Archiv der Kategorie: Recht und Gesetzgebung

Krankenhaus, Friedhof, Fundraising: Neues Datenschutzrecht in Bremen

Im evangelischen Bereich ist die regionale Datenschutzgesetzgebung deutlich überschaubarer als im katholischen. Eine Ausnahme ist nun das Eigenrecht der Bremischen Evangelischen Kirche: Im jetzt erst veröffentlichten Amtsblatt vom 30. Dezember finden sich gleich vier neue Datenschutzordnungen.

Links Krankenseelsorge, in der Mitte Grabsteine und rechts steckt eine Hand Geld in einen Kasten
Am Habit und Heiligenschein erkennt man das Symbolbild – in der reformierten Klinikseelsorge dürfte man so nicht mal als Krankenhausclown auflaufen. (Montage: Wellcome Collection (CC BY 4.0), Betzy Akersloot-Berg (gemeinfrei, Wikimedia Commons), Bayu Prayuda (Unsplash))

Der Kirchenausschuss – das höchste Verwaltungsgremium zwischen den Kirchentagen, dem Parlament der Kirchen – hat bereits am 16. Dezember 2021 eine Datenschutzausführungsverordnung sowie Ordnungen für Patient*innen-Datenschutz, Friedhöfe und Fundraising beschlossen. Bremen hat damit als wohl einzige EKD-Gliedkirche das EKD-Datenschutzrecht derart umfassend ergänzt.

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Kommt der Facebook-Crackdown? Jahresausblick 2022 zum kirchlichen Datenschutz

2021 ist Geschichte, 2022 noch größtenteils Zukunft. Aus dem Jahresausblick 2021 sind einige Prognosen in Erfüllung gegangen – dass das beginnende Jahr das Jahr 1 post Corona wird, ist aber immer noch fromme Hoffnung, genauso wie einige andere uneingelöste Dauerbrenner. Es werden noch Wetten angenommen, ob erst die Pandemie endet oder das katholische Bayern eine funktionsfähige Datenschutzaufsicht erhält.

Eine Glaskugel auf rotem Stoff, links daneben ein Schlüssel
Blick in die Glaskugel. (Bildquelle: Michael Dziedzic/Unsplash)
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Kirchlicher Datenschutz in Österreich – ein Verantwortlicher für die ganze Kirche

Die Öffnungsklausel für kirchliches Datenschutzrecht in der DSGVO scheint einigermaßen klar zu sein. Ein Blick in andere EU-Mitgliedstaaten als Deutschland zeigt, wie stark die Auslegung und Anlegung von Art. 91 DSGVO vom zuvor national geltenden Datenschutzrecht abhängt. Ein besonders deutliches Beispiel dafür ist die Kirchliche Datenschutzverordnung der Österreichischen Bischofskonferenz.

Blick auf den Wiener Stephansdom
Blick auf den Wiener Stephansdom (Bildquelle: Photo by Dan V on Unsplash)

Nur zwölf Paragraphen umfasst das »Decretum Generale über den Datenschutz in der Katholischen Kirche in Österreich und ihren Einrichtungen« – ganz anders als die deutschen kirchlichen Datenschutzgesetze, die die DSGVO umfassend in kirchliches Recht übersetzen, werden hier lediglich Rahmenbedingungen gesetzt, ansonsten werden die DSGVO und das nationale Datenschutzgesetz (DSG) direkt angewendet. Die Rahmenbedingungen haben es aber in sich.

(Einen Überblick über kirchliches Datenschutzrecht in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten gibt es in der Rechtssammlung, Artikel sind erschienen zu Italien, Österreich und Polen sowie zur Lage im Drittland Vatikanstaat.)

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Neue Rechtsgrundlagen für Akteneinsicht zur Aufarbeitung

Die Bistümer Osnabrück und Trier haben Rechtsgrundlagen für Einsichts- und Auskunftsrechte in Personalakten von Klerikern geschaffen, um Aufarbeitung zu erleichtern. In den aktuellen Amtsblättern haben die Bischöfe Ackermann und Bode zusätzlich zur hier schon besprochenen Personalaktenordnung jeweils ein Gesetz erlassen, das die in der PAO schon allgemein festgeschriebene Datenweitergabe für Kleriker und zur Aufarbeitung spezifiziert.

