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Datenschutz ist hartes Brot. Erst recht, wenn er vor Gericht geht. Wieder einmal hat das Interdiözesane Datenschutzgericht einen Beschluss veröffentlicht (IDSG 09/2020) , recht lang und kompliziert – es geht um die Frage eines möglichen Datenschutzverstoß eines Geschäftsführers eines Krankenhauses, den dieser gegenüber dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung begangen haben soll.
Zunächst entwickelt das Gericht das kirchliche Prozessrecht weiter: Auch wenn es keine Regelung zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gibt, sieht das IDSG das als möglich an: »Im Fall einer unverschuldeten Fristversäumnis erfordert es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ermöglichen.« (Nr. 44)
In der Sache dürfte das Urteil für die Zusammenarbeit von Dienstgeber*innen und Mitarbeitervertretung Rechtssicherheit schaffen – auch wenn der Fall kurios ist: Wenn der Vorsitzende der MAV krank ist – wie darf das von wem kommuniziert werden? Dass es kommuniziert werden muss, ist relativ klar, schließlich braucht es eine Vertretung. Nun ist das auch gerichtlich abgesichert, dass es hier keine Datenschutzprobleme gibt – schließlich sieht die Mitarbeitervertretungsordnung und damit ein kirchliches Gesetz vor, dass eine tatsächliche Verhinderung (und nicht bloß etwa eine versehentliche Abwesenheit) festgestellt werden muss. (Die Zusammenfassung vereinfacht grob den 17-seitigen Beschluss. Wer bei »Mitarbeitervertretung« hellhörig wird: Ob diese eine eigenständige Verantwortliche ist, wird im Beschluss nicht angesprochen.
Auf Artikel 91
- E-Mails und Berufsgeheimnisträger*innen
- Befreit: Interne Protokolle der Datenschutzkonferenz zu spezifischen Aufsichten
Aus der Welt
- Das Bezirksamt Berlin-Mitte führt Datenschutz als Grund dafür an, dass die Tagesschau eine Pressekonferenz nicht streamen konnte. Wie die Rechtslage wirklich ist, erklärt Aqilah Sandhu im Verfassungsblog. Ihr Kommentar: Der Fall stehe »exemplarisch für ein fehlgeleitetes Verständnis von Datenschutz und den ihm inzwischen – weitgehend zu Unrecht – anhaftenden zweifelhaften Ruf«. Das Problem wieder mal: die elende Einwilligeritis.
- Aber manchmal braucht’s dann doch eine Einwilligung: Keine Veröffentlichung von Gruppenfotos auf Social-Media-Seiten ohne Einwilligung fassen die Datenschutz-Notizen einen Beschluss des OVG Lüneburg zusammen. Die Öffentlichkeitsarbeit wird dadurch sicher nicht leichter.
- Es gibt eine neue juristische Fachzeitschrift: Bei Beck erscheint künftig die »Zeitschrift für Digitalisierung und Recht« (ZfDR), die erste Ausgabe ist komplett online verfügbar. Besonders lesenswert darin ist der Aufsatz von Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl zum Thema »Dark Patterns«, also Designentscheidungen, die Nutzende auf Abwege führe. Keine Überraschung: Cookie-Banner nehmen darin breiten Raum ein.
- Betriebsrat als datenschutzrechtlich Verantwortlicher – gesetzliche Klarstellung wirklich vom Tisch?, fragt Carlo Piltz in De lege data. Der Status des Betriebsrats ist leider immer noch eine große Frage im Datenschutzrecht. Auch im kirchlichen Datenschutz ist das noch völlig ungeklärt, wenn auch das Interdiözesane Datenschutzgericht in einem Urteil eine (wenn auch sehr interpretationsbedürftige) Tendenz zur eigenen Verantwortlichkeit der Mitarbeitervertretung erkennen ließ.