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Das alt-katholische Bistum kann aufatmen: Die nordrhein-westfälische Datenschutzaufsicht verzichtet erst einmal darauf, das eigene Datenschutzrecht und seine Überwachung bei den Alt-Katholik*innen anzuzweifeln. »Zur Alt-Katholischen Kirche lassen wir unsere Prüfung bis auf Weiteres ruhen, da wir keinen aktuellen Anlass haben, unsere Zuständigkeit insoweit zu prüfen«, hieß es auf Anfrage – dass in NRW die alt-katholische und die neu-apostolische Kirche überprüft werden, ist seit den Recherchen hier vor einem Jahr bekannt. Nicht so rosig sieht es bei den Neu-Apostoliker*innen aus: Hier gibt es ein Ergebnis, das die NRW-Aufsicht aber erst noch mit den anderen Aufsichtsbehörden abstimmen will. Angesichts der sehr eigenwilligen und eher nicht umfassenden Datenschutzrichtlinie der Gemeinschaft dürfte das Ergebnis eher negativ ausfallen. Zu einer ähnlichen Prüfung in Berlin (wohl die Zeugen Jehovas, wie auch in Hessen) und Niedersachsen (recht sicher die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche) gab es auf Anfrage bei den zuständigen Behörden keine Neuigkeiten.
Nach Redaktionsschluss in der letzten Woche hat am vergangenen Freitag die Synode des alt-katholischen Bistums wie angekündigt über eine Änderung seiner KDO abgestimmt: eine recht weitreichende Rechtsgrundlage zur Veröffentlichung von Kontaktdaten von Haupt- und Ehrenamtlichen. Dem Plädoyer von Generalvikarin und Synodalanwalt folgend – zu weitreichend, gerade mit Blick auf private Kontaktdaten; nicht nötig, da dienstliche Kontaktdaten schon jetzt veröffentlicht werden können – wurde der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt, nur etwa ein Drittel der Synodalen stimmte zu. Synodalität funktioniert: Auch wenn’s praktisch wäre, wurde eine weitreichende Regelung verhindert, die das Datenschutzniveau deutlich geschwächt hätte. Die Diskussion, in der einiges durcheinander ging (so schien nicht allen klar zu sein, dass das Bistum eine eigene spezifische Aufsicht hat, und dass es mit dieser Rechtsgrundlage keine Einwilligung der Betroffenen mehr brauchen würde), zeigte aber auch: Eigentlich ist die Materie zu komplex, als dass sich eine Religionsgemeinschaft (größere und größte eingeschlossen) so etwas ans Bein binden sollte.
Datenschutz wird auch zunehmend im Kirchenrecht Thema. Wie schon im vergangenen Jahr gab es auf der Tagung »De Processibus Matrimonialibus« einen einschlägigen Vortrag, dieses Mal von der Salzburger Ordinariatskanzlerin Elisabeth Kandler-Mayr über »Verfahren an kirchlichen Gerichten und der erforderliche Schutz von Daten«. Dabei ging es vor allem um Aspekte des Persönlichkeitsschutzes im kirchlichen Eheprozessrecht – das ist recht speziell, und da die Vorträge in der gleichnamigen Zeitschrift als Open Access publiziert werden, soll es darum hier auch nicht gehen. Von allgemeinem Interesse war der Einblick in das österreichische kirchliche Datenschutzrecht. Anders als in Deutschland gibt es in Österreich kein eigenes Datenschutzgesetze, sondern nur ein Decretum Generale der Bischofskonferenz, das spezielle Aspekte regelt, ansonsten unterfällt auch die Kirche der DSGVO und der staatlichen Datenschutzaufsicht. Bemerkenswert ist, dass das Datenschutzdekret dennoch auf Art. 91 DSGVO verweist und in Anspruch nimmt, diesen umzusetzen. Das vertrat auch Kandler-Mayr. Die Kirche habe ihre Möglichkeiten aus der DSGVO genutzt: kirchliche Regeln könnten weiter angewandt werden, wenn sie mit EU-Recht in Einklang gebracht werden können. Anscheinend wird hier eine deutlich andere Lesart praktiziert als in Deutschland, wo es in der Literatur und in der Praxis Konsens ist, dass ein eigenes Datenschutzrecht dem Wortlaut von Art. 91 DSGVO entsprechend auch »umfassend« sein muss. Ob diese Frage überhaupt praxisrelevant ist, steht auf einem anderen Blatt: Hauptziel des Decretum Generale sei es, die geltende Rechtslage festzuzurren, dass die Kirche auch im Datenschutz als öffentlich-rechtliche Körperschaft behandelt wird – und so etwa von Bußgeldern ausgenommen wird.
Das Erzbistum Freiburg stellt nun wie andere Diözesen zuvor sein Amtsblatt auf eine volldigitale Form um, nachdem es schon seit Jahren zusätzlich digital verfügbar ist. Künftig entfällt damit die Pflicht, das Amtsblatt im Pfarrbüro zu sammeln, außerdem ist eine bessere Suche angekündigt. Erfreulich: Auch eine digitale Rechtssammlung und ein Newsletter zum Amtsblatt sind angekündigt. Bisher wird das Freiburger Diözesanrecht in der Loseblattsammlung Dallinger/Jurina gesammelt. Weiterhin keine Bewegung gibt es in den Bistümern Aachen, Augsburg, Bamberg, Eichstätt, Erfurt, Mainz, München und Freising sowie der Katholischen Militärseelsorge – da bleibt das Amtsblatt aus dem Netz.
Auf Artikel 91
- Persönlichkeitsrechte im neuen kirchlichen Strafrecht
- Nordkirche stimmt für Übertragung der Datenschutzaufsicht an die EKD
Aus der Welt
- WhatsApp und der Datenschutz – was da eigentlich das Problem ist und wie der aktuelle Stand ist, hat Dr. Datenschutz aufgeschrieben.
- Datenschutz als Innovationshemmer und Pandemietreiber? BfDI Ulrich Kelber platzt auf Twitter der Kragen und plaudert aus dem Nähkästchen, wie das Gesundheitsministerium sich Kompetenz nicht einmal aufdrängen lässt.
- Der Datenzirkus im Blog des BvD ist nun sicher nicht der größte Insidertipp – aber trotzdem kann man den immer sehr detaillierten Überblick über Datenschutznews auch mal explizit würdigen und empfehlen. Und das nicht nur, weil freundlicherweise auch immer mal wieder Artikel91.eu verlinkt wird.
Kirchenamtliches
- Bistum Rottenburg-Stuttgart: Veröffentlichung Widerspruchsrecht gem. Fundraisingordnung § 4 Abs. 3 in den örtlichen Gemeindemitteilungen/ Pfarrnachrichten
- Bistum Dresden-Meißen: Rahmenordnung über die Führung von Personalakten und Verarbeitung von Personalaktendaten von Klerikern und Kirchenbeamten (Personalaktenordnung)
- KDSA Ost
- BfD EKD: Jahresprogramm Weiterbildung 2022 erschienen
- Kirchliches Datenschutzmodell: Freigabe der Bausteine 41 und 62