Gegenwind fürs EKD-Kirchengericht – Wochenrückblick KW 12/2023

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 12/2023
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Mehr Kritik am EKD-Kirchengerichtshof

Das kuriose Urteil des Verwaltungssenats des EKD-Kirchengerichtshofs zum Auskunftsrecht und zur Geltung des DSG-EKD überhaupt wird auch in der aktuellen Ausgabe des Datenschutz-Beraters besprochen. »Diesen Rechtsauffassungen kann nicht gefolgt werden«, kommentiert der ehemalige juristische Referent im EKD-Kirchenamt Gerhard Eibach trocken. Eibach verwirft dabei nicht nur das Argument des Gerichts, dass das DSG-EKD nicht ordnungsgemäß innerhalb der Frist von Art. 91 Abs. 1 DSGVO zustandegekommen sei (»Die Ausfüllung dieses Zeitrahmens ist an keine weitere Form gebunden […] Nicht der Weg, allein das Ergebnis zählt.«). Er beklagt außerdem – wie ich –, dass das Kirchengericht seine Kompetenzen überschritten hat und dem EuGH hätte vorlegen müssen. Praxisrelevant ist seine überzeugende Auslegung des Auskunftsrechts des DSG-EKD, das tatsächlich ohne explizite Normierung des Anspruchs auf Kopie ankommt: »Erhofft oder erwartet sich der Antragsteller von einer Kopie einen Mehrwert, ist nach dem Transparenz-Grundsatz des § 16 DSG-EKD, der auf das Auskunftsrecht gemäß § 19 DSG-EKD ausstrahlt, diesem Ansinnen nachzukommen.«

Tätigkeitsbericht der Ordensdatenschutzbeauftragten

Der Gemeinsame Ordensdatenschutzbeauftragte hat seinen Tätigkeitsbericht für den Zeitraum vom 1. Februar 2022 bis zum 31. Januar 2023 vorgelegt. Eine ausführliche Besprechung folgt hier in der kommenden Woche. Interessant daran sind vor allem die Ausführungen zur Evaluierung des katholischen Datenschutzrechts.

Sprechzeiten bei der Aufsicht

Der BfD EKD hat künftig eine offene Telefonsprechstunde: Immer donnerstags von 14 bis 15 Uhr kann man die Aufsicht der meisten evangelischen Landeskirchen und diakonischen Werke erreichen. Auf katholischer Seite gibt es schon geraume Zeit das Angebot einer Videosprechstunde bei der KDSA Ost.

KDSA Ost rät von TikTok ab

Die KDSA Ost greift das Verbot von TikTok auf Dienstgeräten der EU-Kommission auf und schließt sich den Warnungen anderer Aufsichten an. Aus Sicherheitsgründen solle auf die Nutzung des Dienstes, zumindest auf betrieblich genutzten Geräten, verzichtet werden.

Predigt zur Datenpolitik

Beim dritten geistlichen Fastenzeit-Themenabend des Bistums Münster im Paulusdom war Andrea Nahles Festpredigerin zum Thema Sozialpolitik. In ihrer Ansprache zu Armut und Reichtum ging sie auch auf Datenpolitik ein: »Wenige Firmen in den USA und China haben Datenreichtum und erwirtschaften gigantische Werte an den Börsen damit, was sie an Datenbewegungen über uns alle sammeln.« Daten seien eine Voraussetzung für Innovation. »Wir werden erleben, dass wenn wir diese Daten nicht teilen und wenn wir nicht neue Regeln dafür schaffen, wie Daten auch demokratisiert werden können, dass sich eine ganz neue Form von Reichtum und Ungleichheit in dieser Welt etabliert«, so Nahles weiter. Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit forderte daher einen rechtlichen Datenteilungsgrundsatz auf Ebene der EU, um Monopole in Frage zu stellen: »Reichtum ist heute eben nicht mehr nur Boden und Kapital, das ist heute vor allem Datenkapital.«

Volkszählung in Pakistan will religiöse Minderheiten erfassen

Volkszählungen geben immer wieder zu Misstrauen und Protesten Anlass. So auch die gerade stattfindende Volkszählung in Pakistan. Anders als hier, wo das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts heute noch einer der Grundtexte des Datenschutzes ist, ist die Befürchtung in Pakistan nicht zu viel staatliche Ausforschung, sondern dass religiöse Minderheiten (also alle Nicht-Muslime) systematisch unterrepräsentiert werden und ihre Gläubigen sich aus Misstrauen nicht an der Volkszählung beteiligen. Die staatliche Minderheitenkommission ruft deshalb Religionsgemeinschaften auf, zum Zensus beizutragen. »Es ist wichtig, die richtige Zahl der christlichen Gläubigen in Pakistan zu haben. Deshalb sind Pfarrer, Bischöfe, Politiker, NGO-Vertreter, Sozialarbeiter, gebildete Menschen aufgerufen, alles zu tun, damit alle christlichen Familien registriert werden«, zitiert die Agenzia Fides den Generalsekretär der Minderheitenkommission. Christ*innen fordern im Gegenzug Transparenz vom pakistanischen Statistikamt, um das öffentliche Vertrauen in den Zensus zu fördern.

EU-Kommission will DSGVO-Durchsetzung verbessern

Die EU-Kommission will die Durchsetzung der DSGVO verbessern und hat dazu einen Call for evidence gestartet. An diesem Beteiligungsaufruf habe ich mich auch beteiligt und vorgeschlagen, die spezifischen Aufsichten besser in die Entscheidungs- und Informationsflüsse des Europäischen Datenschutzausschusses einzubeziehen.

Auf Artikel 91

  • Spiros Simitis ist tot. Der große Pionier des Datenschutzrechts, Vater des ersten Datenschutzgesetzes überhaupt und erster Landesdatenschutzbeauftragter – beides in Hessen – starb im Alter von 88 Jahren. In der Süddeutschen würdigt Heribert Prantl den Verstorbenen: »Ihm war schnell klar, dass Datenschutz nicht nur die Privatsphäre schützt, sondern zugleich die Demokratie. Der bewusste Verzicht auf zugängliche Informationen sei, so sagte er, eine Grundvoraussetzung demokratischer Gesellschaften.« Der Nachruf von Christiane Schulzki-Haddouti bei Golem geht noch stärker und kenntnisreich auf Simitis‘ Bedeutung für kritischen Datenschutz bis zuletzt ein. Ewiges Gedächtnis! Αἰωνία ἡ μνήμη!
  • Langsam sollten es alle wissen, trotzdem findet es sich immer noch und immer wieder: Zustimmung zu Datenschutzhinweisen – dabei brauchen sie gar keine Zustimmung, und im schlimmsten Fall werden Pflichtinformationen so zu AGB mit allen Folgen. Der Europäische Datenschutzausschuss sieht das auch kritisch: Für ihn liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor, erläutert Carlo Piltz. Daher: Datenschutzhinweise sind Hinweise – Finger weg von Zustimmung und Ankreuzkästchen.

Kirchenamtliches

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