Sieht aus wie ein Hängeregister mit Akten, ist aber ein Plattenschrank
(Symbolbild, Photo by Mr Cup / Fabien Barral on Unsplash)

Auch wenn es sich anscheinend hier nicht um eine Parallelgesetzgebung handelt, die von der Bischofskonferenz vereinbart und in allen Bistümern umgesetzt werden soll, sind die Kernregelungen weitgehend identisch – und weisen auch eine gewisse Übereinstimmung mit der im Sommer neu eingeführten Aufarbeitungsrechtsgrundlage im DSG-EKD auf. (Einen ersten knappen Überblick gab es bereits gestern von mir auf katholisch.de.)

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Persönlichkeitsrechte im neuen kirchlichen Strafrecht

Im Sommer hat Papst Franziskus die komplett novellierte Fassung des Buchs VI des Codex Iuris Canonici promulgiert und zum 8. Dezember in Kraft gesetzt und damit das kirchliche Strafrecht reformiert. Vor allem bei den Sexual- und Wirtschaftsdelikten wurde viel reformiert; dazu gibt es auch schon einige Analysen. (Von mir eine kurz nach der Promulgation mit den Schwerpunkten Rechtskultur und Sexualdelikte sowie ein Interview mit dem emeritierten Würzburger Kanonisten Heribert Hallermann, der zusammen mit Pater Markus Graulich, dem Untersekretär des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, den ersten Kommentar zum neuen Buch VI(Affiliate Link) veröffentlicht hat. Dieser Kommentar war auch eine unersetzliche Hilfe für diesen Artikel.)

Buch VI des Codex Iuris Canonici befasst sich mit dem Strafrecht.
Buch VI des Codex Iuris Canonici befasst sich mit dem Strafrecht.

Der Bereich des Schutzes der Persönlichkeitsrechte wurde im neuen Strafrecht nicht wesentlich ausgebaut – ein paar Veränderungen gibt es aber doch, die den Korpus des kirchlichen »Datenschutz«- und Persönlichkeitsrechts erweitern und verbindlicher machen. (Datenschutz in Anführungszeichen, da es auf universalkirchlicher Ebene nach wie vor kein systematisches Datenschutzrecht im umfassenden Sinn gibt.)

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Katholische Personalaktenordnung veröffentlicht

Die lange erwartete kirchliche Personalaktenordnung ist da. Schon im September wurde bei der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz angekündigt, dass sie zum 1. Januar 2022 in Kraft treten soll, wieder im Rahmen einer parallelen Gesetzgebung der deutschen Diözesanbischöfe.

Ein geöffneter Aktenschrank mit Karteikärtchen
So dürfen Personalakten gemäß PAO sicher nicht gelagert werden. (Symbolbild, Photo by Maksym Kaharlytskyi on Unsplash)

Den Auftakt hat nun der DBK-Vorsitzende in seinem Bistum gemacht: Im aktuellen Amtsblatt (November) ist die „Ordnung über die Führung von Personalakten und Verarbeitung von Personalaktendaten von Klerikern und Kirchenbeamten“ veröffentlicht. Einen allgemeinen Überblick habe ich auf katholisch.de veröffentlicht; interessant sind darüber hinaus auch einige Besonderheiten im Kontext des kirchlichen Datenschutzes.

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Katholischer Datenschutz in Italien – das Datenschutzdekret der italienischen Bischofskonferenz

Kirchlicher Datenschutz ist keine deutsche Spezialität. Dass Art. 91 DSGVO, der Religionsgemeinschaften unter bestimmten Bedingungen erlaubt, eigenes Datenschutzrecht anzuwenden, ein deutscher Sonderwunsch war, wird oft vermutet – und die Lobbytätigkeit des Katholischen Büros in Berlin scheint darauf hinzudeuten. Tatsächlich gibt es aber auch in anderen europäischen Ländern kirchliche Datenschutzgesetze – und das schon lange vor Inkrafttreten der DSGVO.

