Ein weiterer Mosaikstein in der katholischen Datenschutzgebung ist gelegt: Als erstes Bistum hat Würzburg das »Gesetz zum Schutz von Patientendaten bei der Seelsorge in katholischen Einrichtungen des Gesundheitswesens« (Seelsorge-PatDSG) im Amtsblatt veröffentlicht. Auch dieses Gesetz wird in Simultangesetzgebung erlassen, also zentral auf Ebene der Bischofskonferenz vereinbart und von den einzelnen Bischöfen als Gesetzgeber in Kraft gesetzt. (Das steht nicht im Amtsblatt, wurde mir aber von der DBK bestätigt.)
Das neue Seelsorge-PatDSG ersetzt die bisherigen Ordnungen zum Schutz von Patientendaten in katholischen Krankenhäusern, die in den 1990ern erlassen wurde (zum Beispiel die Kölner und Osnabrücker Fassung). Im Vergleich zum Vorgängergesetz ist es mit sieben Paragraphen und einer Präambel und der Beschränkung auf den Bereich der Seelsorge deutlich kompakter – einiges, was in den Patient*innen-Datenschutzordnungen geregelt wurde, etwa zu Grundlagen der Verarbeitung, der Übermittlung von Daten, Auftragsverarbeitung, technischen und organisatorischen Maßnahmen und Betroffenenrechten, wird mittlerweile durch das allgemeine Gesetz über den kirchlichen Datenschutz abgedeckt und muss nicht mehr gesondert geregelt werden.
Das ist neu
Positiv fällt gleich die Präambel auf, die den Gesetzeszweck im kirchlichen Auftrag verortet: »Die Versorgung des Patienten in katholischen Einrichtungen des Gesundheitswesens umfasst auch die Seelsorge. Diese ist der unmittelbare Ausdruck des Auftrags der Kirche zum Dienst an den Menschen«, heißt es darin. Zugleich wird Seelsorge unter dem Schlagwort »spiritual care« auch als Beitrag zur Behandlung gesehen. (Interessant die Fußnote, die erläutert, warum keine inklusive Sprache verwendet wird, dabei aber überraschend inklusiv ist: »Die gewählte Form schließt andere Geschlechter [sic!] gleichberechtigt ein.«)
Die Begriffsbestimmungen stellen klar, dass alle personenbezogenen Daten von Patient*innen, inklusive der Daten von Angehörigen, Begleit- und Bezugspersonen, Gesundheitsdaten sind und damit zu den besonderen Kategorien gehören. Ob die Begriffsbestimmungen der richtige Ort sind, an dem geregelt wird, dass Verantwortliche ins seelsorglichen Fragen kein Weisungsrecht gegenüber Seelsorgenden haben, kann man in Frage stellen. Dass es geregelt wird, leuchtet ein.
Für Patient*innen gibt es mehr Transparenzregelungen und Betroffenenrechte: Auf das Seelsorgekonzept ist bei »implementierter« Krankenhausseelsorge (wenn Seelsorge im Krankenhaus konzeptionell verankert ist) im Rahmen des Behandlungsvertrags hinzuweisen (§ 3 Abs. 1 Seelsorge-PatDSG). Bei nicht implementierter Seelsorge durch externe Seelsorgende darf auf freiwilliger Basis die Religions- und Konfessionszugehörigkeit abgefragt werden. Bestimmte Daten (Vor- und Nachname des Patienten, Religion/Konfession, Aufenthaltsort in der katholischen Einrichtung des Gesundheitswesens, Aufnahmedatum) dürfen daraufhin auch ohne ausdrückliche Einwilligung an mit Seelsorgeauftrag der zuständigen kirchlichen Stelle ausgestatteten Personen weitergegeben werden. »Dies gilt nicht, wenn der Patient deutlich gemacht hat, dass er keine Seelsorge wünscht.« (§ 4 Seelsorge-PatDSG)
Für eine Übermittlung an die Kirchengemeinde von Patient*innen braucht es eine ausdrückliche Einwilligung. Explizit wird geregelt, dass die bloße Angabe einer Religions- oder Konfessionszugehörigkeit nicht ausreicht. (§ 5 Seelsorge-PatDSG) Das ist eine deutliche Stärkung der Betroffenenrechte: In den bisherigen Ordnungen war die Übermittlung an die Gemeinde noch zulässig, »sofern der Patient der Übermittlung nicht widersprochen hat oder Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Übermittlung nicht angebracht ist«. Immerhin war auf die Widerspruchsmöglichkeit explizit hinzuweisen. (Damit ist jetzt die Regelung explizit gemacht, die nach Inkrafttreten des KDG wohl angenommen werden musste; dazu beispielsweise Sebastian Ertel.)
Fazit
Das neue Seelsorge-PatDSG regelt weitgehend nur noch das, was über das KDG hinaus geregelt werden muss (allerdings auch mit redundanten Regelungen wie in § 6, wo lediglich die Pflichten aus KDG und KDG-DVO zu Schutzmaßnahmen eingeschärft werden). Das dürfte die Anwendung in der Praxis insofern erleichtern, als dass nur noch eine einheitliche Systematik, die des KDG, gilt, für Seelsorgende lässt sich kompakt nachlesen, was für ihren Bereich gilt.
Die Verschärfung bei der Weitergabe von Patient*innen-Daten an die Gemeinde entspricht nicht nur geltendem Recht – sie dürfte auch einige Konflikte in einem zunehmend säkularen Umfeld vermeiden helfen. Nach der der sterilen Präambel des KDG ist es erfrischend, dass jetzt nicht nur auf schnöde rechtliche Notwendigkeiten abgehoben wird, sondern eine klare Verortung im kirchlichen Auftrag explizit gemacht wird.