Über die Plattform »Frag den Staat« hat Kerstin Claus eine Informationsfreiheitsgesetz-Anfrage an das Innenministerium gestellt. Tenor ihrer Anfrage: »Wie schützt der deutsche Staat Bürger_innen, wenn sie von unzureichender datenschutzrechtlicher Sicherung seitens einer der Kirchen belastet werden?« Claus bemängelt, dass Prüfungen datenschutzrechtlicher Verstöße aufgrund des kirchlichen Datenschutzregimes ein Verfahren beim jeweils zuständigen kirchlichen Datenschutzbeauftragten und über kirchliche Gerichte verfolgt werden müssen:
»Diese kirchlichen Verfahrensvorschriften mögen in rein innerkirchlichen Verfahren Sinn machen. Sie sind aber im Außenverhältnis zu Bürger_innen der BRD, die selbst ja ebenfalls nicht regelhaft Mitglied einer Kirche sind, unzumutbar. Dies gilt insbesondere in Fällen, wo es um die Aufarbeitung von kirchlichem Verwaltungshandeln bei der Ahndung und Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauches gegen Kinder und Jugendliche geht.
Kerstin Claus, IFG-Anfrage
Claus ist Mitglied im Betroffenenrat des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung (UBSKM). Sie verweist darauf, dass das EKD-Kirchengerichtsgesetz vorsieht, dass Verfahrensbevollmächtigte Mitglied einer Kirche sind, die zur Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) gehört. (Auch bei der katholischen Gerichtsbarkeit bestünden solche Probleme – die Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung regelt allerdings nur für die Richter*innen, dass sie katholisch sein müssen, bei den Bevollmächtigten genügt gemäß § 7 KDSGO eine schriftliche Vollmacht.)
Die Antwort dürfte auch über den Bereich des Umgangs mit Missbrauch hinaus interessant sein: Die zweite Frage aus dem Katalog befasst sich damit, welche Rechtswege Bürger*innen zur Verfügung stehen, wenn der kirchliche Rechtsweg ausgeschöpft ist. Bedenkenswert ist auch der Hinweis, dass Missbrauchsbetroffene durch eine eigene Datenschutzgerichtsbarkeit gezwungen sind, sich einem Organ der Täterorganisation auszusetzen: Verfahren im kirchlichen Kontext müssten »regelhaft mit der erneuten Konfrontation u.a. mit kirchlichen Symbolen, Ritualen und auch mit kirchlich-institutionellen Vertreter_innen geführt werden«. Dies seien Umstände, »die situativ nicht nur als belastend erlebt werden, sondern immer wieder auch Erinnerungen an die traumatisierenden Erlebnisse selbst auslösen können«.
Die Anfrage wurde bereits am 6. März 2020 eingereicht; im Mai liegt noch keine Antwort des Innenministeriums vor.