Beichtstuhl und Geheimarchiv – Wochenrückblick KW 10/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 10/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Kein Handy im Beichtstuhl

Der Bischof der Eparchie Olsztyn-Danzig in Polen der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine hat seinen Klerikern die Verwendung von Büchern statt digitalen Geräten für die Liturgie mit einem Erlass vorgeschrieben (ähnliche Dekrete gibt es auch in den beiden anderen griechisch-katholischen Diözesen Polens). Datenschutzrelevant ist Punkt 5: »Während der Spendung des Bußsakraments müssen alle digitalen Medien (Mobiltelefon, Smartphone, Uhr, Tablet usw.) außerhalb des Beichtstuhls bleiben.«

Angesichts des restlichen Dokuments dürfte es dabei vor allem um die Würde des Sakraments gehen, das bestätigt auch der Bischof selbst in der polnischen Presse. Zugleich ist das aber auch eine sinnvolle technische und organisatorische Maßnahme, um das Beichtgeheimnis zu schützen: Man muss nicht einen Malware-Angriff vermuten (der bei der ukrainisch-katholischen Kirche möglicherweise realistischer ist als anderswo), der das Gerät zur Wanze macht. Schon eventuell auf Aktivierungswörter horchende Assistenzsysteme können problematisch sein, wenn sie versehentlich die Aufzeichnung starten und Teile des Beichtgesprächs auf den Server des Dienstleisters legen. Ohne Gadgets Beichte hören ist daher nicht nur für ukrainisch-katholische Priester aus Polen sinnvoll. (Seit 2023 ist die Aufnahme von Beichten mit technischem Hilfsmittel durch c. 1456 § 3 CCEO auch im Ostkirchenrecht strafbewehrt, wobei es des Vorsatzes bedarf.)

Magdeburger Musterformulare für Fotoaufnahmen

Das Bistum Magdeburg hat ein Merkblatt für Fotos auf kirchlichen Veranstaltungen sowie ein Musterformular mit Datenschutzhinweisen veröffentlicht. Dabei setzt man nur auf die Einwilligung – das ist beim Bistum und bei Pfarreien so wohl zwingend, da sich öffentlich-rechtlich verfasste Verantwortliche laut KDG nicht aufs berechtigte Interesse berufen können. Verantwortliche in anderen Rechtsformen können dagegen oft auf Interessensabwägungen setzen. (Am Beispiel Fotos bei Ferienlagern habe ich das bereits ausführlich erläutert.)

Löschpflicht im Churer Geheimharchiv ausgesetzt

Schon vor Monaten kündigten die Schweizer Bischöfe an, künftig nicht mehr regelmäßig Missbrauchsakten im bischöflichen Geheimarchiv zu vernichten (O-Ton: »notabene im Widerspruch zum geltenden Kirchenrecht«). Im Bistum Chur ist diese Vorgabe nun ins Diözesanrecht aufgenommen worden. Zum 1. März trat die neue Archivordnung in Kraft. Art. 19 legt nun fest: »Es ist untersagt, Akten von kirchlichen Voruntersuchungen und Strafverfahren zu vernichten, welche sich im diözesanen Geheimarchiv (Can. 489 § 1) befinden. Dies gilt auch dann, wenn Beschuldigte verstorben sind bzw. ihre Verurteilung 10 Jahre zurückliegt. Explizit für den Bereich der Sexualdelikte ist Can. 489 § 2 nicht mehr zu befolgen.«

EU-Bischöfe im Dialog mit dem EuGH

Die Rechtskommission der COMECE war zu Gast beim Europäischen Gerichtshof. In der Pressemitteilung dazu werden einige Themen angerissen, über die gesprochen wurde: Unter anderem ging es um die Rolle von Art. 17 Abs. 1 AEUV in der Rechtsprechung des EuGH – dieser Artikel legt fest, dass die EU nicht in das Religionsverfassungsrecht der Mitgliedsstaaten eingreifen darf, und steht damit insbesondere im Datenschutz in gewisser Spannung zu EU-Gesetzgebung und zur eher laizistischen Linie des EuGH. Bei der anschließenden Sitzung der Rechtskommission ging es unter anderem um »GDPR national cases« – auch ohne weitere Details ist zu vermuten, dass es vor allem um den belgischen Rechtsstreit zum Löschrecht in Taufbüchern geht. Hier wäre durchaus eine EuGH-Vorlage denkbar.

Islamische Datenethik

»Jedes Geschöpf, vom Menschen bis zum Tier, hat von Allah unantastbare Rechte erhalten. Wenn ein Mensch zu Lebzeiten das Recht eines anderen verletzt, wird er am Tag der Auferstehung zur Rechenschaft gezogen. Es sei denn, ihm wird zu Lebzeiten vergeben«, heißt es bei der Islamischen Zeitung zu ethisch-korrekter Website-Entwicklung aus islamischer Sicht. Zu diesen Rechten gehöre auch Privatsphäre – und damit die Verantwortung für eine entsprechende Gestaltung von Webseiten. Die DSGVO und das EU-Onlinerecht sieht der Autor Alp Uçkan dabei als grundsätzlich islamkonform an: »Als Muslime, die im Netz Geschäfte machen, können wir dieses Rahmenwerk bedenkenlos übernehmen, da es mit unseren Geboten kompatibel ist. Zusätzlich dazu gibt es für Muslime ein paar Dinge, die im Recht zwar erlaubt, aber für uns verboten sind.« Uçkan verweist dabei vor allem auf religiöse Regelungen zum Handel.

Auf Artikel 91

  • Die geleakte Bundeswehr-Besprechung zur Lieferung von Taurus-Raketen zieht politisch Kreise. Aktuell scheint die Verwendung einer unsicheren telefonischen Einwahl in die Webex-Videokonferenz das Leak ermöglicht zu haben. Der Leak wirft ein Schlaglicht auf IT-Sicherheits-Praktiken. Bei Golem kommentieren das Caroline Krohn und Manuel Atug die Lage und fordern eine »Zeitenwende für Digitalkompetenz«.

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