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Schon letzte Woche ging es um die vom Kölner Missbrauchsgutachten offengelegte prekäre Verfassung des kirchlichen Rechts und seiner Anwendung. Dieses scheinbar randständige Thema scheint nun in die Debatte zu kommen. Ansgar Hense und Karl Schmiemann plädieren in Feinschwarz für eine bessere Qualität und mehr Reflexion insbesondere in der bischöflichen Gesetzgebung. Aufs Tapet kommt dabei auch das Öffentlichkeitsdefizit in der kirchlichen Gesetzgebung, die in Weiten Teilen noch eine bismarck’sche Wurstfabrik ist: »[Wie kommen] diözesane Gesetze überhaupt zustande […]? Wie werden Regelungsbedarfe, aber auch Normierungspflichten, festgestellt? Wer ist daran zu beteiligen und wie erfolgt die dazu notwendige Dokumentation, wie hoch ist der Grad der Publizität? Wie viel braucht es an kirchengesetzlicher Normierung oder noch besser, auch nicht?« Diese Fragen seien umso wichtiger, als da es neben dem Papst und den zuständigen kurialen Behörden keine unabhängige, wirksame Normenkontrolle gibt.
Der Tagungsband zum Symposium »Ein Jahr KDG« des Katholischen Datenschutzzentrums Dortmund ist jetzt auch komplett online verfügbar. Die Beiträge von Steffen Pau zur Tätigkeit der Aufsichten und Gernot Sydow zu der der neu eingerichteten Gerichte sind immer noch sehr lesenswerte Einführungen in das institutionelle Gefüge der kirchlichen Selbstverwaltung im Datenschutzrecht, auch wenn sich kritisch anmerken ließe, dass die dort immer wieder behauptete Regelung kirchenspezifischer Sachverhalte durch das Kirchengesetz in der Praxis, jedenfalls im KDG, nicht erkennbar ist. Bedenkenswert ist auch Sydows Plädoyer, einen Wildwuchs an verschiedenen Gerichten zu vermeiden und eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit oder wenigstens eine dem Gemeinsamen Senat der Obersten Bundesgerichte vergleichbare Institution in Betracht zu ziehen. Der Band beginnt mit einer Einführung von Marcus Baumann-Gretza in die Geschichte des kirchlichen Datenschutzes bis zum KDG – inklusive dieser Beobachtung: »Man wird also als gesichert annehmen dürfen, dass es den Kirchen anfangs weniger darum ging, aus theologischer Reflektion zu agieren, sondern vielmehr in Reaktion auf die staatliche Gesetzgebung die Meldedatenübermittlung sicherzustellen« – und fragt sich: anfangs?
Und schließlich aus der Reihe »Laie staunt, Fachmann wundert sich«: Das Dortmunder Datenschutzzentrum hat jetzt einen Cookie-Hinweis und weist darauf hin, dass nur technisch notwendige Cookies gesetzt werden. Der Augenwinkel zuckt etwas, dass die zu betätigende Schaltfläche »Einverstanden« heißt, aber nun gut. Auf der Suche nach den angekündigten technisch notwendigen Cookies bin ich nur auf einen gestoßen: Nämlich »displayCookieConsent«. Inhalt nach dem Anlegen per Klick auf »Einverstanden«: »y«. k, wie die jungen Leute sagen.
Auf Artikel 91
- Drei Fragen und zwei Wünsche zum kirchlichen Datenschutz
- Freie Fahrt für freie Daten – Schutzgut Datenverkehrsfreiheit?
Aus der Welt
- Axel Voss (MdEP CDU) stellt bei Politico seine Vorstellungen vor, wie die DSGVO für die digitale Welt fitgemacht werden soll. In weiten Teilen das von ihm Gewohnte – eine Absenkung des Schutzstandards, verargumentiert mit angeblichen DSGVO-Problemen bei der Pandemiebekämpfungen und im Homeoffice. »more guidance and exemptions for smaller businesses, startups and organizations« klingt zunächst nett, aber man ahnt doch, dass damit nicht primär ein kluges risikobasiertes Modell, das ehrenamtlich getragenen Vereinen hilft, gemeint ist.
- Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat seinen Jahresbericht für 2020 veröffentlicht. Kirchen, Religionsgemeinschaften und ihre spezifischen Aufsichten kommen nicht vor, auch nicht in dem Abschnitt über das Projekt »DSK 2.0«, mit der die Datenschutzkonferenz ihre Strukturen überprüft. Die mangelnde Beteiligung der spezifischen Aufsichten wurde immer wieder von diesen beklagt, wie aus per Informationsfreiheitsgesetz befreiten Protokollen hervorgeht.
- Ein neuer Datenschutz-Podcast geht an den Start: Karina Filusch und Aileen Weibeler reden bei DaSou über »Datensouveränität« – bisher gibt’s nur den Trailer, der klingt aber sehr hörbar und praxisrelevant.