2021 hat seine erste große Hype-App: Clubhouse. Muss man dazu viel sagen? Datenschutzrechtlich ist für einen Einsatz nicht nur in kirchlichen Kontexten einiges im Argen – die üblichen Kriterien für die zulässige dienstliche Nutzung werden jedenfalls kaum erfüllt: Sehr großer Druck, das Adressbuch zu teilen, Aufzeichnung und unklare Speicherfristen der Gespräche (das sollte bei seelsorglichen Gesprächen besonders im Blick sein!), dienstliche Nutzung in den AGB ausgeschlossen, kaum Transparenz über Betroffenenrechte. Klingt nicht gut, aber das gilt auch für mit mehr oder weniger schlechtem Gewissen selbstverständlich genutzte Kanäle wie Facebook oder WhatsApp. (Thomas Schwenke hat sich ausführlich damit beschäftigt – und kommt zum Schluss, dass unter gewissen Vorkehrungen ein nicht-privater Einsatz gerechtfertigt werden kann.) Dazu kommt die Frage nach Barrierefreiheit: Eine Audio-only-App erreicht naturgemäß nur Hörende, und iPhone-only mit Invite schließt auch viele aus (sorgt aber für Exklusivität).
Die #digitalekirche springt jedenfalls mit Begeisterung auf die neue App und kann auch schon einige Erfolge vorweisen: Theotabea, Anna-Nicole Heinrich, Lisa Quarch und Gottdigital berichten von ersten Erfahrungen und Einschätzungen, ein Außenblick auf LinkedIn von Matthias Maier spricht dafür, mutig reinzugehen. Lesenswert ist auch die kritische Diskussion angesichts einiger problematischer Eigenschaften von Clubhouse, die Philipp Greifenstein angestoßen hat: Ist es naiv, einfach so begeistert reinzugehen, auch wenn die Plattform schon jetzt große Probleme mit unmoderierter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hat? (Dazu ausführlich im Twitter-Thread von Taylor Lorenz, komprimiert auf Instagram von Maggie Tyson.) Lutz Neumeier meint: »Ich bin gerne naiv u nutze jede Möglichkeit Kirche zu Menschen zu bringen. Hat heute Abend ziemlich gut geklappt… u ich glaub Jesus, Paulus u viele andere waren auch naiv, sonst hätten sie nicht angefangen u erreicht, was sie haben. Paulus wär ohne nicht auf Reisen gegangen…« Wenn die Entscheidung dann für Clubhouse ausfällt: Das Landesjugendpfarramt Oldenburg hat für Einsteiger schon mal die ersten sich entwickelnden Hausregeln zusammengefasst.
Nicht ganz so hip wie Clubhouse: Das katholische Patient*innendatenschutzgesetz ist da: Das Bistum Würzburg hat als erstes das neue »Gesetz zum Schutz von Patientendaten bei der Seelsorge in katholischen Einrichtungen des Gesundheitswesens (Seelsorge-PatDSG)« veröffentlicht. Das Gesetz wird wieder in Form der Simultangesetzgebung der einzelnen Diözesen in Kraft gesetzt und sollte daher demnächst in noch mehr Amtsblättern auftauchen. Mehr dazu hier im Blog in der kommenden Woche.
Gute Nachrichten auch aus Hannover: Der Datenschutzbeauftragte der EKD nimmt seine Schulungen für den Fachkunde-Nachweis für kirchliche Datenschutzbeauftragte wieder auf, zunächst digital.
Auf Artikel 91
Aus der Welt
- Die Bundesrechtsanwaltskammer wünscht sich eine eigene spezifische Datenschutzaufsicht. In der Stellungnahme zur Evaluierung des BDSG verweist sie dabei auch auf die kirchlichen Aufsichten als Vorbild, das sich bewährt hätte: »Es ist nicht nachvollziehbar, warum Kirchen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine eigene Aufsichtsstelle zugestanden, der Rechtsanwaltschaft aber, die aus rechtsstaatlichen Gründen auf eine solche angewiesen ist, diese bislang versagt wird.«
- Die IAPP hat Hintergründe zu Joe Bidens Entscheidung für Christopher Hoff als Chefunterhändler für die Verhandlungen über Datentransfers mit der EU aufgeschrieben – und zeigt sich optimistisch, dass damit ein guter Weg aus dem Schrems-II-Dilemma eingeschlagen wurde.
- Auch im kirchlichen Datenschutz ist unklar, wie die 72-Stunden-Frist für die Meldung von Datenpannen zu interpretieren ist – darauf hatte der bayerische DDSB Jupp Joachimski hier im Interview hingewiesen. Die Datenschutz-Notizen geben einen Überblick, wie die staatlichen Aufsichten das auslegen. Fazit: Eher früher als später melden.