Mormonische KI – Wochenrückblick KW 12/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 12/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Fragerecht des Arbeitsgebers nach »Diversitätsmerkmalen«

Die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben einen Sachstand zum »Titel: Fragerecht des Arbeitgebers und Beschäftigtendatenschutz im Hinblick auf sogenannte Diversitätsmerkmale« veröffentlicht. Zu diesen Diversitätsmerkmalen gehört auch Religion und Weltanschauung. Im Ergebnis dürfen solche Merkmale laut der Ausarbeitung in der Regel wohl ausschließlich auf der Rechtsgrundlage einer Einwilligung überhaupt verarbeitet werden.

Im kirchlichen Datenschutz gibt es hierzu nur kleine Abweichungen: Die bloße Religionszugehörigkeit gehört dort nicht zu den besonderen Kategorien personenbezogener Daten, und das katholische Datenschutzrecht erlaubt grundsätzlich und ausdrücklich die Verarbeitung von »Daten über die Religionszugehörigkeit, die religiöse Überzeugung und die Erfüllung von Loyalitätsobliegenheiten« (§ 53 Abs. 1 KDG). Auch hier gilt aber der Erforderlichkeitsgrundsatz – die umfangreiche Ausarbeitung der wissenschaftlichen Dienste dürfe für kirchliche Dienstgeber und MAVen hilfreich sein.

Amtsblatt des Bistums Mainz jetzt online

Seit dieser Woche ist das Amtsblatt des Bistums Mainz online. Damit sind nun fast alle Amtsblätter von Bistümern und Landeskirchen digital öffentlich verfügbar. Die rote Laterne ist in Bayern: Das Bistum Augsburg plant nach letztem Stand, im zweiten Quartal 2024 online zu gehen, von der bayerischen Landeskirche sind keine entsprechenden Pläne bekannt. Dass mittlerweile so viele Amtsblätter online sind, ist ein großer Gewinn für die kirchlich Rechtskultur: Nur wenn Recht transparent, bekannt und verfügbar ist, kann man sich einfach darauf berufen, und Öffentlichkeit ist zumindest in der katholischen Kirche fast die einzige Möglichkeit, oberhirtliche Macht einzuhegen.

In den veröffentlichten Amtsblättern ist auch die Mainzer kirchliche Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes zu finden, das den wunderschönen Kurznamen »Internemeldestelleneinrichtungsundbetriebsgesetz« trägt. In § 4 Abs. 2 IntMeldeStG werden Normen benannt, zu denen insbesondere Verstöße genannt werden können, unter Nr. 10 das KDG und die KDG-DVO. Das ist auch deshalb relevant, weil ein Beschwerderecht bei der Aufsicht nur mit Blick auf subjektive Rechte besteht, Verstöße wie ein fehlendes Verarbeitungsverzeichnis oder unzureichende ToMs sind dagegen nicht über eine datenschutzrechtliche Beschwerde abgedeckt. Generell ist die Norm sehr sorgfältig und durchdacht gearbeitet – § 6 Abs. 3 Nr. 2 berücksichtigt eigene Meldewege für Datenpannen, § 9 schafft sehr klar Rechtsgrundlagen und regelt Vorränge; in anderen kirchlichen Gesetzen findet man allzu oft nur nichtssagende und nutzlose Deklarationen, dass Datenschutzrecht gilt.

Beichtgeheimnis in Hongkong

Das am Dienstag verabschiedete Gesetz zur »nationalen Sicherheit« in Hongkong schränkt die Bürgerrechte noch mehr ein als ohnehin schon. Unter anderem gibt es eine Anzeigepflicht für Hochverrat, bei Zuwiderhandlung drohen langjährige Haftstrafen. Ausnahmen von der Anzeigepflicht gibt es für Anwält*innen, nicht aber für Seelsorger*innen. Über die Gefahr für die Religionsfreiheit berichtet Hong Kong Watch ausführlich. Die Diözese Hongkong hat vor der Verabschiedung ein knappes Statement veröffentlicht, mit dem sie anscheinend die Bedenken zerstreuen will. Zur Beichte heißt es dort: »The legislation of Article 23 will not alter the confidential nature of Confession(Sacrament of Reconciliation) of the Church.« Die Formulierung ist vage und interpretationsoffen: Ob damit die Kirche nur die kirchenrechtliche Unverletzbarkeit des Beichtsiegels betont, oder ob sie nichtöffentliche Verfahrensgarantien durch den Staat erhalten hat, ist unklar.

Mormonen führen KI-Leitprinzipien ein

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wendet für ihre Arbeit künftig KI-Leitprinzipien an. Zentral sind dabei drei Grundlagen: der Geist, Weisheit und vertrauenswürdige Quellen. Darauf bauen fünf Prinzipien auf, an denen die Mormonen ihre Verwendung von KI ausrichten: spirituelle Bindung, Transparenz, Privatsphäre und Sicherheit sowie Verantwortlichkeit. Das Prinzip »Privacy and Security« wird in einem Punkt weiter ausgeführt: »Der Einsatz von künstlicher Intelligenz durch die Kirche wird den Schutz heiliger und persönlicher Daten gewährleisten.« Insgesamt wirken die mormonischen KI-Prinzipien sehr ausgereift, pragmatisch und angemessen abwägend zwischen Chancen und Risiken.

In eigener Sache

  • Am 5. Juni, 16.30 bis 18.30 Uhr biete ich wieder für JHD.Bildung ein Online-Seminar zu Kirchlichem Datenschutz allgemein und in den sozialen Netzwerken an. (Anmeldung bis 22. Mai bei JHD.Bildung, 20 Euro.)
  • Bei den Praxistagen Datenschutz & Informationssicherheit von Althammer & Kill vom 4. bis 6. September bin ich wieder als Referent dabei, dieses Mal voraussichtlich zum neuen DSG-EKD. (Anmeldung bei Althammer & Kill, 850 Euro, Frühbucherrabatt bis 31. Mai.)

Auf Artikel 91

  • Ein breites Bündnis digitalpolitischer Organisationen protestiert mit einem offenen Brief an die Bundesinnenministerin gegen das Vorgehen bei der Neubesetzung des BfDI. Dass Ulrich Kelber anscheinend nicht wieder berufen wird, weil er seine Arbeit gemacht hat, sei ein verheerendes Zeichen: »Es entsteht der Eindruck, der bisherige Amtsinhaber könnte sich eine mögliche zweite Amtszeit nicht durch den Einsatz für die Sache erarbeiten, sondern insbesondere durch politische Gefügigkeit.«

Kirchenamtliches

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