Immer noch sind die wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Datenschutzrecht der Kirchen sehr übersichtlich; vieles ist noch unklar, auch weil der Art. 91 DSGVO, der Religionsgemeinschaften eigenes Datenschutzrecht ermöglicht, bei näherer Betrachtung einige Unklarheiten aufweist. Dem Wortlaut nach schreibt der Artikel nur einen Bestandschutz für bereits bestehendes Datenschutzrecht der Religionsgemeinschaften fest – auch wenn das kaum mit dem Religionsverfassungsrecht (mancher) Mitgliedstaaten vereinbar ist, dem der Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV) in seinem Art. 17 wiederum Bestandschutz gewährt.
Während etwa die deutsche Datenschutzkonferenz Art. 91 wörtlich-restriktiv auslegt, reihen sich Mario Martini und Jonas Botta ein unter die Kommentatoren, die den Artikel im Licht von Religionsfreiheit und Selbstverwaltungsrecht interpretieren. Die Juristen am Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung (FÖV) – Martini als Leiter des Programmbereichs Digitalisierung, Botta als Forschungsreferent – haben in der aktuellen Ausgabe von »Die Öffentliche Verwaltung« einen Aufsatz mit dem Titel »Kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit zwischen Selbstbestimmungsrecht und Rechtsschutzgarantie« (DÖV 2020, S. 1045–1054) veröffentlicht, in dem sie sich schwerpunktmäßig mit dem Verhältnis kirchlicher Datenschutzgerichtsbarkeit zu Rechtsschutzvorgaben der DSGVO und des Unionsrechts befassen. Über die Frage der Datenschutzgerichtsbarkeit hinaus liefern sie einige gute Argumente zur Interpretation von Art. 91 DSGVO.
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