Römische Kirchen, italienische Flaggen
Bildquelle: Photo by Renata Rodrigues on Unsplash

Mindestens seit 1999 hat die italienische Bischofskonferenz eigene Regeln zum Datenschutz, die wie von der DSGVO vorgesehen 2018 in Einklang mit der DSGVO gebracht wurde. Ein Blick in das Generaldekret »Disposizioni per la tutela del diritto alla buona fama e alla riservatezza«Bestimmungen über den Schutz des Rechts auf einen guten Ruf und der Vertraulichkeit«) zeigt ein Gesetz, aus dem weitaus mehr als aus den deutschen Kirchengesetzen der kirchliche Charakter deutlich wird – es wirft aber auch einige Fragen auf, ob das alles europarechtlich so möglich ist.

(Einen Überblick über kirchliches Datenschutzrecht in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten gibt es in der Rechtssammlung, Artikel sind erschienen zu Italien, Österreich und Polen sowie zur Lage im Drittland Vatikanstaat.)

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Reformbedarf beim DSGVO-Kirchenartikel

Mit der DSGVO ist alles in Ordnung. Kein Änderungsbedarf. Nur die Durchsetzung könnte etwas besser sein (looking at you, Ireland). Das war in etwa das Fazit der ersten Evaluierungsrunde der DSGVO im vergangenen Jahr, trotz vieler Kritik im Detail. Erst recht nicht wurde dabei Art. 91 DSGVO angefasst, der Religionsgemeinschaften unter bestimmten Bedingungen eigenes Datenschutzrecht und eigene Aufsichten zugesteht – dabei gäbe es dort viel zu tun.

Bücherstapel mit Lesezeichen
(Photo by Bernd Klutsch on Unsplash)

Ein Blick in die Kommentarliteratur zeigt, wie unklar dieser Artikel tatsächlich ist: Der Wortlaut sagt, dass nur schon vor der DSGVO etabliertes kirchliches Datenschutzrecht zulässig ist. Ist das mit dem Gleichbehandlungsprinzip vereinbar? Der Artikel fordert »umfassende« Regeln – muss dann wirklich alles geregelt werden, was auch die DSGVO regelt? Und schließlich braucht es einen »Einklang« mit den Wertungen der DSGVO – also alles genauso, nur eigen? Oder doch etwas Spielraum? Und nur nach oben oder auch nach unten?

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Noch weniger Betroffenenrechte im Osnabrücker Schuldatenschutz

Nach dem Erzbistum Hamburg hat auch das Bistum Osnabrück eine Durchführungsverordnung zum Schutz personenbezogener Daten in katholischen Schulen veröffentlicht. Schon die Hamburger Ordnung hat einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen: Während die digitalen Methoden und Werkzeuge angemessen berücksichtigt wurden, wurden die Betroffenenrechte von Schüler*innen empfindlich eingeschränkt.

Ein Kind zeichnet mit einem Stylus auf einem Tablet
Ein Kind zeichnet mit einem Stylus auf einem Tablet (Photo by Jeswin Thomas on Unsplash)

Die Osnabrücker Verordnung ähnelt in weiten Teilen der Hamburger, mit einigen Umstellungen und kleineren Änderungen – aber auch mit substantiellen Unterschieden. Und zwar nicht zum Besseren.

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Kirchliche Datenschutzgerichte im Spiegel der Kanonistik

Kirchliches Datenschutzrecht ist, man verzeihe die Selbstverständlichkeit, Kirchenrecht. Dennoch sind die genuin kanonistischen Beiträge zum kirchlichen Datenschutzrecht bisher sehr übersichtlich. In diesem Jahr sind aber gleich zwei Beiträge auf diesem Gebiet erschienen: Ein Aufsatz zur kirchlichen Datenschutzgerichtsbarkeit als möglicher Vorstufe für eine allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit von Matthias Ambros und die Leuvener Masterarbeit von Martina Tollkühn, die sich ebenfalls mit der Datenschutzgerichtsbarkeit befasst.

Titel der beiden besprochenen Werke

Beide Beiträge leisten einen wichtigen Beitrag, um das kirchliche Datenschutzrecht in den größeren Kontext des kanonischen Rechts einzubetten, insbesondere zu Fragen, wie die spezielle deutsche Gerichtsbarkeit mit dem universalkirchlichen Rechtsschutz interagiert – und Tollkühn hat zudem noch im Anhang ein Osterei, das einen besonderen Einblick in die Entstehungsgeschichte der kirchlichen Datenschutzgerichte gibt.

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