Hosentaschenanruf aus dem Beichtstuhl – Wochenrückblick KW 44/2024

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Wochenrückblick Kirchlicher Datenschutz KW 44/2024
(Bildquelle: ali syaaban on Unsplash)

Die Woche im kirchlichen Datenschutz

Datenschutzrechtliche Verantwortung für Unabhängige Aufarbeitungskommissionen

Zur Aufarbeitung von Missbrauch haben die katholischen Diözesen einige Strukturen eingerichtet, die unabhängig arbeiten sollen. Dazu gehören die unabhängigen Aufarbeitungskommissionen. Trotz dieser Unabhängigkeit sind sie in der Regel keine eigenen Rechtsträger und arbeiten aufgrund einer bischöflich erlassenen Ordnung. Was heißt das für die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit? Das hat der Ordensdatenschutzbeauftragte Jupp Joachimski geprüft. Sein Fazit zur Rolle der UAKs: Eigene unabhängige Verantwortliche sind die Kommissionen nicht, da sie nicht selbst über Zweck und Mittel der Datenverarbeitung entscheiden – das machen die Bischöfe mit ihren Ordnungen. Eine gemeinsame Verantwortlichkeit scheidet demnach auch aus.

Bleibt die Auftragsverarbeitung, der nach Joachimskis Einschätzung auch die Unabhängigkeit nicht entgegen steht: Der Verarbeitungszweck der Kommissionen diene ausschließlich dem Aufarbeitungsinteresse des Bistums, die Kommissionsmitglieder hätten keine eigenen Interessen, und durch die Ordnungen werde festgelegt, unter welchen Umständen den Mitgliedern personenbezogene Daten durch Kirchendienststellen offenbart werden
dürfen. Praktisch bedeute dies das Vorliegen von Weisungen des Diözesanbischofs gegenüber der Kommission: »Sie kann ohne Verwendung der Akten praktisch gar nichts tun.« § 29 KDG lege keinen Mindestumfang der Weisungen vor, damit eine Auftragsverarbeitung vorliegen kann: »Die Vor- schrift lässt grundsätzlich alle Auftragsdatenverarbeitungen mit einem Weisungsumfang ›größer als Null‹ zu.« Die Festlegung der Aufgaben in der bischöflichen Ordnung sei ein Rechtsinstrument nach dem kirchlichen Recht im Sinne des § 29 Abs. 3 KDG, so dass es keinen AV-Vertrag brauche.

Geheimsache Kirchenverwaltungswahl

Auf Mastodon macht der Pfarrverband Prutting-Vogtareuth auf ein fragwürdiges Musterformular für die Kirchenverwaltungswahl 2024 (.docx) hin, mit dem Kandidierende in allerhand Veröffentlichungen einwilligen sollen – inklusive in die Veröffentlichung des Wahlergebnisses. »Leider wurde das KDSZ Bayern nicht in die Formularerstellung einbezogen«, antwortet die Aufsicht: »Hier sind die Ersteller der Formulare wohl mal wieder dem #Datenschutzmythos auf den Leim gegangen, dass man für alles und jedes eine Einwilligung als Rechtsgrundlage benötigt. Eigentlich müsstes es klar sein, dass ein Wahlergebnis für ein (öffentliches) Amt auch ohne Einwilligung bekannt gegeben werden darf.«

Handys im Beichstuhl

CNA widmet sich ausführlich der Frage, welche Risiken Smartphones und Sprachassistenten für die Beichte bedeuten. Der Sicherheitsforscher David Choffnes von der Northeastern University in Boston kann immerhin mit Blick auf Apps etwas Entwarnung geben. Hier sei die Gefahr des Mithörens eher begrenzt, wie eine umfangreiche Untersuchung ergeben hat. Problematisch seien vor allem Sprachassistenten, deren Erkennung von »wake words« (wie »Alexa« oder »Hey Siri«) nicht immer zuverlässig ist. Er empfiehlt: »Given how sensitive and personal one’s religion and religious activity are, I think this is an important consideration for clergy and congregants: Think twice about installing apps, try to read the fine print if you can, [and] don’t grant permissions that aren’t needed.«

Im selben Artikel wird der Kanzler der Diözese Lincoln, Nebraska, Caleb La Rue, zitiert. Sein Bischof hat (wie ein polnischer Amtsbruder) Handys im Beichtstuhl verboten. Wie so oft ist das größte IT-Problem der Mensch: »accidentally hitting [record], or worst-case scenario, a priest butt-dials somebody and broadcasts somebody’s confession«. In Seelsorge-Situationen ist es daher immer eine gute Idee, den Sprachassistenten abzustöpseln (und nicht nur zu deaktivieren) und das Handy auszuschalten.

In eigener Sache

Auf Artikel 91

  • Das berechtigte Interesse ist das Schweizer Messer unter den Rechtsgrundlagen. Der EuGH hat ihm nun gewisse Grenzen aufgezeigt. Bei Dr. Datenschutz wird die dreistufige Prüfung erläutert, die das Gericht verlangt – bei Stufe zwei musste ich seufzen.

Kirchenamtliches

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