LAG Nürnberg: Kirchlicher Datenschutz vor weltlichen Gerichten

LAG Nürnberg, Aarp65 (Wikimedia Commons), CC BY-SA 4.0.

Die katholische Kirche hat eigene Datenschutzgerichte eingerichtet, die EKD eröffnet in ihrem Datenschutzgesetz den Rechtsweg zu ihren Gerichten – man sollte denken, dass die Datenschutzgesetze von Religionsgemeinschaften für staatliche Gerichte nicht relevant wären. Das ändert sich mit einem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 29. Mai 2020 (AZ 8 Ta 36/20). Die Zusammenfassung:

Bei einem Rechtsstreit eines bei der Erzdiözese im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages angestellten Arbeitnehmers auf Schadensersatz wegen Verstößen gegen das kirchliche Datenschutzgesetz (KDG) ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben und nicht zu den nach KDSGO errichteten interdiözesanen Datenschutzgerichten.

Landesarbeitsgericht Nürnberg, 29. Mai 2020 (AZ 8 Ta 36/20)

Selbstverständlich ist diese Ansicht nicht. Noch das Arbeitsgericht hatte den Kläger an das Interdiözesane Datenschutzgericht verwiesen. Mit der Frage hatte sich auch Thomas Ritter in seinem Beitrag in Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) »Die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit im arbeitsgerichtlichen Verfahren« (NZA 2020, Heft 10, Seite 616 ff.) befasst. [Korrektur, siehe Kommentar]

Auf Twitter weist Alexander Golland auf eine besondere Schwierigkeit dabei hin: Wie schon an anderer Stelle macht er die These stark, dass der von Artikel 91 DSGVO verlangte »Einklang« mit der DSGVO, den kirchliche Normen zu wahren haben, streng geprüft werden müsse – steht eine kirchliche Norm nicht im Einklang mit der entsprechenden weltlichen, muss sie zurücktreten. Damit könnten die staatlichen Arbeitsgerichte etwas leisten, was den kirchlichen Datenschutzgerichten explizit verboten ist: »Ein besonderes Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von kirchlichen Rechtsnormen (Normenkontrollverfahren) findet nicht statt«, heißt es in § 2 Abs. 1 Satz 2 KDSGO.

[Ergänzung, 16. Juli 2020, 17.50 Uhr] Eine ausführlichere Besprechung ist beim Bund-Verlag erschienen: Kirchliches Datenschutzrecht – Schadenersatzanspruch gehört vor das Arbeitsgericht[/Ergänzung]

2 Gedanken zu „LAG Nürnberg: Kirchlicher Datenschutz vor weltlichen Gerichten

  1. Dr. Thomas Ritter

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    in NZA 2020, 616 habe ich – wie vom LAG Nürnberg auf Seite 11 seiner Entscheidung vom 29. Mai 2020 auch ausdrücklich zitiert – dargelegt, dass Entscheidungen der Kirchlichen Datenschutzgerichte oder der Kirchlichen Datenschutzbehörden im staatlichen Arbeitsgerichtsverfahren nach den Grundsätzen zu berücksichtigen sind, die für staatliche Verwaltungsgerichte und -behörden gelten. Rechtsschutz durch staatliche Datenschutzgerichte – also Verwaltungsgerichte – ist nur insoweit und in dem durch die KDSGO umrissenen Zuständigkeitsbereich der Kirchlichen Datenschutzgerichte – die keine Arbeitsgerichte sind, sondern Verwaltungsgerichte – grundsätzlich ausgeschlossen. Ich komme mithin betreffend die Entscheidung des LAG Nürnberg vom 29. Mai 2020 entgegen Ihren Ausführungen keineswegs zu einem „gegenteiligen Ergebnis“.

    Beste Berliner Grüße

    Rechtsanwalt Dr. Thomas Ritter

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