Neue Rechtsgrundlagen für Akteneinsicht zur Aufarbeitung

Die Bistümer Osnabrück und Trier haben Rechtsgrundlagen für Einsichts- und Auskunftsrechte in Personalakten von Klerikern geschaffen, um Aufarbeitung zu erleichtern. In den aktuellen Amtsblättern haben die Bischöfe Ackermann und Bode zusätzlich zur hier schon besprochenen Personalaktenordnung jeweils ein Gesetz erlassen, das die in der PAO schon allgemein festgeschriebene Datenweitergabe für Kleriker und zur Aufarbeitung spezifiziert.

Sieht aus wie ein Hängeregister mit Akten, ist aber ein Plattenschrank
(Symbolbild, Photo by Mr Cup / Fabien Barral on Unsplash)

Auch wenn es sich anscheinend hier nicht um eine Parallelgesetzgebung handelt, die von der Bischofskonferenz vereinbart und in allen Bistümern umgesetzt werden soll, sind die Kernregelungen weitgehend identisch – und weisen auch eine gewisse Übereinstimmung mit der im Sommer neu eingeführten Aufarbeitungsrechtsgrundlage im DSG-EKD auf. (Einen ersten knappen Überblick gab es bereits gestern von mir auf katholisch.de.)

Bereits zum 24. November ist das Osnabrücker »Gesetz zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten für die Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener sowie beauftragte Forschungsinstitute in Bezug auf Personalaktendaten von Klerikern« in Kraft getreten. (Und nein: Weder ein Kurztitel noch eine amtliche Abkürzung wurde angegeben.) Es regelt lediglich die Übermittlung von Daten an bischöfliche Aufarbeitungskommissionen und Forschungseinrichtungen. Möglich ist eine Übermittlung, wenn vier Bedingungen erfüllt sind: sie muss notwendig für das Projekt sein, eine Anonymisierung der Daten ist nicht möglich oder nicht praktikabel, das kirchliche Interesse an der Aufarbeitung muss die schutzwürdigen Interessen des Bediensteten überwiegen und der Diözesanbischof oder eine von ihm dazu beauftragte Person müssen zustimmen. Durchweg ist die Rede von »Bediensteten« statt, wie datenschutzrechtlich üblich, von »Betroffenen« – wohl, weil dieser Begriff im Kontext Missbrauch üblicherweise Betroffene sexualisierter Gewalt bezeichnet. Priorität sollen Auskünfte erteilt werden, wenn es erforderlich ist, ist auch eine Akteneinsicht möglich. Die Daten dürfen lediglich für das jeweilige Projekt verwendet werden, eine Zusammenführung mit anderen Daten ist nur zulässig, wenn sie erforderlich ist, eine Veröffentlichung ist nur dann, wenn sie unerlässlich ist und es sich um Personen der Zeitgeschichte handelt. Es gilt eine Löschfrist von zwei Jahren.

Zum 1. Januar 2022 tritt die Trierer »Ordnung zur Regelung von Einsichts- und Auskunftsrechten Dritter in Bezug auf Personalaktendaten von Klerikern«. Im Vergleich zum Osnabrücker Gesetz ist sie länger. Hier wird in drei Paragraphen nach Datenempfänger differenziert: Aufarbeitungskommissionen (§ 1), Forschungszwecke (§ 2) und mit Aufarbeitung beauftragte Anwaltskanzleien (§ 3), die im Osnabrücker Gesetz gar nicht erfasst sind. § 1 ist dabei bis auf notwendige Anpassungen in der Terminologie identisch mit der Osnabrücker Regelung, die anderen beiden Paragraphen übernehmen diese Regeln auch weitgehend und passen sie auf die jeweilige Situation an. Der relevanteste Unterschied zu Osnabrück ist die Aufnahme von Anwaltskanzleien.

Interessant ist ein vergleichender Blick auf die im Sommer eingeführte neuen DSG-EKD Regelung zur »Verarbeitung personenbezogener Daten zur institutionellen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt« (§ 50a DSG-EKD). Diese geht zunächst systematisch anders vor: Sie schafft eine allgemeine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten, keine spezielle für die Auswertung von Personalakten bestimmter Berufsgruppen. Potentiell enger gefasst ist die Beschränkung auf »institutionelle« Aufarbeitung, während die katholischen Regeln wohl auch die Verwendung zur Aufarbeitung von (tatsächlichen oder angeblichen) Einzelfällen ermöglichen würde. Während die katholischen Regeln vorsehen, dass der Dienstherr den betroffenen Bediensteten informiert, schließt das DSG-EKD die Informationspflicht gerade aus. Bei der Offenlegung gibt es zunächst keine Einschränkungen auf Personen der Zeitgeschichte, sie bedarf aber der Zustimmung der offenlegenden Stelle, die es nach den katholischen Regeln nicht braucht. Die Zustimmung ist zu erteilen bei Personen der Zeitgeschichte, die vorher anzuhören sind, oder bei Einwilligung der betroffenen Person. Da es nicht nur um Personalakten geht und die Rechtsgrundlage auch Daten von betroffenen sexualisierter Gewalt erfasst, wird diese Veröffentlichung eigens geregelt und stets an die Einwilligung geknüpft.

Fazit

Immer wieder ist erstaunlich, wie spät Regelungen erfolgen – in vielen Bistümern laufen bereits Aufarbeitungsprozesse, eine kirchengesetzliche Regelung scheint aber erst jetzt im Zuge der Personalaktenordnung in den Blick zu kommen. Dass es klare rechtliche Verfahren gibt, ist zu begrüßen. Die Normen wirken auch praktikabel, wobei nicht klar ist, warum hier im Vergleich zur Reichweite der PAO nur noch die Kleriker, nicht mehr die Kirchenbeamten erfasst werden. (Kirchliche Angestellte, also auch ein Großteil des pastoralen Personals, sind ohnehin nicht erfasst.)

In der Praxis wird sich zeigen, ob die katholische Lösung ausreicht, oder ob eine umfassendere datenschutzrechtliche Regelung wie im DSG-EKD (die allerdings erst ein gutes halbes Jahr in Kraft und daher noch nicht evaluiert ist) besser für die Aufarbeitung geeignet ist.

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