchlichen Bereich in datenschutzrechtlichen Fragen der kirchlichen Gerichtsbarkeit unterliegen. Der staatliche Rechtsweg steht ihnen allenfalls nachrangig, also nach dem kirchlichen Instanzenweg, offen.« Die UBSKM sieht darin einen der Gründe dafür, dass Persönlichkeitsrechte von Betroffenen bisher in nur ganz wenigen Fällen eine Rolle gespielt hätten, und nennt den Fall Weißenfels als Beispiel für den Umgang mit Betroffenen: »Regelmäßig werden sie in ihren Rechten verletzt, weil ihr Fall zum Beispiel mit Klarnamen einem erweiterten kirchlichen Kreis bekannt gemacht wird, obwohl sie dies aus guten Gründen untersagt haben.«

Debatte um digitale Klerikerausweise in Frankreich

Priester können sich als Priester per »Celebret« ausweisen. Was im Kirchenrecht als Empfehlungsschreiben des zuständigen Oberen beschrieben wird (c. 903 CIC), ist heute oft ein regelrechter Priesterausweis. In Frankreich ist man im Zuge von Maßnahmen gegen Missbrauch weiter gegangen: Dort gibt es jetzt einen landesweiten Klerikerausweis mit einem QR-Code, der auf eine zentrale Klerikerdatenbank verweist. Zur Überprüfung ist also immer ein Datenbankzugriff nötig, eine lokale Überprüfung per kryptografischer Signatur scheint nicht möglich zu sein. Mit dem neuen E-Celebret können Kleriker – Diakone und Priester in Diözesen und Orden – nicht nur nachweisen, dass sie Kleriker sind. Ein Ampelsystem zeigt an, ob Einschränkungen wie Zelebrationsverbote oder Kontaktverbote mit Minderjährigen vorliegen. (Bei katholisch.de habe ich auch berichtet.) Zeigt die Ampel gelb oder rot, kann über eine nur dem Kleriker bekannte PIN abgerufen werden, welche Einschränkungen vorliegen. Die Vorstellung des Systems hat einiges an Kritik hervorgerufen, auch mit Blick auf den Datenschutz, berichtet France24. (Die Datenschutzfolgenabschätzung wäre sicher interessant zu lesen: In der offiziellen Broschüre der Bischofskonferenz steht nichts zu IT-Sicherheit und Datenschutz – bei einer zentralen Datenbank voller Artikel-9-Daten hätte man das schon erwarten können.)

Chancen und Risiken der Erfassung religiöser Minderheiten in Pakistan

Im Irak und in Pakistan werden religiöse Minderheiten per Zensus erfasst. Staatliche Datensammlungen zur Religionszugehörigkeit von Minderheiten, und dann auch noch in Ländern mit dieser Menschenrechtslage, werfen erst einmal Fragen auf. Bei Missio wird das Thema als wichtig eingeschätzt, wie ein Sprecher des Aachener Hilfswerks auf Anfrage mitteilte. Vor einer Stellungnahme wolle man es aber noch weiter verfolgen. Auskunft zumindest zu Pakistan gab es dagegen von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Deren Partnerorganisationen im Land begrüßten den Zensus durch die Behörde, auch für die Ausstellung von Personalausweisen zuständig ist. »Örtliche Nichtregierungsorganisationen, die vor allem die ärmere Bevölkerung bei der Beantwortung unterstützen, weil unter dieser viele Analphabeten zu finden sind, hoffen nun darauf, dass der Zensus nun auch die Ausstellung von Papieren erleichtern wird. Diese helfen natürlich, grundlegende Rechte wahrzunehmen«, so Michaela Koller, IGFM-Referentin für Religionsfreiheit gegenüber Artikel 91. Problematisch sei eher die Festlegung auf eine Religion: »Dabei werden Muslime und Angehörige von religiösen Minderheiten ungleich behandelt. Während ein Christ zum Beispiel die Angabe in ›islamisch‹ bzw. ›Muslim‹ ohne weiteren Aufwand ändern kann, bedarf es einer gerichtlichen Genehmigung zur Korrektur der Angabe ›Muslim‹, wenn sich ein Pakistani als ›Christ‹ bekennen möchte, die Frage nach der Religion zuvor aber mit dem Bekenntnis zum Islam beantwortet wurde, etwa durch die vormals Sorgeberechtigten. Damit wird de facto der Glaubenswechsel erschwert und die zunehmend häufiger vorkommenden Zwangsübertritte zum Islam zementiert«, so Koller weiter.

Auf Artikel 91

Kirchenamtliches

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