Rezension: Terhaag/Schwarz – Rechtshandbuch Influencer-Marketing

Influencer-Recht ist dank der lange erwarteten BGH-Urteile zur Werbekennzeichnung vom 9. September gerade wieder prominent in den Medien. Diese (gar nicht mal so klare) Klarstellung konnten Michael Terhaag und Christian Schwarz in ihrem im Sommer erschienenen Rechtshandbuch »Influencer-Marketing«(Affiliate Link) gerade nicht mehr berücksichtigen – die jüngsten Literaturangaben beziehen sich auf den Sommer 2021.

Das Buch vor einer Bücherwand
Michael Terhaag, Christian Schwarz: Rechtshandbuch Influencer-Marketing, Nomos, 1. Aufl. 2021, 320 Seiten, 68 Euro.(Affiliate Link)

In zehn großen Abschnitten widmet sich das Handbuch der ganzen Bandbreite von Rechtsgbieten, die für Influencer relevant sind – bis hin zur Vertragsgestaltung und der Künstlersozialkasse. Und natürlich gibt es auch ein Datenschutzkapitel.

Wettbewerbs- und Werberecht; allgemeines Persönlichkeitsrecht; Medienrecht, Jugend- und Datenschutz; Urheberrecht; markenrechtliche Grundsätze; Rechtsfolgen; Vertragsartnund Vertragsgestaltung sowie Steuerrecht und Künstlersozialkasse sind die inhaltlichen Abschnitte, die das Buch gliedern, dazu kommt ein Überblick über die Rechtsprechung und eine Gesetzessammlung. Damit deckt das Werk das Themengebiet umfassend ab; auch abseits von »klassischen« Influencern dürfte die Bandbreite für Blogger*innen und andere im Netz Publizierende hilfreich sein, um einen Eindruck von der Breite und Tiefe der rechtlichen Fragen zu bekommen.

Besonders ausführlich widmet sich der Band der Frage der Werbekennzeichnung – hier werden die relevanten Verfahren detailliert nachgezeichnet und versucht, eine Linie zu ziehen, an der man sich orientieren kann. Die Autoren sind dabei meist mit eindeutigen Festlegungen sparsam und zeigen deutlich auf, wo noch Rechtsunsicherheit herrscht: Die Zielgruppe sind klar juristisch versierte Leser*innen, wer als angehender Influencer das Handbuch kauft, um klare Handlungsanweisungen zu bekommen, sollte die Bereitschaft zu eigenem Urteilen und Abwägen mitbringen.

Die einzelnen Themen werden in sehr unterschiedlicher Tiefe abgehandelt; teilweise in erfreulicher Kleinteiligkeit, etwa wenn irreführende Hashtags, gekaufte Follower und Likes aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bewertet werden, teilweise hätte man sich noch mehr Eingehen auf typische Praxisfälle gewünscht, etwa bei der nicht explizit beantworteten Frage, wie erkennbare Marken Dritter – etwa weil ein Smartphone im Bild ist oder Kleidung erkennbare Markenkennzeichnungen aufweist – im Bild zu bewerten sind. Abgehandelt wird nur der Fall des »angemaßten Influencers«, bei dem bewusst ohne Auftrag fremdes Markenimage angemaßt wird. Andere Alltagsfragen, etwa die für den zulässigen Rahmen von Warentests und Rezensionen, sind dagegen in praktischer Tiefe abgebildet. Umfangreich ist der Abschnitt zum Urheberrecht, der eine kompakte Einführung ins Thema bietet, die immer wieder typische Online-Konstellationen aufzeigt, aber gerade im einführenden Teil so grundsätzlich gehalten ist, dass die Anschaffung eines eigenen Urheberrechtskommentars für viele Anwendungsfälle entbehrlich bleibt.

Naturgemäß gibt es viele Querverbindungen – das Thema Datenschutz wird etwa nur sehr knapp abgehandelt, nachdem vieles bereits im Abschnitt zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht besprochen wurde. Dennoch hätte man sich hier mehr gewünscht; Informations- und Auskunftsrechte werden auf kaum anderthalb Seiten abgehandelt, die grundsätzliche Frage nach der Zulässigkeit überhaupt der meisten Social-Media-Dienste (Schrems II) und der gemeinsamen Verantwortlichkeit (Fashion ID) werden gar nicht erst angesprochen – aber vielleicht ist hier auch ein gewisser Fatalismus angesagt, solange es noch kaum Geschäftsmodelle für Xing- und Mastodon-Influencer gibt.

Die Querverweise zwischen den einzelnen Abschnitten sind sehr zurückhaltend gesetzt, hier hätte gerade für weniger erfahrene Leser gelegentlich ein Verweis mehr geholfen. Leider wird auch hier im Stichwortverzeichnis die Unsitte gepflegt, lange Listen von Unterstichpunkten unter den Hauptstichworten aufzuzählen – in der gedruckten Version ist das alles andere als benutzungsfreundlich.

Fazit

Auch wenn man nicht allen Influencern das Handbuch empfehlen kann – dazu ist das erwartete juristische Vorverständnis der Leser*innen doch etwas hoch: Die Sammlung ist ein wichtiger Beitrag, um ein breites und heterogenes Feld zu erschließen, das mit dem Publizieren im Netz verbunden ist. Für kirchliche Pressestellen, in denen »Sinnfluencer« und Kooperationen zunehmend wichtig werden, lohnt es sich in jedem Fall, das Handbuch greifbar zu haben, um sich schnell einen guten Überblick zu verschaffen und eine Argumentationsgrundlage zu haben, wenn die Rechtsabteilung sich mit Bedenken meldet. In vielen Fällen ersetzt das Handbuch entweder allgemeinere vertiefende Werke oder gibt Orientierung, wo ein tieferer Einstieg möglich wäre. Für spätere Auflagen wäre vor allem zu wünschen, dass die Verknüpfungen und Verweise ausgebaut werden, um rechtsgebietsübergreifende Materie besser erfassen zu können.

Michael Terhaag, Christian Schwarz: Rechtshandbuch Influencer-Marketing, Nomos, 1. Aufl. 2021, 320 Seiten, 68 Euro.(Affiliate Link)

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